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Frage von Matthias E. •

Frage an Gernot Erler von Matthias E. bezüglich Finanzen

Mir geht es um die Finanzierung der UNHCR-Flüchtlingshilfe. Was macht die Bundesregierung wirklich in diesem Bereich? Für wie notwendig hält sie diese Hilfe? Ist sie wichtiger als Frontex? Wichtiger als der Vertrag mit dem Möchtegern-Diktator Erdogan?

Also all diese Fragen gehen sehr tief und sie müssen nicht nur gestellt werden, sondern in aller Ausführlichkeit beantwortet werden, es sind die zentralen Fragen von denen unsere Zukunft abhängt.

There will come a time when this world of ours will be flooded with peace. And who will bring this peace about? It will be you, you and your brothers and sisters. You and your oneness-heart will spread throughout the length and breadth of the world.

Es ist höchte Zeit aufzuwachen und wirklich aktiv zu werden und nicht immer nur Probleme zu verlagern, so wie das bisher in der Politik geschieht.

Mit herzlichen Grüssen,

Matthias Somen Eckerle

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Sehr geehrter Herr Eckerle,

herzlichen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse an der Flüchtlingshilfe der UNHCR. Im Folgenden erhalten Sie eine kurze Auflistung der Projekte, die das Auswärtige Amt in den betroffenen Ländern unterstützt, um Fluchtursachen zumindest einzudämmen. Insgesamt 1,3 Mrd. Euro stellt das Auswärtige Amt 2016 zur Verfügung, um die Flüchtlinge in Syrien und den Nachbarländern besser vor Ort zu versorgen. Außerdem investieren wir in diesem Jahr über das Entwicklungshilfeministerium in den Bereichen „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“ sowie „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren“ insgesamt 700 Mio. Euro weltweit.

- Deutschland ist aktives Mitglied der International Syria Support Group (ISSG). Ziel der Kontaktgruppe ist es, durch Einbindung aller relevanten regionalen und internationalen Akteure dem innersyrischen Verhandlungsprozess Rahmen und Impulse zu geben.
- Zudem fördert das Auswärtige Amt die zivilen Katastrophenhelfer White Helmets (Beitrag des AA 2016: 5 Mio. €). Diese in Ortsvereinen organisierten Ersthelfer bergen Tote und Verletzte aus zerstörten Gebäuden und leisten medizinische Erstversorgung und Brandbekämpfung. In den umkämpften Gebieten retten die White Helmets damit täglich Leben. Ferner unterhalten sie ein Warn- und Meldesysteme für Luftangriffe.
- Daneben ermöglichen vom Auswärtigen Amt finanzierte Vorhaben der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eine schnelle und flexible Reaktion auf Entwicklungen vor Ort (z.B. Finanzierung von medizinischem Personal in Krankenhäusern, Lieferung von dringend benötigtem Saatgut und Dünger für die Landwirtschaft etc.).
- Mit dem von Deutschland gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA ins Leben gerufenen und von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gemanagten Syria Recovery Trust Fund (SRTF) wird in Zusammenarbeit mit örtlichen Lokalräten zivile Infrastruktur in Nordsyrien erhalten und rehabilitiert. Dank dem SRTF haben 300.000 Menschen wieder Strom, ein Projekt zur Rehabilitierung der Wasserversorgung in ländlichen Gebieten mit 900.000 Begünstigen ist gegenwärtig in der Umsetzung.
- Im Rahmen der ISSG bemüht sich das AA um humanitären Zugang zu den belagerten Gebieten. Seit der Münchner Vereinbarung der ISSG vom 12. Februar 2016 konnten deutliche Verbesserungen erzielt werden, der humanitäre Zugang bleibt aber unzureichend. Insgesamt konnten bislang rund 255.000 Menschen in 12 von 18 belagerten Gebieten versorgt werden, davon rund 100.000 durch eine Luftbrücke des Welternährungsprogramms (WFP) in vom sogenannten „Islamischen Staat“ belagerten Teilen der Stadt Deir-ez-Zoor. Das Auswärtige Amt hat WFP hierfür 5 Mio. € zur Verfügung gestellt. An der jordanisch-syrischen Grenze („berm“) und in Hassakeh an der türkisch-syrischen Grenze spitzt sich die humanitäre Lage unterdessen weiter zu. Das Auswärtige Amt hat hierzu für humanitäre Hilfsleistungen/Nahrungsmittel bislang 4 Mio. € an WFP bereitgestellt. Insgesamt beläuft sich die Unterstützung der Bundesregierung für Syrien und seine Nachbarländer seit 2012 auf 1,73 Mrd. €, davon 825,4 Mio. € an humanitärer Hilfe aus dem Haushalt des Auswärtigen Amts.
- Bei der Londoner Syrien-Konferenz am 4. Februar 2016 machte die Bundesregierung die größte bilaterale Einzelzusage: 2,3 Mrd. € für den Zeitraum 2016 bis 2019, davon 1,3 Mrd. € 2016). Die VN-Hilfspläne für Syrien (13%) und die Nachbarländer (23%) sind trotz der hohen Zusagen in London bislang unzureichend gedeckt. Bei vollständiger Umsetzung der Zusagen scheint eine Deckung von ca. 60% bis Jahresende möglich (2015: 55%). Allerdings berücksichtigt dies nicht die Unterstützung der Region über Maßnahmen, die nicht Bestandteil der VN-Hilfspläne sind, wie z.B. konzessionäre Finanzierung. Die Umsetzung des AA-Teils der Zusage von London ist bereits weit vorangeschritten. Für humanitäre Maßnahmen in Syrien und den Nachbarländern wurden bislang rund 214 Mio. € vertraglich gebunden, davon 88 Mio. € für WFP, 60 Mio. € für das VN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR). Im Bereich Stabilisierung sind 22,3 Mio. € fest verplant. Weitere Förderungen sind in Vorbereitung.

Neben der geschilderten Flüchtlingshilfe ist das EU-Türkei-Abkommen eine wichtige Maßnahme. Kontingente für Flüchtlinge sind unsere Alternative zur bisherigen unkontrollierten und lebensgefährlichen Fluchtroute über das Mittelmeer, Griechenland und den Balkan. Voraussetzung für solche Kontingente ist, dass wir gleichzeitig die Zahl der Flüchtlinge deutlich verringern, die auf eigene Faust über den Wasser-/Landweg nach Europa kommen. Das ist nur über eine Sicherung der europäischen Außengrenzen und mit einer intensiveren Zusammenarbeit mit der Türkei möglich. Ab 20. März werden irregulär über die Ägäis eingereiste Personen wieder in die Türkei zurückgeführt. Der Anspruch auf eine individuelle Prüfung eines Asylgesuchs bleibt dabei gewahrt. Für syrische Flüchtlinge wurde eine „1:1-Regelung“ vereinbart: Für jeden syrischen Flüchtling, der aus Griechenland in die Türkei zurückgeführt wird, erfolgt im Gegenzug die Aufnahme eines anderen syrischen Flüchtlings in der EU. Die Auswahl erfolgt dabei unter Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit. In einem zweiten Schritt sieht das Abkommen mit der Türkei die Schaffung von freiwilligen Kontingenten im Rahmen eines humanitären Aufnahmeprogramms vor. Mit Hilfe des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen wollen wir Kontingente für Flüchtlinge vereinbaren, die aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak zu uns nach Deutschland und nach Europa kommen können.

Ich hoffe, ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Gernot Erler