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Frage von Andreas G. •

Frage an Irene Kamenz von Andreas G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Kamenz,
heute möchte ich mich mit 2 Fragen an Sie wenden:

1. Wie gedenken Sie den bereits bestehenden Personalnotstand in der Pflege zu bekämpfen?
2. Wie ist Ihre Meinung bezüglich eines flächendecken Tariflohnes für Pflegekräfte?

Mit freundlichen Grüßen, verbunden mit den besten Wünschen für einen fairen und demokratischen Wahlkampf.

A. G., Potsdam

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Antwort von
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Lieber Herr Gutowski,

erst einmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mir, Kandidatin einer kleineren Vereinigung, das Vertrauen entgegenbringen, Ihre Fragen zu beantworten.

Allerdings gehe ich davon aus, Ihnen Ihre Fragen nicht unabhängig voneinander beantworten zu können, denn beide Themen sind miteinander so stark verbunden, dass es nur eine Antwort auf beide Fragen geben kann.

In erster Linie hat die Bundesregierung auf dem Gebiet der Pflege komplett versagt. Das soll aber nicht heißen, dass auf Landes- oder gar schon auf Kommunalebene nichts gegen den Personalnotstand in der Pflege getan werden kann. 

Die Bundesregierung hat zum 1. Januar 2019 ein neues Gesetz herausgebracht, das Kliniken und Krankenhäuser verpflichtet, sich an Untergrenzen für Pflegepersonal zu halten. Dies betrifft allerdings nur die Intensivstationen, Kardiologie, Geriatrie und Unfallchirurgie. Aus meiner Sicht ein Versuch, die Unruhen innerhalb des Pflegepersonals etwas einzudämmen, trotzdem ein Schuss in den Ofen. Es kann nämlich nicht angehen, dass z.B. eine 80jährige Patientin im Anschluss an eine Operation auf der Intensivstation landet, nur weil auf der eigentlich für sie zuständigen Station Pflegekräfte fehlen, die sie nach ihrem Eingriff wieder aktivieren könnten. Das Pflegepersonal muss auf allen Stationen aufgestockt werden und das ohne „Wenn und Aber“. Mit diesem Gesetz wird die Bundesregierung dem Pflegenotstand nicht entgegentreten können. Warum spricht die Bundesregierung von einer Erhöhung der Beiträge zur Krankenversicherung, wenn die Krankenkassen Milliarden Euro Überschuss erwirtschaften? Dieser Überschuss muss den Patienten zugutekommen und an Kliniken und Krankenhäuser verteilt werden. Allerdings kann und muss auf Kommunal- wie auch Landesebene etwas getan werden.

Ich werde für meine weitere Antwort das hiesige städtische Klinikum EvB als Beispiel nehmen.

Ein Geschäftsführer, dem das Wohl seines Hundes mehr am Herzen liegt als das seines Personals oder der Patienten, hat nicht erkannt, worum es geht. Ein Geschäftsführer, der die Ausbildung von Pflegepersonal zum größeren Teil an eine andere Einrichtung abgibt, entzieht sich der Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass das zur Zeit überlastete Stammpersonal durch neu ausgebildetes Personal entlastet wird.  Ein Geschäftsführer, der bauliche Veränderungen in einem städtischen Unternehmen ohne Genehmigung vornimmt, gehört entlassen. Der Geschäftsführer untersteht dem Oberbürgermeister. Solange dieser aber all diese widerrechtlichen Handlungen toleriert, im Nachhinein genehmigt und es weiterhin zulässt, dass innerhalb des Unternehmens in zwei Klassen (Ärzte und Pflegepersonal) unterschieden wird, wird sich nichts ändern.

Kommune und Land müssen jetzt Verantwortung übernehmen. Alle Kliniken und Krankenhäuser müssen dazu verpflichtet werden, ihr Personal (Auszubildende und Stammpersonal) nach Tarif zu bezahlen. Personaldienstleister dürfen aus meiner Sicht nur noch Pflegekräfte vermitteln, diese sollten aber eine Festanstellung an den jeweiligen Häusern erhalten. Kliniken und Krankenhäuser müssen einen Bonus für die Ausbildung von Pflegepersonal erhalten, im Gegenzug aber auch dazu verpflichtet werden, diese dann nach erfolgreichem Abschluss in Festanstellung zu übernehmen.

Im städtischen Klinikum EvB hat der Oberbürgermeister die Karten in der Hand. Er muss dafür sorgen, dass das Klinikum mit sofortiger Wirkung dem Kommunalen Arbeitgeberverband beitritt. Ein Vergleich mit anderen ostdeutschen Kliniken (die auch ohne Tarifvertrag arbeiten) oder den geringen Anteil an Privatpatienten in die Entscheidung einzubeziehen, ob dem Kommunalen Arbeitgeberverband beigetreten wird, darf nicht stattfinden und auch nicht in der Verantwortung eines Geschäftsführers stehen. Auch hier muss die Zwei-Klassen-Betrachtung – Privatpatient und gesetzlich Versicherter – unterbunden werden.

Forderungen:
nur noch Festanstellungen
Bezahlung nach Tarif
Personaluntergrenze auf allen Stationen
Bonuszahlungen an Kliniken und Krankenhäuser für die Ausbildung von Pflegepersonal
Verpflichtung zur Übernahme von Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss
(bei Nichteinhalten der Bedingungen – Rückführung der Bonuszahlungen)

Den bestehenden Personalnotstand auf Kommunal- und Landesebene zu bekämpfen, bedarf es nicht Entscheidungen der Bundesregierung. Kommune und Land können! und müssen! jetzt ihren Beitrag leisten und die Verantwortung nicht von sich schieben.

Ich hoffe, Ihnen mit der Antwort, meinen Standpunkt zum Thema Pflegenotstand und Tariflohn näher gebracht zu haben. Alle genannten Forderungen sind auf Kommunal- wie auch Landesebene umsetzbar. Ich bin mir dieser Herausforderung bewusst und werde mich der Verantwortung nicht entziehen.

Ich verbleibe mit den besten Grüßen

 

Irene Kamenz