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Klaus Ernst
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Frage von Manuel N. •

Frage an Klaus Ernst von Manuel N. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Ernst,

konnten die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zwischenzeitlich in das Gutachten der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers Einsicht nehmen, das sich mit der Fluggesellschaft Air Berlin befasst?

Mit freundlichen Grüßen,

M. N.

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Sehr geehrter Herr N.,

nein, noch immer verwehrt die Bundesregierung den Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Einsichtnahme in das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Mein Kollege Pascal Meiser (DIE LINKE) hat die Bundesregierung bereits im Februar diesen Jahres in einer parlamentarischen Anfrage aufgefordert, das Gutachten zu veröffentlichen. Dies wurde ihm mit der lapidaren Antwort durch das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verweigert, dass das parlamentarische Fragewesen keinen Anspruch auf Aktenvorlage oder die Herausgabe des Gutachtens gewähre. Auch ein von ihm initiierter Antrag über das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hatte bislang keinen Erfolg. Diesmal behauptete die Bundesregierung, dass eine Offenlegung des Gutachtens von PwC als Bürgschaftsmandatar des Bundes gemäß IFG ausgeschlossen sei. Ein Anspruch auf Informationszugang bestünde nicht, wenn Informationen einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterlägen. Dies treffe auf sämtliche Ausarbeitungen von PwC im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Mandatar des Bundes bei der Aufbereitung einer Entscheidungsvorlage für die Garantie des Bundes gegenüber der KfW für den Massekredit an Air Berlin zu, da PwC der Verschwiegenheitspflicht der Wirtschaftsprüfer gemäß § 43 Abs. 1 WPO unterläge.

Für mich als Vorsitzenden des zuständigen Ausschusses für Wirtschaft und Energie und viele meiner Kolleginnen und Kollegen ist und bleibt es ein unhaltbarer Zustand, dass die Bundesregierung auch ein Jahr nach ihrem 150-Millionen-Kredit an die insolvente Air Berlin noch immer die vollständige parlamentarische Aufarbeitung verweigert. Wenn die Bundesregierung weiter die Herausgabe des entscheidenden PwC-Gutachtens verweigert, wird am Ende nur der Gang nach Karlsruhe Aufklärung bringen. Meine Fraktion prüft dies derzeit.

So lange bleibt offen, wer genau die Verantwortung für das Debakel trägt: die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC, auf deren Gutachten die Risikoeinschätzung der Bundesregierung angeblich beruhte, oder die Bundesregierung selbst, weil sie auf Biegen und Brechen dem Lufthansa-Konzern die Filetstücke des ehemaligen Konkurrenten zukommen lassen wollte.

Fest steht bisher nur, wer die Leidtragenden sind: die Steuerzahler und die Air Berlin-Beschäftigten, die ihre Jobs verloren haben oder zu deutlich schlechteren Konditionen bei der Konkurrenz anheuern mussten. Im Übrigen: Konsequenzen aus dem missglückten Engagement hat die Bundesregierung bis heute nicht gezogen: Weder müssen Airlines für die Rückholung gestrandeter Urlauber im Insolvenzfall Vorsorge leisten noch gibt es inzwischen Regelungen zum Schutz der Beschäftigten bei öffentlichen Bürgschaften.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Ernst

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