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Frage von Peter B. •

Frage an Hellmut Königshaus von Peter B. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Königshaus,

ich möchte von Ihnen wissen, welchen Sinn es macht, als Selbständiger Beiträge an die IHK abführen zu müssen, obwohl ich bisher die IHK während meiner Selbständigkeit noch nie in Anspruch genommen habe?

Gedenken Sie sich dafür einszusetzen, diese Zwangsabgabe abzuschaffen? Halten Sie es nicht für sinnvoller, die Kunden der IHK nach Leistungen abzurechnen?

MfG
Peter Berger

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Berger,

vielen Dank für Ihre E-mail vom 27.Juni 2007, die ich mit großem Interesse gelesen habe.

Die Diskussion um die Pflichtmitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern ist ein Dauerbrenner. Seitdem es die Pflichtmitgliedschaft gibt, regt sich Widerstand dagegen. Besondere Widerstandswellen sind immer dann zu beobachten, wenn sich der Eindruck verstärkt, dass die Dienste der Kammern einem selbst nicht zu Gute kommen oder schlimmer, gar nicht klar wird, welche Dienste die Kammern überhaupt erbringen. Weiterhin scheint der Kontakt zu und die Kommunikation mit den Mitgliedern von Kammerbezirk zu Kammerbezirk durchaus unterschiedlich ausgeprägt zu sein. Für mich steht zudem fest: die Kammern müssen sich vielfach grundlegend reformieren. Sie dürfen nicht mehr auf Feldern tätig sein, wo ein ausreichendes Angebot von Seiten privater Dienstleister zur Verfügung steht. Ebenso muss die Doppelarbeit zwischen Kammern und Behörden deutlich vermindert werden. Zeitraubende bürokratische Querverbindungen sind in Zukunft zu vermeiden. Insofern bleibt das gesamte deutsche Kammerwesen auf dem Prüfstand.

Es ist nicht konsistent, einerseits zu verlangen, dass der Staat der Wirtschaft die zur Entfaltung nötige Freiheit lässt, aber andererseits die für eine Selbstverwaltung und Selbstorganisation notwendigen Instrumente – und das sind eben die Kammern – aus der Hand zu schlagen. Wir brauchen also Kammern oder eine entsprechende andere Organisation, bei der sich aber dann ebenso die Frage stellte, wer für sie finanziell aufkommt.

Es ist verständlich, wenn derjenige, der die Leistungen der Kammern nicht unmittelbar in Anspruch nimmt, es vorziehen würde, wenn die Kammern nur die auf freiwilliger Basis in Anspruch genommenen Leistungen in Rechnung stellen dürften. Das würde aber wegen der offenkundigen Gefahr von „Trittbrettfahrerei“ nicht funktionieren.

Die Selbstverwaltung der Wirtschaft kann derzeit nur im Rahmen einer Pflichtmitgliedschaft funktionieren. Sonst müssten Aufgaben, die den Kammern durch Gesetz und Verordnung zugewiesen sind, letztlich von der Staatsbürokratie erfüllt werden. Der Staat müsste dann aus öffentlichen Mitteln ein umfangreiches Leistungsspektrum bereit halten: Die Betreuung von 850.000 Auszubildenden, die Abnahme von jährlich 290.000 Zwischenprüfungen und 330.00 Abschlussprüfungen, die öffentliche Bestellung und Betreuung von etwa 7000 Sachverständigen und die Beantwortung von rund 110.000 Anfragen von Gerichten, Unternehmen und Privatpersonen nach geeigneten Sachverständigen, die Ausstellung von jährlich etwa 1,2 Millionen Exportdokumenten sowie die ca. 350.000 Existenzgründungsberatungen, die zurzeit von den IHKs durchweg kostenlos erbracht werden. Daneben wäre fraglich, was mit den Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten bei den Kammern passieren würde. Dort werden immerhin 1.800 Fälle jährlich verhandelt und mit einer Erfolgsquote von rund 50 Prozent abgeschlossen. Auch gutachterliche Stellungnahmen zu Förderanträgen, zur Eintragungsfähigkeit im Handelsregister oder zur Bauleitplanung müssten anders organisiert werden. Von den Leistungen der Kammern profitiert die Wirtschaft insgesamt, wenngleich mancher Betrieb sicherlich nur indirekt.

Nach meiner Einschätzung ist die staatliche Bereitstellung all dieser Leistungen keine Alternative. Vermutlich würden die gesamtwirtschaftlichen Kosten für diese Leistungsbereitstellung steigen. Insofern halte ich - unabhängig von der Notwendigkeit, die Kammertätigkeiten auch kritisch zu begleiten - die Pflichtmitgliedschaft bei einer derzeit durchschnittlichen Beitragslast der Mitglieder von 161 Euro für nach wie vor erforderlich und sachgerecht. Das gilt insbesondere im Falle der IHK Berlin, die wie viele andere Kammern auch von den Betrieben mit geringen Umsätzen oder geringer Leistungsfähigkeit überhaupt keine Beiträge erhebt.

Mit freundlichen Grüßen
Hellmut Königshaus, MdB