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Hermann Ott
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Frage von Cordula B. •

Frage an Hermann Ott von Cordula B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Ott !

Seit einigen Monaten lebe ich in Wuppertal und sehe wie hier bei der Kommune hinten und vorne Geld fehlt und bitter gespart werden muss. Auf der anderen Seite wird von Deutschland großzügig Milliarde um Milliarde für die „Rettung“ andere EU-Länder zur Verfügung gestellt. Mir ist es eigentlich egal, ob wir einen EURO oder wieder unsere DM haben. Mir ist es aber nicht egal, wenn wir für den Erhalt des EUROs unser Geld in ein „schwarzes EU-Loch“ kippen müssen; viele meiner Freunde sehen das übrigens genauso. Können Sie es in Ihrer Partei eigentlich verantworten, dass das Steuergeld der Deutschen für die Rettung von z.B. Griechenland, Irland und wer-weiß-nicht-noch-für-wen-alles verbraucht wird, während diese finanziellen Mittel dringend in unserem Land, z.B. in unseren Kommunen, benötigt werden?

MfG
C. Bitzer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Bitzer,

zunächst einmal wünsche ich Ihnen ein herzliches Willkommen in Wuppertal! Ich hoffe, Sie werden diese Stadt lieben lernen. Wuppertal gewinnt - leider - ja oft erst nach dem zweiten oder dritten Blick das Herz des Betrachters.

Zu Ihrer Frage, den Euro bzw. die Euro-Rettung betreffend:

Die europäische Einigung ist eine der größten Errungenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg und hat uns hier in Europa eine lange Zeit des Friedens geschenkt. Deutschland, als europäischer Export-Spitzenreiter, hat von der Währungsunion ganz besonders profitiert, weil unsere Waren auf dem globalisierten Weltmarkt deutlich konkurrenzfähiger geworden sind. Die gemeinsame europäische Währung war also letztlich auch ein zwingender Schritt, um im Weltmarkt bestehen zu können. Ein Rückschritt zu den "alten" Währungen hätte sofort eine Aufwertung der D-Mark zur Folge, die Auswirkungen auf unsere Exportquoten können Sie sich ja sicherlich ausmalen.

Unabhängig davon möchte ich feststellen, dass sich die finanzpolitischen Probleme der beiden Länder Griechenland und Irland nur schwer vergleichen lassen. In Irland haben wir es eher mit einer Bankenkrise bzw. Bankenrettung zu tun. Hier haben die GRÜNEN u.a. die Forderung nach einer Transaktionssteuer und einer (erneuten) Gläubigerhaftung aufgestellt, um das "Zocken" auf den internationalen Finanzmärkten einzuschränken. Nicht nachvollziehbar bleibt dabei, dass Herr Westerwelle in der Vergangenheit Irland immer als "leuchtendes Beispiel" gelobt hat, weil fehlende staatliche Regulierung und Steuerentlastungen angeblich einen so positiven Einfluss auf eine prosperierende Wirtschaft haben sollen. Aber dies nur als Randnotiz.

Die Krise der Staatshaushalte ist nicht nur eine europäische sondern eine globale. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nur mit einer starken europäischen Gemeinschaft diese Herausforderung schultern können. Dafür (und nicht nur dafür!) brauchen wir einen Politikwechsel in Berlin, damit die deutsche Europapolitik auch wirklich wieder europäisch wird. In einem Welthandel, der von Ländern wie USA und China (zunehmend auch Indien) dominiert wird, brauchen wir diese starke Gemeinschaft, die es m.E. auch immer noch ist.

Da viele deutsche Unternehmen - gerade hier im Bergischen Land - von ihren Exporten leben (zum Teil ja sogar Weltmarktführer in ihrem Bereich sind), wäre eine Rückkehr zur D-Mark katastrophal und würde letztlich die finanzielle Situation der Kommunen um ein Vielfaches verschlechtern, als es zur Zeit der Fall ist. Hier funktionieren m.E. andere "Rezepte" zur Rettung der Kommunalfinanzen: Wir brauchen einen Altschuldenfonds, eine Gemeindefinanzreform und eine Einhaltung des Konnexitätsprinzips (wer bestellt, muss bezahlen). Hier ist der Bund gefragt, der den Kommunen in den letzten Jahren immer mehr Aufgaben zugeschreiben hat, ohne dafür die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ich hoffe, Ihre Frage mit diesen Zeilen zufriedenstellend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hermann E. Ott