Am 5.9.25 haben Sie auf der Kundgebung in Bonn behauptet, in der BRD bestände ein Patriarchat. Wie belegen Sie dies?
Ein Patriarchat ist eine Gesellschaftsordnung, bei der der Mann eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat und bei der in Erbfolge und sozialer Stellung die männliche Linie ausschlaggebend ist. Hätte da nicht längst das Bundesverfassungsgericht eingegriffen, wenn das zutreffen würde?

Guten Tag,
es gibt weiterhin kein ausgeglichenes und gerechtes Verhältnis zwischen den Geschlechtern: Nach wie vor beeinflussen traditionelle Rollenklischees das Leben von Frauen und Männern und beeinträchtigen ihre Lebensqualität und Chancen in der beruflichen und sozialen Entwicklung. Patriarchale Strukturen ziehen sich nach wie vor durch alle gesellschaftlichen Bereiche. Frauen bekommen im Schnitt immer noch deutlich weniger Lohn als Männer, sie leisten den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit und sind in der Politik stark unterrepräsentiert. Noch immer ist vielen Frauen das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben verwehrt. Sei es in Hinblick auf die Selbstbestimmung über den eigenen Körper (§218 StGB) oder im Bereich der Lohnarbeit. Frauen erhalten durchschnittlich weniger Geld und arbeiten fast doppelt so häufig im Niedriglohnsektor, was sich später gravierend auf ihre Rente auswirkt. Obwohl Frauen Männer in den letzten Jahrzehnten bei den Bildungsabschlüssen ein- und überholt haben, sehen sie sich im Berufs- und Familienleben immer noch mit struktureller Benachteiligung und einer patriarchalen Gesellschaft konfrontiert. Patriarchale Strukturen im gesellschaftlichen Sinne sind jedoch keine einzelnen Gesetze, die man mit einem einzigen Urteil abschaffen könnte, dazu sind sie viel zu sehr in unserer Gesellschaft verankert. Es sind gewachsene Strukturen, die in vielen Bereichen unserer Gesellschaft sichtbar sind: in der Arbeitswelt, in der Familienpolitik, in der ungleichen Verteilung von Macht und Vermögen und im Bereich der Gewaltbetroffenheit. All diese Bereiche zeigen, dass patriarchale Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft existieren.
Außerdem ist geschlechtsspezifische Gewalt in Deutschland noch immer ein enormes Problem: Im Jahr 2023 gab es 728 Fälle körperlicher Gewalt von Frauen und Mädchen im Durchschnitt täglich. 909 Frauen und Mädchen wurden 2023 Opfer eines versuchten oder vollendeten vorsätzlichen Tötungsdeliktes; das sind 2,5 mögliche Femizide pro Tag. Frauen werden ermordet, weil sie Frauen sind.
Viele Grüße