Frage an Florian Bernschneider von Gustav W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bernschneider,
am 15.04.2012 endete die Abstimmung über die Vorschläge auf der
Zukunftsdialog-Website www.dialog-ueber-deutschland.de [1] . Die Medien
meldeten wiederholt über die Manipulationen der Abstimmungsergebnisse auf der
Zukunftsdialog-Website, wie u.a. [2], [3] und [4] zu entnehmen ist.
1. Angesichts dieser Sachverhalte bitte ich Sie um eine Stellungnahme dazu, dass die Bundeskanzlerin die Autoren der in einer manipulierten Abstimmung auf [1] erstellten Top-10 Vorschläge-Liste in das Bundeskanzleramt einladen wird, wie auf der Website der Bundesregierung [5] angekündigt ist
2. Entspricht die im Zukunftsdialog-Projekt der Bundeskanzlerin praktizierter
Bürgerdialog auch Ihrem Verständnis der Bürgerbeteiligung?
Mit freundlichen Grüßen
Gustav Wall
Anlage
1. http://www.dialog-ueber-deutschland.de
2. http://www.zeit.de/digital/internet/2012-04/dialog-fuer-deutschland-ergebnis-manipulation - 13.04.2012
3. http://www.golem.de/news/zukunftsdialog-buergerbeteiligung-im-netz-mit-manipulierten-ergebnissen-1204-91163.html - 14.04.2012
4. http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/zukunftsdialog-buergerbeteiligung-mit-fragwuerdigen-ergebnissen/6511216.html - 16.04.2012
5. http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2012/04/2012-04-17-zukunftsdialog.html - 18.04.2012
Sehr geehrter Herr Wall,
bei allen Formen von Partizipation im Internet stehen die Macher vor der Herausforderung, die Beteiligungsbarrieren einerseits so gering wie möglich zu halten und andererseits ein ausreichendes Maß an Sicherheit vor Manipulation sicherzustellen - ein Spannungsfeld, das sich wohl nie ganz auflösen lässt. Der „Zukunftsdialog“ der Bundesregierung hat seinen Fokus auf geringe Barrieren zur Beteiligung gelegt, woraus ich - wegen eben jenem Spannungsfeld - den Entwicklern per se keinen Vorwurf machen möchte. Das Online-Petitionswesen des Bundestages wäre - in diesem Spannungsverhältnis gedacht - sicher das Gegenbeispiel und beweist, dass Onlinepartizipation manipulationssicher möglich ist. Persönlich denke ich deswegen, dass ein solches Verfahren zukunftsweisender ist bzw. die notwendige dauerhafte Akzeptanz eher gewährleisten kann.
Gleichermaßen sehe ich in dem Projekt „Zukunftsdialog“ die Chance, eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern erstmals für Onlinebeteiligung zu begeistern, gerade weil die Beteiligungsschwellen so niedrig sind. Ich möchte den gewonnenen Ergebnissen auch nicht ihre Legitimation absprechen und gehe fest davon aus, dass die Redaktion des Bundespresseamtes mögliche Manipulationen sehr sorgfältig und immer im Einzelfall überprüft hat, bevor es zu einer Löschung der Abstimmungsergebnisse kam.
Es sollte auch nicht vergessen werden, dass beim Online-Dialog zwei Auswahlverfahren eingesetzt wurden: Neben den Einsendern der zehn Vorschläge mit den meisten Bewertungen werden auch die Verfasser der zehn nach Expertenmeinung vielversprechendsten Vorschläge eingeladen. Es gab also nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Auswahl der Vorschläge. Ergänzt wurde der Online-Dialog zusätzlich um Bürgerforen in verschiedenen Städten, deren Ergebnisse sicherlich - zumindest indirekt - ebenfalls in die Dialogergebnisse einfließen werden.
Abschließend möchte ich festhalten, dass wir bei der Online-Bürgerbeteiligung noch längst nicht am Ende der Fahnenstange angekommen sind. Onlineplattformen wie abgeordnetenwatch.de, Facebook, Twitter, etc. sind tolle Möglichkeiten, um Bürgerbeteiligung online zu gestalten - es sind aber sicherlich noch einige Experimente in diese Richtung notwendig. Daher begreife ich den „Zukunftsdialog“ trotz der aufgezeigten Probleme als einen weiteren Schritt in die richtige Richtung.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Florian Bernschneider