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Joachim Mertes
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Frage von Klara B. •

Frage an Joachim Mertes von Klara B. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Mertes,

ich habe mir die Mühe gemacht und das Regierungsprogramm der SPD auf die Finanzierbarkeit ihrer angekündigten Segnungen überprüft. Leider kann ich an keiner Stelle erkennen wie diese finanziert werden sollen. Zahlen und Daten aus dem RLP - Finanzministerium (Abt. Finanzwirtschaftliche Grundsatzgruppe) belegen, dass alleine durch den Karussellbetrug bei der Umsatzsteuer jährlich ca. 390 Millionen Euro der Landeskasse fehlen. Ergänzend hierzu wird im BRH-Bericht vom 3. Sept. 2003 ein Steuereinnahmeausfall alleine durch die Betrugsfelder:

..Innergemeinschaftlicher Karussellbetrug bei der Umsatzsteuer

..Kettenbetrug durch Subunternehmen im Baugewerbe

in Höhe von ca. 80 Mrd. EURO jährlich identifiziert. Der BRH-Bericht zeigt aber auch Wege und Lösungsmöglichkeiten auf, welche schon seit Jahren vergeblich, auf die Umsetzung durch die Politik bzw. durch Vollzug der bestehenden Gesetze und Verordnungen warten. Mit den entgangenen Mitteln wäre es ein Leichtes die volkswirtschaftlich notwendige Staatsquote auf ein vernünftiges Maß zu senken und die originären Aufgaben des Staates mit Steuermittel zu finanzieren. In einem weiteren BRH-Bericht vom .26. Oktober 2004 und nach den Feststellungen gem. des Protokolls des Bundestags-Finanzauschuß Nr. 15/77 vom 10.11.2004 werden im Detail die Mafia- / OK-mäßigen Betrugs- und Steuerhinterziehungstatbestände des Umsatzsteuerbetruges dokumentiert. Sie führen alleine bei der Mehrwertsteuer zu einem jährlichen Steuerausfall von ca. 20 Mrd. EURO Mittlerweile werden Standort- und Investitionsentscheidungen von Unternehmen von der Laschheit bzw. der Prüfhäufigkeit der regional zuständigen Finanzverwaltungen abhängig gemacht. Es stellt sich bei mir die Frage, warum diese Problematik in Ihrem Regierungsprogramm nicht thematisiert wird? Oder träfe man hier auf ein Klientel (Weiße Kragen, Nadelstreifenanzug?), welches, um Gottes Willen, nicht zu verprellen gelte.

Klara Blick

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Blick,

unser Umgang mit den Finanzen ist verantwortungsvoll und zukunftsorientiert. Anders als bei der CDU ist unser Regierungsprogramm für die Jahre 2006 bis 2011 seriös durchgerechnet und finanziert.

Wir werden auch in Zukunft eine Konsolidierung mit Augenmaß betreiben, d.h. die Ausgaben insgesamt begrenzen, politische Schwerpunkte setzen und finanzieren und die Reduzierung der Nettoneuverschuldung weiter fortführen.

In den letzten Jahren war kein Bundesland sparsamer als Rheinland-Pfalz. 2005 haben wir mehr als 200 Mio. Euro weniger ausgegeben als 2004. Diesen konsequenten Konsolidierungskurs werden wir weiter fortsetzen und in der nächsten Legislaturperiode durchschnittlich 100 Mio. Euro pro Jahr einsparen. Mit einem Teil davon werden wir unsere neuen Programme und Schwerpunkte finanzieren, den Rest verwenden wir zur weiteren Reduzierung der Nettokreditaufnahme.

Wir sehen durchaus einen Schwerpunkt der nachhaltigen Verbesserung der Einnahmebasis im Bereich der Mehrwertsteuer. Die Umsatzsteuer ist im Jahr 2004 mit bundesweit 137,4 Mrd. Euro die aufkommensstärkste Steuer gewesen. Nach Schätzungen des Ifo-Institutes betrug der Umsatzsteuerausfall zuletzt etwa 17 Mrd. Euro jährlich, wovon allerdings lediglich 4,5 Mrd. Euro auf Betrug zurückgehen. Betrugsbedingte Ausfälle in der von Ihnen dargestellten Höhe muss der Landeshaushalt jedenfalls nicht verkraften.

Die rheinland-pfälzischen Sozialdemokraten und an ihrer Spitze Finanzminister Gernot Mittler haben sich bereits seit längerer Zeit für eine mittelfristige Systemänderung im Bereich der Umsatzsteuer eingesetzt. Ausgehend von den "Mainzer Vorschlägen zur Mehrwertsteuer" (keine Erhebung der Mehrwertsteuer in der Unternehmerkette) im Jahr 2001 wurde im Koalitionsvertrag auf Bundesebene im November 2005 festgeschrieben, dass die Ablösung des bestehenden Systems durch das sog. "Reserve-Charge-Modell" angestrebt werden soll. Grundlage dafür ist aber, dass auf europäischer Ebene die rechtlichen Voraussetzungen für diese Systemumstellung geschaffen werden. Gleichzeitig beginnen wir in Deutschland mit den erforderlichen technischen Vorarbeiten.

In unserem Wahlprogramm steht zu dieser Frage aus zwei Gründen nichts: erstens werden Steuergesetze in Berlin und nicht in Mainz verabschiedet und zweitens sind wie dargelegt die erforderlichen Weichenstellungen längst erfolgt.

Mit freundlichem Gruß

Joachim Mertes