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Katarina Barley
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Frage von Gabi S. •

Frage an Katarina Barley von Gabi S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Barley,

es hieß: Männer bilden Seilschaften, Frauen fallen sich in den Rücken. Trifft das noch zu?

Beim Thema Integration tauchen in Parlamentsdebatten, den Medien und der öffentlichen Meinung immer wieder Begriffe wie Wertekanon, Werte oder Wertvorstellungen auf. Die sind aber veränderbar. So wichtig und begrüßenswert Wertewandel für individuelle Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit ist, man denke an überkommene Rollenklischees, Abschaffung des § 175 StGB, Homoehe und Kinderrechte, kommen die vom GG garantierten unveräußerlichen unteilbaren und allgemeinen Grund- und Menschenrechte [Art. 2 - 19 GG], Rechtsstaatlichkeit und Verfassungsprinzipien nicht zu kurz?

Bitte definieren Sie Volkssouveränität und was für Sie daraus folgt.

Die in Art. 5 GG verankerten Freiheitsrechte haben für einen freiheitlich demokratischen Rechtsstaat existentielle Bedeutung, gelten aber nicht uneingeschränkt. Nennen Sie bitte Beispiele für Verstöße.

In einem am 21.03.2018 in ZEIT online veröffentlichten Interview wurden Sie zu Kinderehen befragt [14 Jährige mit 19jährigem Ehemann]. Sie verwiesen auf das internationale Privatrecht und Gerichte, die auf den Einzelfall schauen.

Ausgehend vom genannten Beispielfall würde das jeweilige Recht des Staates herangezogen, dem die Braut bzw. der Bräutigam angehört, also etwa syrisches und türkisches Recht [Art. 13 Abs. 1 EGBGB]. Ausschlaggebend für den Einzelfall, den die Richter zu betrachten hätten, wäre dann nur die Nationalität, nicht unsere für Minderjährige wesentlich vorteilhafteren Rechtsstandards. Warum wird das IPR dem am 22.07.2017 in Kraft getretenen Gesetz gegen Kinderehen vorgezogen, das die Ehemündigkeit auf 18 Jahre festlegt und explizit auf das Kindeswohl abzielt?

Mit freundlichen Grüßen

G. S.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau S.,

gerne beantworte ich Ihnen die gestellten Fragen.
1) Der Begriff der Volkssouveränität wird im Grundgesetz bestimmt. Dort heißt es unter Art. 20 Abs. 2 GG: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ Demnach bestimmt das Volk durch Wahlen direkt oder indirekt seine Regierung, seine Gesetzgeber sowie seine Richter selbst.
2) Die im Art. 5 GG verankerte Freiheit der Meinung, der Kunst und Wissenschaft können unter bestimmten Bedingungen eingeschränkt werden. Dies ist beispielsweise bei der Leugnung des Holocaust der Fall.
3) Bis zur vergangenen Legislaturperiode konnte eine Eheschließung unter Umständen schon ab 16 Jahren erfolgen – unabhängig von der Nationalität. Nach dem in der letzten Legislaturperiode beschlossenen Gesetz ist eine Eheschließung erst dann möglich, wenn beide Parteien volljährig sind. Das gilt auch für Ehen, die von Minderjährigen nach ausländischem Recht geschlossen wurden.
Falls eine Heirat vor Vollendung des 16. Lebensjahres im Ausland vollzogen wurde, dann ist die Ehe in Deutschland automatisch unwirksam. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Ehe nach ausländischem Recht wirksam geschlossen wurde. Zur Aufhebung einer solchen Ehe bedarf es damit keines gerichtlichen Verfahrens.
Bei Ehen, die nach ausländischem Recht im Alter zwischen 16 und 18 Jahren geschlossen wurden, kann die Ehe durch eine richterliche Entscheidung aufgehoben werden. In besonderen Härtefällen kann von einer Aufhebung der Ehe abgesehen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Katarina Barley

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