Portrait von Heike Hänsel
Heike Hänsel
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Heike Hänsel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Cornelia S. •

Frage an Heike Hänsel von Cornelia S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hänsel,

auf Ihrer Webseite heike-haensel.de schreiben Sie unter der Überschrift "Kommando Spezialkräfte Calw: mehr als nur Fallschirm-Abenteuer, deshalb KSK auflösen!", folgendes: "So operierte das KSK zum Beispiel über Jahre immer wieder in Afghanistan im Rahmen der Task Force 47, die für umstrittene verdeckte Operationen der Aufstandsbekämpfung zuständig war mit zahlreichen Toten unter der Zivilbevölkerung."

Da ich - außer unbelegten Spekulationen - keine öffentlich verfügbaren Informationen darüber finde, habe ich mehrere Fragen:
1. Was bedeutet "verdeckte Operationen der Aufstandsbekämpfung"?
2. Was meinen Sie genau mit "umstritten"?
3. Wann und wo gab es Tote unter der Zivilbevölkerung?
4. Wie viele Menschen wurden dabei getötet?

Weiter interessiert mich, ob Sie als Abgeordnete des Bundestages das Recht haben, das Kommando Spezialkräfte persönlich zu besuchen und wenn ja, ob Sie dies bereits getan haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Cornelia Schreiber

Portrait von Heike Hänsel
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Schreiber,

die Operationen des KSK in Afghanistan im Rahmen der Task Force 47 der ISAF waren Teil einer geheimen Kriegsführung, die außerhalb jeder politischer Kontrolle und Rechtssetzung stattfindet.

Generell werden diese Einsätze geheim gehalten. Auch der Bundestag wird nur in Gestalt der Obleute des Verteidigungsausschusses informiert, und auch dies nur nach dem Einsatz, und unter der Auflage der Verschwiegenheit, d.h. den Abgeordneten ist es nicht erlaubt mit irgendjemandem darüber zu sprechen - damit wird eine Öffentlichmachung von Fehlverhalten oder von Menschenrechtsverletzungen auch im Nachhinein faktisch ausgeschlossen.

Die Bundeswehr war unter dem ISAF-Mandat, wie durch Anfragen bestätigt wurde, regelmäßig an Einsätzen zur Aufstandsbekämpfung beteiligt. Bei diesen Search and Clear Operationen ging es um die Durchsuchung von Wohngebieten nach Taliban (oder nach anderen unliebsamen Verdächtigen). Die betreffenden Viertel wurden erst von der Armee umstellt, und dann von der Polizei mit zum Teil brutalen Methoden durchkämmt. Die Bundeswehr leistete hier regelmäßig wichtige Hilfe durch Aufklärung im Vorfeld. Es ist anzunehmen, dass diese Art der Aufstandsbekämpfung noch anhält, die Bundesregierung verweigert im Moment jedoch jede nähere Auskunft zum genauen Vorgehen der afghanischen Sicherheitskräfte.

Nach Angaben von Soldaten, die in die Öffentlichkeit gelangten, waren Einheiten der Task Force 47 an solchen Search and Clear Operationen, aber auch selbst regelmäßig an der Festnahme oder Erschießung von wichtigen Taliban in ihrem sozialen Umfeld beteiligt. Opferzahlen für diese Einsätze werden nicht veröffentlicht. Es erschließt sich aber aus der Logik dieser Einsätze, dass es in beiden Fällen regelmäßig zu Opfern in der Zivilbevölkerung kommt. Das beklagen zum Beispiel etliche afghanische Nichtregierungsorganisationen.
Ein Beleg für solche Opfer, und dafür wie eng das KSK in die Aufstandsbekämpfung unter ISF eingebunden war, ist insbesondere der Bombenabwurf von Kunduz, bei dem auf Befehl von Oberst Klein rund 140 Menschen getötet wurden, weit überwiegend Zivilisten, darunter viele Kinder. Der Befehl zum Abwurf der Bombe erfolgte von einem Befehlsstand der Task Force 47, die in die Ausführung dieser Operation eingebunden war.

Auch unter dem neuen Afghanistan-Mandat Resolute Support sind KSK-Einheiten in Afghanistan stationiert. Laut Bundesregierung unterweisen und trainieren sie afghanische Spezialeinheiten im Norden Afghanistans, und nehmen an Einsätzen nicht teil (GA LINKE zu Afghanistan, 26.2. 2015). Nachprüfen lässt sich diese Behauptung aufgrund der Geheimhaltung nicht.

Eine militärische Einheit einer Parlamentsarmee, die von mir als Parlamentarierin nicht kontrolliert werden kann, und die im Vollzug ihrer Einsätze außerhalb von Recht und Gesetz agieren kann, ist abzulehnen. Aus diesen Gründen vertrete ich den Standpunkt, dass das KSK aufgelöst werden muss.

Mit freundlichen Grüßen
Heike Hänsel