Harry Lienau
CDU
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Frage von Guntram H. •

Frage an Harry Lienau von Guntram H. bezüglich Recht

Wie ist Ihre Position zu einem dringend nötigen zivilrechtlichen Antidiskriminerungsgesetz, das die Menschen mit Behinderung in allen Bereichen einbezieht und nicht in gewissen Bereichen ausgrenzt? Ein solches Gesetz wurde im Frühjahr vorigen Jahres auch von Sachsen-Anhalt im Bundesrat abgelehnt. Welche anderen Alternativen hätten Sie, um das Prinzip der Gleichstellung Behinderter (Grundgesetz Artikel 3, Absatz 3) in das Zivilrecht zu überführen, so dass auch behinderte Menschen problemlos hier ihre Rechte wahrnehmen können.

Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

ein Antidiskriminierungsgesetz, wie es im vorigen Jahr durch den Bundesrat
abgelehnt wurde, ist in dem dortigen Ausmass völlig überzogen. Im
Grundgesetz, dem höchsten Gesetz eines Staates, niedergeschriebene
Regelungen gilt es in Taten umzusetzen und nicht durch weiteres Regelwerk
auszuschmücken. Behinderte sind Menschen unserer Gesellschaft, denen gleiche
Rechte und der gleiche Schutz des Grundgesetzes wie anderen Menschen zusteht
und gewährt wird. Für die Behinderten von viel größerer Wichtigkeit ist doch
die Umsetzung einer wirklichen Förderung Behinderter, die, wie so Vieles,
erst mit den nötigen finanziellen Mitteln zum Tragen kommen kann. Gesetze
allein sind nicht der Garant für eine Antidiskriminierung und gegen
Ausgrenzung. Die Stärke der Wirtschaft und die daraus aufkommenden Einnahmen
des Staates aber können effektiv zu einer wirklichen Integration beitragen.
Weiterer Aspekt ist die Einstellung der Menschen zueinander und hier
besonders die Nichtbehinderter zu den Behinderten. Da hilft kein Gesetz.

Menschen mit Behinderungen benötigen entsprechend ihrer individuellen
Behinderung sehr unterschiedliche Unterstützungsleistungen zur beruflichen
und gesellschaftlichen Eingliederung. Daher wird die berufliche
Eingliederung von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Personen in
den ersten Arbeitsmarkt seit 2003 durch das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen
von Modellprojekten und nicht mehr im Rahmen einer Förderrichtlinie
unterstützt. Die Projektauswahl für den Förderzeitraum 2005/2006, fand durch
eine fachkundige Jury statt, die im Jahr zuvor unter den verschiedenen
Beteiligten der Landesregierung für Menschen mit Behinderungen
(Gesundheitsministerium, Integrationsamt, Regionaldirektion BA sowie
Sozialpartnern) gebildet wurde. Dabei wurden 74 Vorschläge eingereicht, von
denen unter Berücksichtigung des Finanzvolumens 37 Projekte für eine
Förderung vorgesehen werden. Wobei die aktuell laufenden Projekte mit einer
Gesamtfördersumme von 13,2 Mio. Euro aus Mitteln des Landes und des EU
Sozialfonds unterstützt werden und die Maßnahmen 526 Menschen mit
Behinderungen zu Gute kommen. Ziel der Maßnahmen ist u.a. eine Vorbereitung
zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit oder den Weg in
die Selbständigkeit zu gewährleisten, betriebliche Kompetenzentwicklung und
Qualifizierung zu erreichen.

Um die Chancen für Menschen mit Behinderungen zu erhöhen, muss der
allgemeine Arbeitsmarkt wieder besser funktionieren. Bis dahin kann man zwar
mit Mitteln der Ausgleichsabgabe Sonderprogramme z.B. für Schwerbehinderte
auflegen, was ja auch getan wird und fortgesetzt werden muss, aber
nachhaltig ist dies nicht so sehr. Unabhängig vom Vorrang des ersten
Arbeitsmarktes sollten zukünftig Alternativen zum jetzigen System erprobt
werden. Beispielsweise könnten Mittel aus der Eingliederungshilfe für die
anteilige Finanzierung direkter Arbeitsplätze für die eingesetzt werden, die
bisher in die Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfB) gehen. Es ist
nicht hinzunehmen, dass die Werkstätten immer weiter wachsen und nun auch
verstärkt Lernbehinderte aufnehmen, ohne den Menschen eine tatsächliche
Chance am allgemeinen Arbeitsmarkt zu bieten. Um auf den Arbeitsplatz
vorzubereiten, wäre es sicherlich möglich, spezielle Angebote in den
Berufsbildungszentren vorzuhalten. Dann besteht eine Chance, nach einigen
Jahren Ausbildung auch einen Platz im ersten Arbeitsmarkt zu finden. Die
Alternative, in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen bis zum
Lebensende zu verbleiben, ist keine.

Beschreiten wir gemeinsam den begonnenen Weg eines steten Wachstums und der
ersten Erfolge im Land Sachsen-Anhalt weiter, werden auch und nicht zuletzt
die Menschen mit einer Behinderung mehr Chancen und bessere Bedingungen
vorfinden, ein Leben in Würde und ohne Diskriminierung zu leben.

Mit freundlichen Grüßen