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Ingo Wellenreuther
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Frage von Brian K. •

Frage an Ingo Wellenreuther von Brian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wellenreuther,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 22.7.09

"Nein, Sie dürfen mich nicht so verstehen, dass ich die rechtsstaatliche Kontrolle der Polizeibehörden für unnötig halten würde. So etwas habe ich niemals, auch nicht ansatzweise erklärt, daher frage ich mich, wie Sie zu dieser Interpretation kommen?"

Folgendermaßen:

Sie schreiben "Als ehemaliger Richter und Staatsanwalt glaube ich an den Rechtsstaat und deshalb daran, dass sich das BKA an die gesetzlichen Vorgaben halten wird."

In ähnlicher Weise haben Sie sich bereits in Ihrer Antwort vom 17.07. an den Nutzer H. geäußert. "Rechtsstaatlichkeit" und "Vertrauen in die Polizeibehörden" sind aber zwei völlig unterschiedliche Dinge. Rechtsstaatlichkeit kann niemals (!) auf Vertrauen beruhen, sondern ausschließlich auf Kontrolle. Gerade als "ehemaliger Richter und Staatsanwalt" sollte Ihnen das bewusst sein.

Auch wenn das BKA in der Vergangenheit Seriösität bewiesen haben sollte (was zumindest diskutiert werden kann, z.B. nach der Verwendung ihrer Website als "honeypot", http://www.heise.de/newsticker/BKA-Honeypot-www-bka-de--/meldung/135343 ), rechtfertigt das nicht die Aufgabe rechtsstaatlicher Prinzipien. Das Zugangserschwerungsgesetz sieht vor, dass das BKA ohne richterlichen Beschluss Domains sperren (lassen) kann. Wie bereits in den Medien diskutiert, ist das "BKA Ermittler, Ankläger und Richter in einer Person" ( http://www.zeit.de/online/2009/17/netzsperren-bka-gesetz ). Wo finden SIe hier "checks and balances"?

Die von Ihnen angeführten Kontrollen durch den Datenschutzbeauftragten erfüllen rechtsstaatliche Anspruch in keiner Weise. Um es einmal polemisch zu formulieren: Würden Sie es für ausreichend erachten, wenn ein Kontrollgremium alle drei Monate in einer JVA vorbeischaut, um stichprobenartig zu prüfen, ob Inhaftierte zu Recht dort sind?

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist rechtsstaatlich - das gilt auch für das Internet. Konkret: warum sollten Internetsperren nicht richterlich geprüft werden?

Viele Grüße
Brian Kohn

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Kohn,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Zunächst und klarstellend: nach dem Zugangserschwerungsgesetz muss die Mehrheit der Mitglieder des Expertengremiums, das zur Prüfung der Sperrliste berechtigt ist, die Befähigung zum Richteramt haben.

Ich möchte aber doch etwas ausführlicher antworten, da Sie fälschlicherweise den Eindruck erwecken, als ob sich der Rechtsstaat allein über den Richtervorbehalt definieren würde. Zum Rechtsstaatsprinzip gehört insbesondere auch die Bindung der Staatsgewalt an Recht und Gesetz, also z. B. des BKA an das Zugangserschwerungsgesetz. Die von Ihnen hergestellte Verknüpfung, dass ein Gesetz, das für eine bestimmte, durch die Staatsgewalt veranlasste Maßnahme keinen Richtervorbehalt vorsieht, nicht rechtsstaatlich sei, ist nicht richtig.

Nochmals: sollte bewusst gesetzeswidrig gehandelt werden, ist dies immer ein Fall für die Gerichte. Um eine effektive gerichtliche Überprüfung zu gewährleisten, ist das BKA verpflichtet, Unterlagen vorzuhalten, mit denen der Nachweis geführt werden kann, dass die in der Sperrliste aufgeführten Einträge zum Zeitpunkt ihrer Bewertung durch das Bundeskriminalamt die Voraussetzungen zur Aufnahme in die Sperrliste - also kinderpornographische Inhalte - erfüllten.

Mit freundlichen Grüßen

Ingo Wellenreuther MdB