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Hermann Gröhe
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Frage von Tobias M. •

Frage an Hermann Gröhe von Tobias M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Gröhe,

ich schätze Ihre differenzierte Argumentationsweise sehr und hoffe auch, dass der politische Diskurs durch Ihre Beförderung zum Generalsekretär an Qualität gewinnt. Nun zu meiner Frage.

Der Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) von Berlin-Neukölln äußerte sich zur Einführung des Betreuungsgeldes am 28.10.09 im Deutschlandfunk folgendermaßen: "Wir haben nun mal eine Schicht, egal ob Sie sie deutsche Unterschicht nennen, ob Sie sie migrantische Unterschicht nennen, die einfach für die Kinder, für ein Hineinwachsen in die Gesellschaft eine Gefahr darstellen. Und wir waren uns eigentlich bisher alle einig, wenn wir den Kindern, die im Milieu aufwachsen, wirklich Chancengleichheit angedeihen lassen wollen, dass wir dann in die vorschulische Erziehung investieren müssen, also sie quasi herausholen. (...) Jetzt sagen wir, bleib zu Hause, mach deine Wohnungstür zu, du kriegst dafür noch eine Prämie. Wie werden sich wohl genau diese Eltern, wo das Geld nicht bei den Kindern ankommt, bei der Frage entscheiden: Willst du 200 Euro für den Kindergarten zahlen, oder willst du für deine zwei Kinder 300 Euro kassieren? Wie werden sie wohl entscheiden? So ist nun mal der Mensch und den Kindern dient das gar nicht und wir finanzieren weiter Eltern, statt in die Kinder zu investieren. Deswegen sage ich, das ist rückwärts gewandt, das wird auch der Integration einen Bärendienst erweisen."

Kann es sein, dass das Betreuungsgeld nur in wirtschaftlich starken und/oder in ländlich-konservativen Regionen die beabsichtigte Wirkung - die Stärkung von Familien mit Kindern - erzielt, in anderen Kontexten (z.B. in Großsstädten) jedoch die von Buschkowsky beschriebenen negativen Folgen hat? Müssen daher nicht andere Formen der Förderung von Familien mit Kindern gefunden werden?

Mit freundlichen Grüßen,
Tobias Messner

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Sehr geehrter Herr Messner,

haben Sie Dank für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch.de und Ihre freundlichen Worte. Ich bitte zugleich um Ihr Verständnis dafür, dass ich leider erst heute dazu komme, Ihnen zu antworten.

Ihre Frage zum Betreuungsgeld möchte ich gerne beantworten. Aus meiner Sicht hat die neue Bundesfamilienministerin Kristina Köhler in der vergangenen Woche den Zielkonflikt gut dargestellt. Zum einen geht es darum, Mütter und Väter zu unterstützen, die sich nach der Geburt eines Kindes zu Hause der Erziehung widmen wollen. Zum anderen sollten Kinder, die von einem Krippenbesuch profitieren würden, diese Förderung auch möglichst früh bekommen. Es ist dabei nicht Aufgabe des Staates, den Familien vorzuschreiben, wie sie die Betreuung ihrer Kinder organisieren sollen.
Meiner Meinung nach ist die Unterstützung von Eltern, die ihre Kinder zuhause erziehen, durchaus sinnvoll. Es muss gleichwohl aufgepasst werden, dass keine falschen Anreize geschaffen werden.

Für die offenen Fragen rund um das Thema Betreuungsgeld gilt es, eine angemessene Lösung zu finden. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP haben wir festgehalten: „Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden.“ Der Koalitionsvertrag lässt uns also bis 2013 Zeit für die konkrete Ausgestaltung. Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Zeitrahmen eine angemessene Lösung finden werden.

Was die Unterscheidung der Kinderförderung durch finanziell besser oder schlechter gestellte Eltern betrifft, so möchte ich davor warnen, Ärmeren grundsätzlich eine höhere Gefahr des Missbrauchs zu unterstellen. So gibt es sowohl Eltern mit einem sogenannten bildungsfernen und finanziell schwächeren Hintergrund, die ihren Kindern eine gute Förderung bieten, als auch Eltern mit wirtschaftlich starkem Hintergrund, die ihre Kinder vernachlässigen.

Bitte erlauben Sie mir zuletzt noch folgende Anmerkung: Ich halte es grundsätzlich für wenig überzeugend, wenn - wie jüngst wieder zu beobachten war - gegen die Einführung des Betreuungsgeldes polemisiert, gleichzeitig aber für die Anhebung der Regelsätze für Hartz IV-Empfänger plädiert wird.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hermann Gröhe

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