Johannes Reineke
SPD
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Frage von Frank J. •

Frage an Johannes Reineke von Frank J. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Reineke,

ich möchte Sie hiermit auf 2 aktuelle Punkte ansprechen, die das Leben und die Freizeitgestaltung einer nicht unerheblichen Menge deutscher Bürger derzeit massiv einschränkt, denn wir Sport- und Privatpiloten ersticken aktuell in völlig groteskem Bürokratenwahn.

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Stichwort: ärztliche Untersuchungen
Wir Sportflieger sind doch nur so etwas wie "harmlose Radfahrer der Luft".

Natürlich kann theoretisch jederzeit auch ein betrunkener Radfahrer mitten in der Nacht durch einen plötzlich erlittenen Schlaganfall eine schreckliche Massenkarambolage verursachen.

Wer käme aber auf die völlig absurde Idee, deshalb prinzipiell bei allen Radfahrern einen regelmäßigen, bis über 1000,- Euro teuren und totalen Gesundheitscheck anzuordnen nur um zu verhindern, dass vielleicht einer von Ihnen infolge einer Kolik, plötzlicher Kopfschmerzen oder ähnlicher gesundheitlicher Unvorhersehbarkeiten die Allgemeinheit schädigt und mit dieser wirklich verrückten Begründung das "überaus gefährliche Radfahren" zunächst einmal prinzipiell zu verbieten?

Genau diese, uns nur gängelnde Behördenwillkür, aber wird genauso an uns - erwiesen harmlosen - Segelfliegern derzeit regelmäßig und in ganz großem Stil vollzogen.

Der Irrsinn nennt sich "JAR-FCL 3 deutsch"
und wurde uns vom gottvaterähnlichen BMVBW - nach Falschübersetzung aus dem Englischen - rücksichtslos einfach verordnet.

Selbst eine Grippeimpfung oder simple Schwangerschaft führt nach wortwörtlicher Auslegung dieses irrealen Schwachsinns zu sofortigem Ruhen der Pilotenlizenz!

Die staatlichen Forderungen an die Gesundheit eines z.B. über 60-jähriger Segelfliegers sind in Deutschland - weltweit einmalig ! - durchaus vergleichbar mit jenen, die an einen jungen und gesunden Jumbo-Kapitän oder an einen Kampfjetpiloten gestellt werden, so eine Art "Marsflugtauglichkeit", die kaum einer in diesem Alter mehr erbringen kann. Die alten, erfahrenen Funktionsträger in unseren Vereinen drohen daher auszusterben und für die Jüngeren wird es einfach zu teuer ( bis 1200.- Euro für eine Erstuntersuchung! ), weil sie neuerdings eine perfekte - und damit völlig übertriebene - Gesundheit nachweisen müssen.

Wir empfinden dies als eine kulturlose, zutiefst misstrauische, ja überaus groteske Rücksichtslosigkeit gegenüber Minderheiten, welche zudem in ihrer Maßlosigkeit gegen bestehende Gesetze (BGG und OBG) verstößt, aber dennoch gegen alle Vernunft und Sachlichkeit von deutschen Behörden eisern verteidigt wird, obwohl dieser pure Unfug - durch wissenschaftliche Untersuchungen klar bewiesen - keinerlei ( NULL ! ) Sicherheitsgewinn bringt!

Aus diesen Gründen gibt es so etwas in den USA überhaupt nicht!

Welche Antwort von Ihnen darf ich zu diesem Thema
an meine Vereinskameraden weitergeben?

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Stichwort: Bürgerrechte, Föderalismus,

Flugverbot über dem Zentrum von Berlin ist doch ein typischer, völlig populistischer und sinnloser Akt. Er impliziert die merkwürdige Vorstellung, dass ein Terrorist sich durch ein unsichtbares Verbotsschild abschrecken lässt. Als könnte man durch Halteverbote vor Banken in den Innenstädten Banküberfälle verhindern?

Ähnlich groteske und nur aktionistische Vollzüge häufen sich derzeit bei den Sport- und Privatfliegern, die sich neuerdings einer wirklich totalen "freiwilligen" Zuverlässigkeitsuntersuchung (§7 LuftSiG) unterziehen müssen, bei der sämtliche Geheimdienste der Welt (auch die alte Stasiakten!) und selbst der Arbeitgeber einbezogen werden. Als würde sich irgendein Terrorist vorher dieser Untersuchung stellen. Der fliegt nämlich einfach vom Ausland ein oder nimmt einen Lastwagen, der viel mehr Sprengstoff tragen kann als jedes Leichtflugzeug. Alles bewirkt nur den gläsernen Bürger und eine Menge unsinniger Bürokratie und die Stasi wäre stolz darauf gewesen, hätte sie schon diese Möglichkeiten gehabt. Auch eine künftige radikale Regierung findet solche "Notstandgesetze" bereits vor! Eine schreckliche Vorstellung, dass wir vielleicht denen schon jetzt in die Hand arbeiten!

Mit denselben Argumenten kann auch jeder Führerscheinbesitzer "durchleuchtet" werden und auch jeder Rucksackträger und dies ist sogar noch besser begründbar, dsa bisher jede Menge Autobomben in den Innenstädten explodiert sind. Es war aber noch niemals ein Sportpilot darunter!! Sind Sie der Meinung, dass hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist? Sind Sie der Meinung, dass so die Würde des Menschen unangetastet bleibt, wenn solche willkürliche Schnüffelei über die Minderheit der Sportflieger kommt. Wissen Sie, dass die Sportflieger dies "freiwillig" unter Androhung von Lizenzverlust beantragen müssen?

Sind unsere führenden Regierungsvertreter inzwischen nicht mehr beeinflusst von psychisch Kranken (Motorseglerpilot über Frankfurt) und Selbstmördern (Absturz neben dem Reichttag), als von normalen Bürgern (Sportpiloten), die nicht mehr gehört werden?.

Was ist eine freiheitliche Demokratie noch wert, wenn sie so mit ihren Minderheiten umgeht?

Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend abschafft?

Das Bundesverfassungsgericht hat vor ganz kurzer Zeit, eine solche Telefonspionage ohne jeden Verdacht als nicht verfassungskonform bezeichnet.

Es gibt aktuell keinerlei Grenze zum Ausspionieren durch jede unkontrollierte Bürokratenwillkür.

Was werde Sie, als unser künftiger Abgeordneter, dagegen tun?

Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung im Orwellschen Sinne?

Können Sie mir als mein Wahlkandidat diese Fragen befriedigend beantworten?

Mit freundlichen Grüßen und in Erwartung

Ihrer Antwort

Frank Jäger

Antwort von
SPD

Bis 19. August 2005 bin ich nicht ständig in der VHS Lippe-Ost zu erreichen. Dringende Nachrichten bitte an info@vhslippe-ost.de.

Johannes Reineke

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jäger,

leider erhalte ich erst heute Ihre Anfragen, da ´kandidatenwatch.de´ statt meiner privaten Mail-Adresse meine Dienstadresse angegeben hat, ich z.Zt. aber Urlaub habe. Bitte melden Sie sich telefonisch bei mir, damit ich über die genauen Umstände, die Ihren Fragen zugrunde liegen, informiert werden kann: 05274/1497 oder 160 978472 04.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Reineke

Antwort von
SPD

Guten Tag, sehr geehrter Herr Jäger,

vor einiger Zeit hatten Sie mir über die Seite www.kandidatenwatch.de zwei aktuelle Punkte geschildert, die bei Ihnen und Ihren Vereinskollegen auf wenig Verständnis gestoßen sind.

Ich hatte Sie damals um einen telefonischen Rückruf gebeten, um von Ihnen weitere Hintergründe zu der Thematik zu erfahren. Da Sie sich bislang nicht bei mir gemeldet haben, übersende ich Ihnen heute eine ausführliche Stellungnahme zu den beiden angesprochenen Punkten.

Zu Ihren Anmerkungen zur JAR-FCL 3 können wir Ihnen folgendes mitteilen:
Die Anwendung der JAR-FCL 3 verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es werden keine gravierenderen Einschnitte verursacht als durch die früheren deutschen flugmedizinischen Kriterien. Zur Harmonisierung in Europa sowie zur Aufrechterhaltung der Luftsicherheit ist die Anwendung der JAR-FCL 3 erforderlich. Die JAR-FCL 3 deutsch unterscheidet zwei flugmedizinische Tauglichkeitsklassen: Klasse 1 für gewerblich tätige Luftfahrzeugführer (z. B. "Jumbo-Kapitäne"), Klasse 2 - mit geringeren Anforderungen - für nichtgewerblich tätige Piloten (z. B. Segelflugzeugführer). Einzelheiten sind in übersichtlicher Form u. a. aus Anlage 3 zur Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftV-ZO) ersichtlich. Die Tauglichkeitsanforderungen zwischen der Klasse 1 und der Klasse 2 sind wesentlich unterschiedlich. Soweit die nicht nach JAR-FCL ausgestellten nationalen Lizenzen der Klasse 2, d. h. ohne europäische gegenseitige automatische Anerkennung, betroffen sind, ist nach einer derzeit vorbereiteten Änderungsverordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vorgesehen, dass einzelne Anforderungen nach JAR-FCL 3 vereinfacht bzw. reduziert werden.

Kampfjetpiloten unterliegen keinen Tauglichkeitsanforderungen der zivilen Luftfahrt und somit auch nicht JAR-FCL 3 deutsch.

Die Bekanntmachung der auf europäischer Ebene erarbeiteten Regelungen JAR-FCL 3 als "JAR-FCL 3 deutsch" erfolgte nach rechtsstaatlichen Verfahren. Gegenüber der englischen Urfassung wurden - soweit heute noch feststellbar - wahrscheinlich zwischen 1995 und 2000 vom Luftfahrt-Bundesamt, das für das BMVBW eine Übersetzung anfertigte, an verschiedenen Stellen aus übersetzungstechnischen, inhaltlichen, rechtlichen und formalen Gründen Änderungen vorgenommen. Die Einhaltung des durch die Ur-Fassung von JAR-FCL 3 vorgegebenen Standards wurde nach Überprüfung durch ein internationales Standardisierungsteam bestätigt und bildet die Grundlage für eine gegenseitige Anerkennung der deutschen nach "JAR-FCL 3 deutsch" ausgestellten Tauglichkeitszeugnisse im Gemeinschaftsraum.

Die Kosten bzw. Verwaltungsgebühren für den Erwerb eines flugmedizinischen Tauglichkeitszeugnisses setzen sich wie folgt zusammen:

In Rechnung gestellte Kosten der Fliegerärzte für durchgeführte Untersuchungen. Diese Kosten werden nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) abgerechnet.
Verwaltungsgebühren der zuständigen Stellen (Luftfahrt-Bundesamt oder Länderluftfahrtbehörden). Die Kostentatbestände sowie die Höhe der Kosten sind im Gebührenverzeichnis zur Kostenordnung der Luftfahrtverwaltung festgelegt und können somit nicht willkürlich geändert werden. Bei einer Überprüfung der Tauglichkeit in Sonderfällen wird sich zukünftig (nach Zustimmung des Bundesrates zu einer Änderung der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung) eine Kostenreduzierung durch die vorgesehene Straffung einzelner Verfahrensschritte ergeben.

Nun zum zweiten Punkt, den Sie ansprechen, nämlich das Flugverbot über dem Zentrum von Berlin.

Die für die Sicherheit in Berlin zuständigen Stellen sehen seit mehreren Jahren die Notwendigkeit, über dem Regierungsviertel ein Gebiet mit Flugbeschränkungen einzurichten. Der Absturz eines Flugzeugs vor dem Reichstagsgebäude hat den letzten Anstoß dazu gegeben, die Maßnahme jetzt umzusetzen.

Bisher konnte jeder Pilot unüberprüft eine Freigabe zum Einflug in die Kontrollzone Berlin und zum Überflug über das Stadtzentrum von Berlin bei der zuständigen Flugsicherungsstelle beantragen. Die Flugsicherung hat in der Vergangenheit einem solchen Antrag in Abhängigkeit von der Luftverkehrslage stattgegeben und ggf. lediglich Auflagen bezüglich der Flughöhe oder Streckenführung gemacht. Mit dem jetzt eingerichteten Gebiet mit Flugbeschränkungen wird sichergestellt, dass nur noch Flüge von gewerblichen Luftfahrtunternehmen das Stadtzentrum überfliegen dürfen, die für ihr Unternehmen einen vom Luftfahrt-Bundesamt genehmigten Luftsicherheitsplan aufgestellt haben, in dem auch geregelt ist, dass und wie Passagier- und Gepäckkontrollen für solche Flüge durchzuführen sind. Das fliegende Personal muss sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz unterzogen haben. Mit dieser Maßnahme ist - wenn auch keine absolute - Gewähr dafür gegeben, dass von Flügen, die mit entsprechender Erlaubnis das Gebiet mit Flugbeschränkungen durchfliegen dürfen, keine Gefährdung ausgeht.

Durch das geringe Verkehrsaufkommen in dem Gebiet mit Flugbeschränkungen wird die Überwachung des Luftraums bezüglich solcher Flüge erleichtert, die ggf. ohne Erlaubnis in das Gebiet einfliegen. Für solche Fälle sind Meldeverfahren eingerichtet worden, mit denen die für die Sicherheit zuständigen Stellen umgehend über den Verstoß gegen das Gebiet mit Flugbeschränkungen unterrichtet werden, um für sicherheitskritische Objekte im Rahmen der noch verfügbaren Zeit Schutzmaßnahmen einleiten zu können.

Die Einschränkung des Luftverkehrs über dem Regierungsviertel und die damit einhergehenden verbesserten Überwachungsmöglichkeiten des Luftraumes bewirken bei dem oben beschriebenen Informationssystem eine geringere Fehlalarmrate, die im Hinblick auf die kurzen Vorwarnzeiten zur Anhebung des Sicherheitsniveaus möglichst niedrig gehalten werden muss.

Die Maßnahmen bedeuten keine Kriminalisierung der Piloten der Allgemeinen Luftfahrt. Auch der Bankkunde, der vor dem Panzerglas des Bankschalters steht, wird sich kaum als potenzieller Bankräuber fühlen. Seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre ist die Luftfahrt aber leider immer häufiger Ziel und Hilfsmittel für terroristische Anschläge in einem Ausmaß geworden, wie es in der Vergangenheit nicht vorstellbar war. Entsprechende Gegenmaßnahmen müssen leider auch die Allgemeine Luftfahrt einbeziehen. Verglichen mit dem Aufwand, den der Staat, die Luftverkehrsgesellschaften und die Flughäfen für die Erhaltung der Sicherheit treiben müssen, stellt das Verbot von Überflügen des Stadtzentrums von Berlin für sog. Hobbyflieger im Hinblick auf den oben dargestellten Sicherheitsgewinn keine Belastung dar. Für die gewerbliche Luftfahrt sind geeignete Ausnahmeregelungen geschaffen worden.

Ich hoffe, dass Sie nun mehr Verständnis für die ergriffenen Maßnahmen aufbringen. Sollten Ihrerseits noch Rückfragen bestehen, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Reineke