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Hans-Peter Uhl
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Frage von Kurt F. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Kurt F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Uhl,

Sie schreiben, dass Überwachungsgesetze nicht übers Ziel hinausschießen könnten, da im Falle der Verschärfung eines Gesetzes, Diskussionen in der Politik und in der Öffentlichkeit stattfinden müßten und letztendlich der Bürger solche Gesetze dadurch verhindern könne, dass er alle 4 Jahre wählen darf:

"Und zur Gesetzgebung gehören öffentliche Debatten in Funk und Presse, kritische Kommentare und Sachverständigenurteile, Fragen und Antworten auf www.abgeordnetenwatch.de etc.etc. - letztlich entscheidet der Wähler, der die Kräfteverhältnisse im Parlament bestimmt, den Streit über konkurrierende Gesetzgebungsabsichten."

Diese Behauptung ist doch wohl ein schlechter Witz? Mein Eindruck ist, dass sich Abgeordnete nicht mehr um den Volkeswillen kümmern, sobald Sie erstmal gewählt sind. Dann steht der Parteiwille im Vordergrund, Stichwort Fraktionszwang. Ein sehr schönes Beispiel hierfür war die Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung, bei der einige SPD-ler trotz erheblicher Bauchschmerzen dafür gestimmt haben. Auch sonst fällt quer durch alle Parteien diese merkwürdige Meinungsgleichheit in den jeweiligen Parteien auf, die nicht real sein kann.

Abgesehen davon werden Gesetze nicht im 4-Jahres Rhytmus verabschiedet, so dass der Wähler absolut keinen Einfluß darauf nehmen kann. Was den Überwachungsstaat anbelangt, hätte der Bürger selbst dann keinen Einfluss, wenn alle 4 Wochen gewählt würde, da sich alle großen Volksparteien im Sicherheitswahn verrannt haben und das Prinzip der Verhältnismäßig völlig aus den Augen verloren haben.

Es ist also egal, ob man CDU/CSU oder SPD wählt, man kommt nur vom Regen in die Traufe. Das Schlimme ist derzeit, dass sogar beide großen Volksparteien, dasselbe Ziel verfolgen und gemeinsam regieren. Es gibt praktisch keine wirksame Opposition.

Was also fehlt, ist die direkte Einflußnahme des Volkes auf die Politik. Meine Frage: Setzten Sie sich aktiv für mehr plebiszitäre Elemente in Deutschland ein?

mfg K. Felgendreher

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Felgendreher,

ich will Ihnen Ihre Meinung nicht ausreden. Aber wenn Sie mir Ihre eigensinnigen Werturteile an den Kopf werfen, muss es erlaubt sein zu widersprechen: Ich weise entschieden zurück, dass sich die Volksparteien im Sicherheitswahn verrannt und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit aus den Augen verloren hätten.

Ebenso wenig gibt es den berüchtigten "Fraktionszwang"; das parlamentarische Mehrheitsprinzips bringt lediglich die Notwendigkeit mit sich, sich zuerst intern nach kontroverser Diskussion demokratisch zu einigen (Kompromisse und Mehrheiten zu akzeptieren) und dann nach außen geschlossen an die Rampe zu gehen. Der "Parteiwille" bzw. die Fraktionslinie kommt dabei nicht aus heiterem Himmel über die Abgeordneten, sondern jeder hatte zuvor die Möglichkeit, daran mitzuwirken.

Plebiszitäre Elemente auf kommunaler Ebene haben sich bewährt. Auch auf Landesebene sind sie sinnvoll einzusetzen. Die diesbezüglichen Bestimmungen der Bayerischen Verfassung halte ich für vorbildlich. Auch auf Bundesebene wären Volksentscheide grundsätzlich eine Möglichkeit. Sie könnten eine Chance bedeuten, der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken und Verantwortlichkeit und Interesse unter den Bürgern zu fördern.

Umgekehrt können direktdemokratische Entscheidungen in der Bundespolitik eine Gefahr für die Demokratie bedeuten:
- Die parlamentarische Gesetzgebung ist ein lernendes Verfahren, das komplexe Interessengegensätze integrieren und aufheben kann. Die direkte Demokratie reduziert die politische Fragestellung auf Ja-Nein-Alternativen.
- „Die Bevölkerung ist zu groß und die Probleme sind zu komplex“ (Richard von Weizsäcker): Die Anfälligkeit der Bürger für Stimmungsmache würde durch Volksabstimmungen erhöht. Bei einem Referendum bestünde die Gefahr, dass der Abstimmungsgegenstand mit allerlei sachfremden Themen befrachtet würde (z.B. in Irland wurde die Abstimmung über den EU-Vertrag mit dem Thema Abtreibung verknüpft). Finanzkräftige Eiferer am Rande des politischen Spektrums bekämen eine unverhältnismäßige Plattform. Eine reine Nein-Kampagne ließe sich leichter organisieren und finanzieren als ein Wahlkampf mit vielseitigem Parteiprogramm.
- Die historische Entwicklung unserer Verfassungstradition belegt den Erfolg der repräsentativ-parlamentarischen Staatsform. Die repräsentative Demokratie beruht darauf, dass die gewählten Politiker verantwortlich handeln und nicht ihre Entscheidungskompetenz von Fall zu Fall willkürlich an das Volk delegieren.

Meiner Ansicht nach überwiegen die Nachteile von Volksentscheiden auf Bundesebene deutlich die Vorteile.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl