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Frage von Thomas S. •

Frage an Julia Obermeier von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Obermeier,

Sie wurden gefragt wie steigende deutsche Rüstungsexporte in die Türkei mit der dortigen innenpolitischen Entwicklung zusammenpassen?

Zitat aus Ihrer Antwort:

"Selbstverständlich ist uns als Parlamentarier die innenpolitische Situation der Türkei nicht gleichgültig. Deshalb werden wir auch nicht müde dies zu betonen. So hat unsere Bundeskanzlerin (...) bei ihrem Besuch in der Türkei deutlich hervorgehoben, dass die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei immer auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie basiert."

http://www.abgeordnetenwatch.de/julia_obermeier-778-78625--f462706.html#q462706

Zitat von Spiegel-online:

"Ungeachtet dieser Kritik kündigte Erdogan nun an, bald das Parlament über die Todesstrafe entscheiden zu lassen. "Der Westen sagt dies, der Westen sagt jenes. Entschuldigt bitte, aber was der Westen sagt, zählt nicht. Es zählt, was mein Volk sagt",sagte Erdogam"

http://www.spiegel.de/politik/ausland/todesstrafe-in-der-tuerkei-recep-tayyip-erdogan-pfeift-auf-den-westen-a-1118907.html

Wie verbinden Sie Ihre Aussage mit diesem Zitat Erdogans?

Zitat aus Ihrer Antwort:

"Bei aller berechtigten Kritik an innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei, etwa im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit und des Umgangs mit Minderheiten, bleibt festzuhalten, dass der türkische Präsident und die türkische Regierung aus demokratischen Wahlen hervorgegangen sind."

Zitat Rebecca Harms:

"Grundlegende Prinzipien für demokratische Wahlen wurden in der Türkei verletzt. Erdogans Kalkül ging auf, aber der Sieg seiner AKP ist nicht in einem fairen und demokratischen Wahlkampf erreicht worden. Erdogan hat den Wahlsieg errungen, indem er kritische Journalisten und ganze Medienunternehmen zum Schweigen gebracht und den Konflikt mit der PKK bewusst befeuert hat."

http://rebecca-harms.de/post/tuerkei-wahl-grundlegende-prinzipien-demokratischer-wahlen-25146

Halten Sie Ihre oben benannte Aussage aufrecht?

Viele Grüße, Thomas Schüller

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schüller,

danke für Ihre Rückfragen. Sie zeigen mir deutlich: Es ist immer wichtig zu versuchen, die Gesamtsituation im Blick zu haben. Einzelne Zitate sind nur Ausschnitte von komplexen Zusammenhängen, die auch in die Irre führen können.

So bewertet meine CDU/CSU Fraktion die Parlamentswahl in der Türkei 2015 anders als Rebecca Harms von Bündnis 90/Die Grünen. Dabei stützen wir uns auf den Bericht der Wahlbeobachterkommission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE). Hier wird ein durchaus differenziertes Bild gezeichnet. Einerseits hält der Bericht beispielsweise fest, dass die Wahlen gut organisiert gewesen seien und den Wählerinnen und Wählen eine Vielzahl von Parteien zur Auswahl gestanden hätten. Andererseits seien die Wahlen jedoch massiv von der sich verschlechternden Sicherheitslage beeinflusst worden und es sei zu Gewalt und zu deutlichen Einschränkungen der Medienfreiheit gekommen. Damit Sie sich selbst ein genaues Bild machen können, finden Sie den offiziellen Bericht hier:

http://assembly.coe.int/nw/xml/News/News-View-en.asp?newsid=5857&lang=2

Schwarz-Weißmalerei hilft uns nicht weiter. Ja, es hat in manchen Bereichen große Defizite gegeben, aber als undemokratisch ist die Wahl jedoch insgesamt nicht zu bewerten. In diesem Sinne halte ich auch an meiner Aussage fest, die aktuelle türkische Regierung und Präsident Erdogan seien aus demokratischen Wahlen hervorgegangen.

Dass ich die aktuellen Entwicklungen in der Türkei sehr kritisch sehe und diese meiner Meinung nach klar in ein autokratisches System führen, können Sie beispielsweise in einem Blogbeitrag vom 24.11.2016 nachlesen:

https://www.bayernkurier.de/ausland/19750-gegen-die-werte-der-nato

Zu Ihrem anderen Punkt:

Ich bin weiterhin der Meinung, dass Dialog der richtige Weg ist. Die Türkei ist nicht nur ein langjähriger NATO-Partner, mit dem wir viele Interessen, wie die Terrorismusbekämpfung teilen. Die Türkei hat darüber hinaus auch enge Wirtschaftsbeziehungen zu Europa. Wenn Präsident Erdogan in der Öffentlichkeit kundtut, dass er sich vom Westen nichts sagen lässt, ist dies eine Botschaft, die bei seinen Parteikollegen und seinen Bürgerinnen und Bürgern ankommen soll. Er stellt sich als starker Führer dar. Aber er weiß auch, dass sein Land in unserer globalen Welt gute Beziehungen zu den Ländern der NATO und der EU braucht. Er wird daher auch weiterhin mit den Ländern des Westerns in Dialog bleiben – und wir werden nicht müde werden zu versuchen, dabei auf eine positive Entwicklung auch der türkischen Innenpolitik hinzuwirken.

Ich hoffe, meine Ausführungen beantworten Ihre Rückfragen.

Mit besten Grüßen
Julia Obermeier