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Florian Hahn
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Frage von Sami A. •

Frage an Florian Hahn von Sami A. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Hahn,

da Sie Abgeordneter eines bayerischen Wahlkreises sind und ich leidliche Erfahrungen an bayerischen Gerichten (FG Amberg und OLG Nürnberg) hinsichtlich der familienrechtlichen Situation sammeln konnte, interessiert mich Ihre Haltung zu Gutachten in familienrechtlichen Angelegenheiten besonders.

Gutachter werden in familienrechtlichen Fällen von Richtern direkt beauftragt. Daß es das Wort “Gefälligkeitsgutachten” gibt, ist dabei sicherlich kein Zufall. Man könnte zu der Auffassung kommen, daß es sich in vielen Fällen gar um ein symbiotisches Verhältnis zwischen Richtern und Gutachtern handelt. Daß Richter immer wieder die selben Gutachter beauftragen, sollte hierfür als ein Indiz gelten.

Neben der Beauftragung von Gutachtern ist die Qualität der meisten Gutachten ebenfalls höchst fragwürdig. So hat eine Studie von Prof. Dr. Werner Leitner ergeben, daß die überwiegende Mehrheit der Gutachten nicht die Mindestvoraussetzungen erfüllen. In meinem Fall wollten die Richter am OLG Nürnberg kein Gegengutachten zulassen, weil man die Gutachterin kenne und sie laut dem vorsitzenden Richter gute Arbeit leiste. Im Nachgang an das Verfahren habe ich das Gutachten an den o.g. Prof. Dr. Leitner geschickt, der das Gutachten als höchst mangelhaft eingestuft hat.
Bereits im Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode war das Thema Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren ein Thema, so hieß es:
“[...] die Qualität von Gutachten insbesondere im familiengerichtlichen Bereich verbessern” (S.154).

Warum gibt es keine zentrale Stelle die sich um die Vergabe von Aufträgen für Gutachten kümmert und die Gutachten regelmäßig Qualitätskontrollen unterzieht? Würden Sie sich dafür einsetzen, daß so eine Stelle geschaffen wird? Damit würde man ausschließen, daß Richter ihnen gefällige Gutachter beauftragen und gleichzeitig würde man die Qualität sichern.

Mit freundlichen Grüßen,

S. A.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre E-Mail zu Gutachtern in familienrechtlichen Angelegenheiten. Der Bundestag hat auf Initiative der unionsgeführten Bundesregierung 2016 das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Drs. 438/15) beschlossen.

Dieses hat u.a. in § 162 Abs. 1 FamFG festgelegt, dass der gerichtlich bestellte Gutachter in Kindschaftssachen "mindestens über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen sollen".

Im Übrigen können Gutachter von den Verfahrensbeteiligten nach § 406 ZPO wegen Befangenheit abgelehnt werden. Nach § 404 Abs. 2 ZPO (jeweils in Verbindung mit § 30 Abs. 1 FamFG) können die Verfahrensbeteiligten vor der Sachverständigenbehandlung vom Richter angehört werden.

Die CSU setzt sich dafür ein, die Wirksamkeit der gesetzlichen Maßnahmen in angemessener Frist zu evaluieren. Hierbei kann auch geprüft werden, ob weitere Maßnahmen der Qualitätssicherung geboten sind, etwa eine generelle Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung auf Antrag oder dass das Gutachten in der Rechtsmittelinstanz von einem anderen als dem erstinstanzlichen Gutachter erstattet werden muss.

Zu Ihrer Einschätzung, dass die Berufung des Gutachters durch den Richter erfolgt und das negative Auswirkungen haben kann, muss ich leider erwidern, dass nach der Konzeption des deutschen Prozessrechts dem Richter die Leitung des gesamten Verfahrens obliegt. Damit obliegt ihm auch die Auswahl des Sachverständigen bzw. sogar die Einschätzung, ob ein solcher überhaupt notwendig ist.

Daran ist auch festzuhalten. Richter sind - grundgesetzlich geschützt - weisungsunabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Erst recht ist fraglich, inwiefern zum Beispiel eine dritte Instanz, welche in einem laufenden Verfahren Sachverständige benennt, einen zusätzlichen Gewinn an Unabhängigkeit und Neutralität bringen kann. Dies wäre nur dann der Fall, wenn Sachverständige regelmäßig durch Richter zu einem bestimmten Gutachtenstendenz verleitet würden, was zwar gelegentlich unterstellt wird, wofür aber belastbare Erkenntnisse insbesondere in familienrechtlichen Verfahren fehlen.

Mit freundlichen Grüßen
Florian Hahn MdB

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