Frage an Elisabeth Scharfenberg von Wolfgang G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Scharfenberg,
die Abgeltungssteuer soll das bisherige HEV ablösen. Die steuerliche Belastung für ein Kirchenmitglied beträgt nicht 25%, sondern ungefähr 28% (einschl. Soli). Für Investivkapitalanleger beträgt jedoch die effektive Steuerbelastung ca. 43%, weil die KöST der AG nicht mehr angerechnet wird (eine gerechtere Besteuerung war das Anrechnungsverfahren vor dem HEV).
Es gibt sogar mit anderen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen, damit eine doppelte Belastung des Bürgers vermieden wird.
Frage: Erklären Sie mir die rechtliche Grundlage über die doppelte Besteuerung des Bürgers durch die Nichtanrechenbarkeit der KöST des Unternehmens an dem ich Bruchteilseigentümer bin; ansonsten wäre das Anrechnungsverfahren rechtswidrig gewesen.
Mit freundlichen Grüßen
W.Gollner
Sehr geehrter Herr Gollner,
die Grünen in der Bundestagsfraktion sehen bei der Abgeltungssteuer die gleichen Probleme wie Sie. Denn die Abgeltungssteuer wird in gleicher Höhe für Zinseinkünfte und für Dividenden erhoben. Dies bedeutet, dass "unterm Strich" Zinsen nur halb so hoch besteuert werden wie Dividenden. Dies ist eine deutliche Benachteiligung von Eigenkapital im Vergleich zu Fremdkapital. In Zukunft wird es durch die Abgeltungssteuer deutlich lukrativer, in Staatsanleihen anstatt in Unternehmen zu investieren, die für Investitionen und Arbeitsplätze in Deutschland aber unverzichtbar sind. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Offenbar will die große Koalition, dass Bürgerinnen und Bürger mehr in Staatspapiere als in Aktien investieren, und setzt entsprechende Anreize. Wir finden diesen Ansatz der Bundesregierung allerdings falsch und haben deshalb die Unternehmensteuerreform auch abgelehnt, mit der diese Form der Abgeltungssteuer eingeführt wurde. Um eine im Vergleich zu Zinseinkünften halbwegs ausgewogene und gerechte Besteuerung von Dividenden zu erreichen, dürfte die Abgeltungssteuer auf Dividenden nur halb so hoch sein wie bei Zinseinkünften.
Die Abschaffung des Anrechnungsverfahrens und die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens war allerdings geboten, weil ansonsten auch alle Körperschaftsteuerguthaben aus dem Ausland in Deutschland hätten erstattet werden müssen, soweit Dividenden ausländischer Unternehmen in Deutschland ausgeschüttet werden. Dies hätte zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe geführt. Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland im Übrigen inzwischen auch für die Zeit vor dem Halbeinkünfteverfahren entsprechend verurteilt. Als Folge werden Steuerausfälle von 5 Milliarden Euro erwartet. Das Halbeinkünfteverfahren vermeidet entsprechend weitere Steuerausfälle, ist aber gleichzeitig so konzipiert, dass das Anrechnungsverfahren pauschaliert abgebildet wird. Aber wie bei Pauschalierungen üblich können im Einzelfall natürlich abweichende Steuerbelastungen entstehen. Das Halbeinkünfteverfahren ist jedenfalls deutlich gerechter als die ab 2009 wirksame Abgeltungssteuer, wie sie von der Koalition konstruiert wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Scharfenberg