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Frage von Patrice D. •

Frage an Hermann Scheer von Patrice D. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Scheer,

wie ist es möglich, dass ein Straßenbauprojekt ohne "höheres Verkehrsziel" und ohne wirtschaftlichen Nutzen geplant und durchgeführt wird und gleichzeitig andere Verkehrsprojekte aufgrund der Kostensituation stagnieren?

Im konkreten Fall (Wieslauftal-Umgehung) gibt es weder eine Studie zur Wirtschaftlichkeit noch sind die Auswirkungen des B14-Ausbaus berücksichtigt. Ich war bisher der festen Überzeugung, dass das Gießkannenprinzip der Verkehrsplaner Vergangenheit sei.

Das o.g. Projekt wird nur zur Hälfte geplant und durchgeführt. Dies bedeutet, dass es keinen verbesserten verkehrstechnischen Nutzen gibt und laut Aussage des Planers des RP in den voraussichtlich nächsten 30 Jahren aufgrund der Planungsdauer auch nicht geben wird.

Da sich o.g Projekt in Ihrem Wahlkreises befindet, können Sie die Umfeldsituation und Infrastruktur des Gebietes gut einschätzen. Eine wirtschaftliche Ansiedlung aufgrund des Straßenprojektes kann hier aufgrund der günstigen und mit Autobahnzubringer ausgestatteten Gewerbegebiete der Nachbargemeinden ausgeschlossen werden.

Hinzu kommt ein eklatanter Eingriff in das schon enge Wieslauftal mit seinen schützenswerten Streuobstwiesen. Die Zersiedlung/Verbauung dieses ökologisch wertvollen Lebensraum wird von den Bürgern in eindeutig überwiegender Mehrheit nicht getragen. Diese Umgehungen bringen ,dies wird durch das RP Stuttgart bestätigt, mehr Verkehr in das Tal. Die Effekte die der B14 Ausbau bringen sollte werden hier "Reductio ad absurdum" geführt, da ein Teil des Verkehrs sich zu Gunsten weniger Minuten Fahrzeit durchs Tal schlängeln wird.

Detailinformationen in diesem Zusammenhang bietet die Webseite der Kontra-Fraktion www.wieslauftal-umgehung-stopp.de .

Mit freundlichen Grüßen aus Rudersberg.
P. Demmerle

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Demmerle,

als Antwort auf Ihre Frage übersende ich Ihnen nachfolgend eine Erklärung die ich heute (12.01.2007) gemeinsam mit meiner Landtagskollegin Katrin Altpeter veröffentlicht habe.

Mit freundlichen Grüßen
Hermann Scheer

Gemeinsame Stellungnahme von Dr. Hermann Scheer MdB und Katrin Altpeter
MdL zur Straßenbauplanung im Wieslauftal

Die Zeit des überdimensionierten Straßenbaus ist vorbei. Wir haben das
schon in anderen Fällen festgestellt und das gilt auch für die Planungen
des Regierungspräsidiums im Wieslauftal. Die vom RP vorgeschlagene
Trasse (Variante 3.1+) lehnen wir deshalb ab. Sie ist von ihrer ganzen
Anlage her geeignet überörtlichen Verkehr anzuziehen, den niemand im
Wieslauftal haben will. Die Durchgängigkeit der geplanten Straße und ihr
Querschnitt geben Anlass zur Sorge, dass es sich hier um alles andere
als ein regionales Umfahrungsprojekt handelt. Kritiker befürchten zu
Recht, hier könnte sich eine Variante der Nord-Ost-Umfahrung Stuttgarts
entwickeln, die das RP bekanntermaßen mit aller Macht durchsetzen will.
Wir wollen aber eine solche Nord-Ost-Umfahrung im Bereich
Schorndorf-Backnang genauso wenig wie wir sie im Bereich
Fellbach-Waiblingen-Ludwigsburg wollen.

Hier wie dort würde es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in die
Natur und Landschaft handeln der nicht zu verantworten ist. Der Verband
Region Stuttgart hat in einer Sitzungsvorlage für den Planungsausschuss
vom 25.10.2006 die Probleme aufgeführt:

- schwer wiegende Eingriffe in die Freiraumziele des Regionalplans

- großflächige Bodenversiegelung

- Minderung der Grundwasserneubildung

- Verlust von Biotopen

Wir sind der Überzeugung, dass es für die Planungen des RP Alternativen
gibt. Diese müssen aber erst untersucht werden, und zwar mit der
gleichen Intensität und mit dem gleichen Aufwand mit dem das RP seine
bisherigen Planungen erstellt hat. Hinzu kommt, dass wir schon in
anderen Fällen festgestellt haben, dass das RP von falschen Prognosen
ausgeht. So beispielsweise bei der Entwicklung des Individualverkehrs,
die eher stagnieren und zurückgehen wird. Das bedeutet: auch die Zahlen
des RP, mit denen der Bedarf für eine großdimensionierte
Wieslauftaltrasse überhaupt begründet wird, müssen kritisch überprüft
werden. Außerdem muss untersucht werden, ob die Baumaßnahme sich negativ
auf die Nachfragesituation auf der Wieslauftalbahn auswirken würde. Wenn
ja, dann wäre das fatal und genau das Gegenteil dessen, was moderne
Verkehrspolitik eigentlich anstreben sollte.

Im Kern muss es darum gehen, die Anwohnerinnen und Anwohner an den heute
bestehenden Ortsdurchfahrten im Wieslauftal zu entlasten. Dafür sind vor
allem örtliche Umfahrungen der Teilorte erforderlich, neben weiteren
Maßnahmen wie Rückbau der Ortsdurchfahrten, Verkehrsbeschränkungen und
Ausbau des ÖPNV. Diese örtlichen Umfahrungen müssen einen gänzlich
anderen Charakter als die RP-Trasse haben.

Wir sprechen uns außerdem für eine klare Trennung der Umfahrung
Miedelsbach vom Rest der geplanten Baumaßnahmen aus. Es kann nicht sein,
dass zwischen dieser örtlichen Umfahrung und dem vom RP initiierten
Neubau der L 1148 ein Junktim hergestellt wird, insbesondere im Hinblick
auf die Finanzierung. Ein solches Junktim wird erneut dazu führen, dass
wegen der unvermeidlichen Konflikte um großdimensionierte Vorhaben und
deren Finanzierungsprobleme die naheliegenden, die Ortschaften vom
Durchgangsverkehr entlastenden Maßnahmen, immer wieder unerträglich
aufgeschoben werden.