Klaus Lederer
Klaus Lederer
DIE LINKE
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Frage von Matthias F. •

Frage an Klaus Lederer von Matthias F. bezüglich Medien

Sehr geehrter Herr Lederer,

gerade bin ich auf einen Blogeintrag gestoßen ( http://www.bitterlemmer.net/wp/2011/08/15/wer-die-wohnung-wechselt-muss-demnachst-seiner-zustandigen-rundfunkbehorde-den-grund-dafur-mitteilen ), in dem es um das (geplante) neue Rundfunkrecht geht, Zitat:

"Eine besonders krasse Bestimmung findet sich in Paragraph 8, Ziffer 5, Satz 2. Wer sich umzugsbedingt bei der zuständigen Rundfunkbehörde abmeldet, hat dabei etliche ´Daten mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen´, darunter den ´die Abmeldung begründenden Lebenssachverhalt´."

Mich würde interessieren, für wann die Abstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus geplant ist und wie Sie zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und insbesondere der aus dem Zitat hervorgehenden Auskunftspflicht persönlicher Lebensumstände stehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Matthias Flor

Klaus Lederer
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Flor,

entschuldigen Sie meine späte Antwort. Wahlkampfzeiten sind natürlich besonders zeitintensiv, weshalb mitunter Dinge länger liegen bleiben, als ich es mir selbst wünsche. Zur Sache: Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am 12. Mai 2011 mit dem Gesetz zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag diesem Vertrag mit den Stimmen der Fraktion Die Linke zugestimmt. Warum, das ist in 2 Sätzen nicht zu erklären. Deshalb ein wenig ausholend, ich hoffe, Sie sehen mir das nach:

Gestatten Sie mir zunächst einige Sätze zum Hintergrund der Vertragsänderung. Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beinhaltet vor allem die Umstellung der bisherigen gerätebezogenen Rundfunkgebühr auf einen Rundfunkbeitrag (je Haushalt oder Betriebsstätte). Diese Gebührenreform sichert den Bestand des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der in Deutschland Meinungsvielfalt und kulturelle Breite sichert. Er ist die Konsequenz aus 13 Jahren 1000-Jährigem Reich. Nie wieder gleichgeschaltete Medien! Auch deswegen muss er von der Gesellschaft finanziert werden, unabhängig von Steuern, also über Gebühren oder Beiträge und unabhängig davon, ob und wie viel eine einzelne Person Fernsehen schaut und Radio hört. Die neue Haushaltsabgabe verwirklicht einen weitgehenden, wenn auch nicht befriedigenden demokratischen Weg, um die Rundfunkfreiheit vor politischen und wirtschaftlichen Einflüssen zu schützen. Dies war für uns das entscheidende Kriterium für unsere Zustimmung.
Der Ausgangspunkt für die Gebührenreform war, dass die bisherige Rundfunkgebühr mit ihrem Gerätebezug aufgrund der technischen Entwicklung kein zukunftstaugliches Modell mehr darstellte. Laufend kommen neue rundfunktaugliche Geräte hinzu. Die Akzeptanz einer entsprechenden Ausweitung der Zahlungspflicht, etwa in Gestalt der sogenannten PC-Gebühr, erweist sich jedoch als problematisch. In einem längeren und fachlich untersetzten Abwägungsprozess haben sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer für die Ablösung der Gerätegebühr durch eine Haushaltsabgabe entschieden.
Das heißt, künftig wird im privaten Bereich je Wohnung ein Beitrag fällig, also unabhängig vom Lebensmodell aller in der Wohnung lebenden volljährigen Personen. Mit der Anknüpfung an die Wohnung (Meldeadresse) wird auch der Kontrollbedarf der GEZ deutlich reduziert, da die Überprüfung des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes nicht mehr stattfindet und damit private Wohnungen nicht mehr betreten werden - einer der auch für uns wesentlichen Kritikpunkte am bisherigen Einzugsverfahren mit erheblicher datenschutzrechtlicher Relevanz. Das fällt nun weg.

In der Tat gab es in der öffentlichen Diskussion zum Rundfunkstaatsvertragsentwurf Kritik aus Sicht des Datenschutzes. Das war der Wermutstropfen und nun galt es abzuwägen. Der Rundfunkstaatsvertrag wird von den Länderministerpräsidenten ausgehandelt. Daran waren wir nicht beteiligt. Wir haben am Ende "das fertige Produkt" auf dem Tisch liegen, können uns im Parlament nur für "Ja" oder "Nein" entscheiden - ohne auf die Fassung der einzelnen Regelungen im Verhandlungsweg Einfluss nehmen zu können. Wir haben uns schließlich entschieden, diesen Vertrag mitzutragen, allerdings trotz allem auch die datenschutzrechtliche Kritik weiterhin mit zu tragen und zu befördern. Wir wollen damit dazu beitragen, dass zukünftig - denn es wird ja auch in den kommenden Jahren Novellen geben - diesem Aspekt stärker Rechnung getragen wird. Wir setzen uns dafür ein, im Vollzug bei den teils sehr pauschalen neuen Regeln - wie die auch von Ihnen genannte - auf die praktischen Wirkungen und Verfahrensweisen sehr genau zu achten und zukünftig auf eine Neujustierung der entsprechenden Regelungen zu drängen. Dazu werden wir uns weiterhin an parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen für eine stärkere Durchsetzung von Datenschutzgrundsätzen sowohl im öffentlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft und im persönlichen privaten Raum beteiligen. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, das dem Datenschutz einen noch größeren Stellenwert einräumt, als es bisher der Fall ist.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Lederer

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