Portrait von Ingo Böttcher
Ingo Böttcher
Einzelbewerbung
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ingo Böttcher zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Horst N. •

Frage an Ingo Böttcher von Horst N. bezüglich Staat und Verwaltung

Hallo Herr Böttcher,

vielleicht etwas out-of-topic, trotzdem eine Frage zum Wahlrecht bzw. der Ermittlung von Mandaten. Sollten Sie ein Mandat für´s Rathaus bekommen wäre dieses - da Sie über keine Landesliste verfügen - ein typisches Überhangmandat, oder? Dieses würde klassischerweise solange mit Ausgleichsmandaten aufgewogen, bis die Verhältnisse der Landeslistenstimmen wieder abgebildet wären. Das ginge natürlich bei 0% Landesliste nur näherungsweise. Aber: Wähle ich mit Ihnen als Einzelkandidaten eventuell noch 1 oder sogar 2 Ausgleichsvertreter eben jener Parteien ins Rathaus, deren Mitglieder ich dort am wenigsten subventioniert sehen möchte?

Vielen Dank für Ihre Antwort,

Horst Nebelbauer

Portrait von Ingo Böttcher
Antwort von
Einzelbewerbung

Sehr geehrter Herr Nebelbauer,

erfolgreiche parteifreie Einzelbewerber sind keine „typischen Überhangmandate“, sondern: Sie erhalten einen zusätzlichen Sitz in der Bürgerschaft, also Nr. 122 folgende. Das gilt auch für Vertreter von Parteien und Wählergemeinschaften, die im Wahlkreis ein Mandat gewinnen, aber „im Land“ die 5 %- Hürde nicht überspringen. Das bedeutet, es gibt dafür auch keine Ausgleichsmandate zur Wiedererstellung der mit der Landeslistenstimme definierten Mehrheitsverhältnisse.

Allerdings:
Falls die Gesamtzahl der Abgeordneten nach der Addition der erfolgreichen Einzelbewerber und „unter-5 %-Partei-Leute“ eine gerade Zahl ergibt, dann gibt es einen weiteren Sitz für die Parteien; und zwar für jeweils diejenige, die nach dem „Divisorverfahren mit Standardrundung“ an der Reihe ist. Das ist dann kein klassisches Ausgleichsmandat, sondern ein „Ungerade-Zahl-Herstellungs-Mandat“. Aber: Ja, Sie riskieren, wenn Sie mich wählen, dass sozusagen in meinem Kielwasser ein Landeslisten-Parteikandidat in die Bürgerschaft gespült wird, den eigentlich niemand gewählt hat bzw. will. (Beispielrechnung: 121 Sitze an „+5 %-Parteien“ + 1 Einzelbewerber = 122 Sitze = gerade Zahl, deshalb + 1 „Ungerade-Zahl-Herstellungs-Mandat“ an Partei X = 123 Sitze insgesamt)

Sie könne mir glauben, dass es mich erheblich wurmt, dass durch diese Regelung möglicherweise irgendein Parteimensch von meinem Erfolg (und meinem Aufwand und Wahlkampf) profitiert. Nicht zuletzt bedeutet dieses kuriose Additions-Regel mit „Ungerade-Zahl-Herstellungs-Schmarotzer-Mandat“ ja auch für den Steuerzahler so etwas wie „versteckte Nebenkosten“. Nach dem CDU-Wahlrecht sind Einzelbewerber in dieser Hinsicht ein „Luxus“, der der Öffentlichkeit zusätzliche Kosten (weil zusätzliche Mandate) verursacht. Darin kann man eine (systematische) Benachteiligung der Einzelbewerber sehen, weil die WählerInnen möglicherweise im Hinblick auf die der Öffentlichkeit entstehenden Mehrkosten davon absehen, Einzelbewerber zu wählen – sich also diesen Luxus nicht leisten wollen.

Warum das alles so ist, sollten Sie die Wahlrechtskünstler der CDU fragen. Dazu ein Hinweis: Im Original-Volkswahlrecht (von 2004) war es noch genau anders herum, erfolgreiche Einzelbewerber etc. wurden von der Gesamtzahl der an die Parteien zu vergebenden Mandate abgezogen. Es blieb also immer bei der 121 Sitzen.
Erst mit dem Fälschungs-Wahlrecht der CDU (von 2006) wurde die Regelung so eingeführt (siehe Wahlgesetz § 5, Abs. 2f : http://hh.juris.de/hh/gesamt/BuergWG_HA_1971.htm#BuergWG_HA_1971_rahmen ).

Mit der Bitte, die „Kleinen“ (Einzelbewerber) nicht für die Bestandssicherungs-Gesetzgebung der CDU verantwortlich zu machen und sich den (parteilich verordneten) Luxus eines Einzelbewerbers einfach mal zu gönnen bin ich

Ihr

Ingo Böttcher