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Gabriele Katzmarek
SPD
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Frage von Jens S. •

Frage an Gabriele Katzmarek von Jens S. bezüglich Familie

Sehr geehrter Frau Katzmarek,

Die gesetzlich zugesicherte Betreuung von Kleinkindern (KiTa) ist ein wichtiger Schritt gewesen, damit Eltern sich auf dem Arbeitsmarkt etablieren und nach kurzer Zeit wieder integrieren können.
Auch der Ausbau von Schulbetreuung vor Schulbeginn und Nachmittagszeiten ist ein wichtiger und wesentlicher Schritt zur Vollzeitarbeit für Eltern.

Allerdings können Zeiten von 7:45Uhr bis 16:00 Uhr nicht der richtige Weg sein für Vollzeitarbeit. wer eine 35h-Woche hat brauch eine Mindestbetreuung für 8,5h (2x halbe Stunde Anfahrt zur Arbeit + halbe Stunde Pause) bei einer 40 h Woche wird das Zeitmanagement noch schlimmer.
In den Ferien sind oft nur Betreuungsangebote für einen Bruchteil der Kinder möglich und diese sind meist ausgebucht. In der heutigen Arbeitswelt ist man oft auch gezwungen von Eltern/Großeltern wegzuziehen um einen adäquaten Job auszuführen, was eine Betreuung durch Großeltern meißt ausschließt.
Ein Lichtblick hier sind Betreuungsangebote von Kindertagesstätten die eine Vollzeit-Schulkindbetreuung mit auch in den Ferien anbieten. Diese müssen von der Stadt finanziert werden und nicht aus Landesmittel, denn diese sind ja für Betreuung an Schulen vorgesehen. Die Stadt finanziert aber lieber KiTa-Plätze da diese ja einen Rechtanspruch besitzen, was verständlich ist. Eine Betreuung aus einem Guss/Ort ist allerdings keine Luxussache, sondern in der heutigen Zeit ein notwendiges Übel.
Es kann nicht sein, dass ein Kind von 1-6 Jahren eine Vollzeitbetreuung bekommt und man Vollzeit arbeiten kann und nach 6 Jahren muss man für die Schule Teilzeit arbeiten, weil man plötzlich keine ausreichende Betreuung ganztags mehr hat für eine Vollzeitstelle.
Alle Eltern die Ihr Kind Vollzeit in eine KITA bringen, brauchen diese Betreuung auch in der Schul-/Ferienzeit.

Kann hier die Bundesregierung was tun um eine Vollständige Vereinbarkeit von Schule/Betreuung und Beruf zu gewährleisten?
Wie stehen sie zu dem Thema?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Stein,

vielen Dank für Ihre Frage. Lassen Sie mich zu Beginn festhalten: Ich bin zu 100 Prozent Ihrer Meinung.
Ich habe selbst zwei – inzwischen erwachsene – Kinder. Die Situation war in den 80er und 90er Jahren für Frauen, die berufstätig sein wollten, eine mittlere Katastrophe.

Auch jetzt reichen die Betreuungsangebote bei weitem nicht aus. Es muss möglich sein, die Öffnungszeiten von Einrichtungen zu verlängern und selbst für Schichtarbeitnehmerinnen und Schichtarbeitnehmer Angebote zu unterbreiten. Unsere Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig hat dazu bereits Vorstöße unternommen. Sie hat zwar gerade aus dem konservativen Lager dafür sehr viel Kritik bekommen, dieses wird sie und uns als SPD jedoch nicht entmutigen.

Man muss aber auch klar sagen: Bildungspolitik ist in erster Linie Landespolitik und der Einfluss der Bundespolitik ist begrenzt. Im Wahlprogramm der SPD zur Landtagswahl hat sich die SPD dem Thema angenommen und eindeutig positioniert:

Verlässliche Ganztagsangebote für alle Kinder: Kind und Karriere dürfen sich nicht ausschließen.

Noch immer liegt die Verantwortung für die Kindererziehung in unserer Gesellschaft vor allem bei den Frauen und noch immer ist es nach einer Familienphase schwierig, zurück in den Beruf zu finden. Dabei gab es noch nie so viele hervorragend qualifizierte Frauen in unserem Land. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, haben wir die Kinderbetreuung und die Ganztagsschulen in Baden-Württemberg massiv ausgebaut. Mit dem Pakt für Familien haben wir die Mittel für die Kleinkinderbetreuung mehr als versiebenfacht. Damit unterstützen wir die Städte und Gemeinden bei der Schaffung qualitativ hochwertiger Betreuungsplätze. Sowohl mit Blick auf die Zahl der Betreuungsplätze als auch hinsichtlich der Qualität belegt Baden-Württemberg mittlerweile im Bundesvergleich einen Spitzenplatz. Von der besseren Kinderbetreuung profitieren Frauen im Besonderen. Vor allem für alleinerziehende Mütter, die am Arbeitsmarkt oft benachteiligt sind, senkt eine gute Kinderbetreuung das Armutsrisiko nachweislich. Damit Ausbildung und Familie besser miteinander in Einklang gebracht werden können, haben wir zudem die Teilzeitausbildung ausgebaut und verbessern damit die Berufschancen Alleinerziehender.  Für die kommende Legislaturperiode geben wir den Eltern in Baden-Württemberg eine Garantie: Wir schaffen verlässliche Ganztagsangebote für alle Kinder und führen die Ganztagsgarantie ein, vom ersten Geburtstag bis zum letzten Schultag. Dafür werden wir die Kitas ausbauen, deren Qualität weiter verbessern und die Öffnungszeiten bedarfsorientiert verlängern. Für Schulkinder werden wir den Ausbau der Ganztagsschulen konsequent fortsetzen, sodass bis 2023 70 Prozent der Grundschulen im Land Ganztagsunterricht anbieten. Darüber hinaus werden wir mit unseren Partnern in den Kommunen die Angebote der Ferienbetreuung in erreichbarer Nähe verbessern, denn Kinder haben nicht ohne Grund mehr Freizeit als arbeitende Erwachsene. Damit schließen wir eine wichtige Lücke im Betreuungssystem für unsere Kinder.

Familien finanziell unterstützen: Kita- und Kindergartengebühren abschaffen

Wir setzen uns für die finanzielle Unterstützung von Familien ein. Denn finanzielle Sicherheit ist eine wichtige Grundlage der Entscheidung für Kinder. Um Familien weiter spürbar zu entlasten, werden wir in der kommenden Legislaturperiode schrittweise die Beitragsfreiheit für die Kindergärten und Kindertagesstätten im Land einführen. Darüber hinaus werden wir uns im Bund für eine finanzielle Besserstellung von Alleinerziehenden einsetzen. Denn diese haben es meist besonders schwer, Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen. Wir wollen den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende durch einen Zuschlag zum Kindergeld ersetzen. Dieser soll 100 Euro im Monat für das erste Kind und 20 Euro für alle weiteren Kinder betragen.

Zurecht weisen Sie darauf hin, dass der „Betreuungsbruch“, den viele Familien erleben, wenn Kinder eingeschult werden, ein großes Problem darstellt. Die SPD hat sich im Bund und in den Ländern für einen Ausbau der Betreuung in Kitas und Schulen eingesetzt – mit unterschiedlichem Erfolg. Die Kita-Betreuung hat sich mit dem starken Ausbau von Betreuungsplätzen und dem Rechtsanspruch auf einen Platz stark verbessert, bei den Ganztagsschulen – die auch wirklich einen Ganztagsbetreuung anbieten können – sind die Erfolge geringer und regional sehr unterschiedlich.

Es ist eine Politik der kleinen Schritte, die auch immer wieder topediert wird. Markentestes Beispiel ist – verzeihen Sie mir den Wahlkampfterminus – die CSU „Herdprämie“, die nicht nur falsche Anreize setzt, sondern auch den Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten verhindert und Gelder bindet. Gut, dass es das Betreuungsgeld nun nur noch in Bayern gibt und wir uns wieder mit voller Kraft der qualitativen und quantitativen Verbesserung des Betreuungsangebots widmen können.

Wie bereits gesagt, sind die Spielräume der Bundesregierung begrenzt, da Bildungspolitik noch immer hoheitliche Aufgabe der Länder ist. Das Kooperationsverbot, also das Verbot für Bund und Ländern bei Bildungsfragen, insbesondere im Bereich der schulischen Bildung, zu kooperieren, ist in meinen Augen unsinnig und nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere für finanzschwache Bundeländer bedeutet es fehlende Unterstützung bei wichtigen Bildungsaufgaben. Bedauerlicherweise wird das Kooperationsverbot von CDU und CSU und von einigen unionsgeführten Bundesländern massiv verteidigt, da sie die keinen Einfluss des Bundes auf die Bildungspolitik möchten.

Wie Sie dem Wahlprogramm mit der „Ganztagsgarantie“ entnehmen können, ist es das Ziel der SPD, dass Familien die vollständige Wahlfreiheit haben: Bringe ich mein Kind in eine Kita oder eine Ganztagsschule oder betreue ich es zu Hause? Möchte ich 20, 30 oder 40 Stunden arbeiten? Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, sind wir zufrieden, denn nur dann können Frauen wie Männer Familie und Beruf wirklich miteinander vereinbaren.

Sehr geehrter Herr Stein, ich möchte Ihnen keine Illusionen machen: Die formulierten Ziele im Wahlprogramm lassen sich nicht in wenigen Jahren erreichen und mit den derzeitigen politischen Machtverhältnissen auf Bundesebene, ist mit wenig Unterstützung zu rechnen. Es wird kein Rechtsanspruch auf einen Platz in einer wirklichen Ganztagsschule geben und die Bundesregierung wird sich, vertreten durch eine CDU-Bildungsministerin, nicht dafür einsetzen, dass finanzielle Unterstützung für mehr und bessere Ganztagsschulen für die Länder bereitgestellt wird. Wir als SPD verfolgen das Ziel dennoch weiter und setzen uns für eine optimale Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein.

Herzliche Grüße

Gabriele Katzmarek

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