Dr Hannah Neumann
Hannah Neumann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Monika K. •

Frage an Hannah Neumann von Monika K. bezüglich Finanzen

1. Italien plant immer wieder eine höhere Neueverschuldung als von der EU erlaubt. Wie soll die EU Italien sanktionieren oder sollen die anderen Staaten in gemeinsamer Haftung für die Schulden Italiens Garantien übernehmen?

2. Die polnische Regierung möchte zurzeit nicht den Euro, weil sie deutliche Vorteile in der eigenen Währung Zloty sieht. Muss die EU die Polen auffordern, dem Euro System beizutreten, weil Polen sich dazu verpflichtet hat? Wie beurteilen Sie die Entscheidung der polnischen Regierung?

Dr Hannah Neumann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau K.,

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts klare Regel zum Abbau von Staatsschulden gegeben. Diese Regeln müssen von allen EU-Mitgliedsstaaten, egal ob groß oder klein, einhalten werden. Aber natürlich bieten die Regeln auch Spielräume, um auf die Wirtschaftslage im betroffenen Land eingehen zu können und gerade auch in Krisenzeiten die Umsetzung von Strukturreformen und Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen.

Die Analyse der EU-Kommission vom November 2018 machte deutlich, dass Italien den Richtwert für den Schuldenabbau deutlich verfehlt hat. Ein Defizitverfahren - zumindest für 2019 - konnte nur deshalb abgewendet werden, weil die italienische Regierung auf den letzten Metern zu Zugeständnissen bereit war. Ob diese nun auch umgesetzt werden, gilt noch abzuwarten. Sollte die italienische Regierung weiterhin schwerwiegend gegen den vereinbarten Schuldenabbau verstoßen, muss die Einleitung eines Defizitverfahrens erneut geprüft werden. Im Rahmen dessen sollten als allerletztes Mittel der Wahl auch Sanktionen möglich sein. Das Regelwerk sieht hier Strafzahlungen in Höhe von bis zu 0,2 Prozent des BIP vor.

Für die Euro-Finanzminister*innen steht eine gemeinsame Haftung für die Schulden Italiens nicht zu Debatte. Auch für uns Grüne nicht. Vielmehr muss die italienische Regierung ihrer Verantwortung gerecht werden und neben dem Schuldenbau auch die dringend notwendigen Strukturreformen umsetzen und in die Zukunft investieren.

Nun zu Ihrer Frage bezüglich der Situation in Polen. Am 1. Mai feiern wir 15 Jahre EU-Osterweiterung. Seit 2004 ist Polen Mitglied der Europäischen Union und hat sich damit langfristig auch zu Einführung des Euros bekannt. Polens EU-Beitritt verhalf der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zu großer Dynamik. Polen ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Mittel- und Osteuropa und fast 28 Prozent der polnischen Exporte gehen nach Deutschland. Seit dem EU-Beitritt Polens gehört das Land zu den Mitgliedstaaten mit dem größten Wirtschaftswachstum und das dortige Bruttoinlandsprodukt hat sich seit 2004 mehr als verdoppelt. Damit gehört Polen auch zu den 6 größten Volkswirtschaften innerhalb der EU und ist bester Beleg für den Erfolg des europäischen Binnenmarktes und seiner Grundfreiheiten.

Seit einiger Zeit mehren sich die Stimmen in der polnischen Gesellschaft und Wirtschaft, die fordern, dass das Land nun auch der Euro-Zone beitreten und den Euro als Zahlungsmittel einführen sollte. Während andere Regierungen - zum Beispiel unter Donald Tusk - dieses Ziel intensiver verfolgten, steht die aktuelle Regierung diesen Forderungen skeptisch gegenüber. Das ist bedauernswert, denn die Euro-Einführung könnte zusätzliche Wachstumsimpulse für Polen schaffen: Wechselkurse würden wegfallen und den Handel erleichtern, die erhöhte Stabilität der Wirtschaft würde zu mehr Investitionen führen und insgesamt könnte es die Exporte, aber auch die Integration der Finanzmärkte, Polens weiter erleichtern. Ich finde, die polnische Regierung wäre daher gut beraten, dass vereinbarte Ziel der Euroeinführung nicht weiter auf die lange Bank zu schieben.

Mit grünen Grüßen,
Hannah Neumann

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