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Frage von wiebke s. •

Frage an Gregor Gysi von wiebke s. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

mit großem Interesse habe ich Ihre Antwort gelesen. Sie schreiben: "Für eine Straftat gibt es eine bestimmte Strafe. Es kann nicht sein, dass hinterher jemand - ggf. lebenslänglich - eingesperrt wird. Und das ja nur wegen der Gefahr, dass er rückfällig werden könnte.(...)Ein anderer Fall liegt dann vor, wenn man der Überzeugung ist, dass er sich nicht beherrschen kann, dass er auf jeden Fall wieder eine Straftat begehen wird. Dann allerdings ist er nicht schuldfähig."

Das klingt zunächst sehr überzeugend. Aber was, wenn jemand zwar sehr wohl Kontrolle über seine Handlungen ausüben kann - also schuldfähig ist - aber immer wieder nach der Entlassung Straftaten begeht, weil er sich bei klarem Verstand dafür entscheidet, diese Kontrolle einfach nicht auszuüben? Für solche Fälle gab es doch gerade die Sicherheitsverwahrung (unabhängig davon, dass die Justiz dieses scharfe Schwert im Falle Mollath mutmaßlich mißbraucht hat)! Befürchten Sie nicht, dass sich die Richter nur gezwungen fühlen werden, bei allen Straftätern nunmehr die oberen Bereiche des jeweiligen Strafrahmens auszuschöpfen - um den Sicherheitsverlust aufgrund der weggefallenen Sicherungsverwahrungsmöglichkeit auszugleichen?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Storz-Ganzlin,

Ihre Nachricht vom 19. September hat mich erreicht.

Die meisten Gerichte urteilen bei der Sicherungsverwahrung zu meinem Ärger damit, dass die Betreffenden sich nicht beherrschen können. Dann liegt meines Erachtens eben keine Schuldfähigkeit vor, so dass der Weg der Psychiatrie zu beschreiten wäre.

Wenn jemand sich beherrschen kann und es nicht tut, es auch nicht tun will, müssen die Strafen steigen. Es ist aber kein Grund zur Sicherungsverwahrung. Letztlich beruht die Sicherungsverwahrung doch nur auf eine Vermutung. Das ist zu wenig, um einem Menschen dauerhaft die Freiheit zu entziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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