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Ekin Deligöz
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Frage von Christian K. •

Frage an Ekin Deligöz von Christian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Frau Deligöz,

zu ihren Äusserungen gegenüber der türkischen Zeitung SABAH (abgedruckt in der akutellen Ausgabe des Migazins) zum Thema türkischstämmiger Migranten in Stadt- und Landesparlamenten hätte ich ein paar Fragen.

Zitat: "Wenn dieses Recht den Migranten nicht gegeben wird, werde man es sich nehmen. "
Frage: Meines Wissens muß man in Deutschland gewählt werden, um in Stadt- und Landesparlamenten mit agieren zu dürfen. Soll diese Tatsache für türkischstämmige Migranten ausgehebelt werden?

Zitat: "Die Zeit sei schon längst gekommen, dass diejenigen, die seit 50 Jahren teilweise mehr für das Land getan haben als die eigenen Bürger und es mehr als manch anderer verinnerlichen und lieben, nun auch gleichberechtigt in den jeweiligen Parlamenten vertreten werden."
Frage: Was genau bringt sie zu der These, daß türkischstämmige Migranten mehr für dieses Land getan haben, als "die eigenen Bürger".

Für die Beantwortung meiner Fragen danke ich ihnen im vorraus.

Mit freundlichem Gruß,

Christian Kizina

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Kizina,

gerne möchte ich Ihre Frage beantworten.

Der Bericht auf den Sie sich beziehen, basiert auf einem in türkischer Sprache geschriebenen Kommentar, welcher in zusammengefasster Form in verschiedenen türkisch sprachigen Zeitungen veröffentlicht wurde. Auch findet sich auf der in der Presseschau der Homepage MIGAZIN eine knappe Widergabe eines solchen Berichts in deutscher Sprache. Dort wird aber eine Redewendung des Kommentares falsch - weil wörtlich und nicht sinngemäß übersetzt - wiedergegeben. Ich habe mittlerweile bei den Betreibern der Seite um eine entsprechende Richtigstellung gebeten. Tatsächlich gibt es im Türkischen die Redewendung ‚sich ein Recht nehmen‘. Sie hat aber eine völlig andere Konnotation als im Deutschen. Die sinnhafte und damit korrekte Übersetzung wäre: „sich mit ganzer Kraft einsetzen für“. Und nur so ist auch mein Aussage gemeint, nämlich dass Migranten sich weiterhin politisch und gesellschaftlich für mehr Beteiligung stark machen sollen. Ich selber engagiere mich – so wie die gesamte Partei von Bündnis 90/Die Grünen und viele andere Organisationen auch – zum Beispiel für die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für nicht EU-Bürger. Im Übrigen wäre es völlig absurd, sich den Anspruch auf demokratische Beteiligung unter anderem in Parlamenten wie auch immer an sich reißen zu wollen. So etwas entspräche auch weder meinen demokratischen noch rechtsstaatlichen Grundauffassungen. Und daran habe ich auch bisher in meiner gesamten politischen Arbeit keinen Zweifel aufkommen lassen.

Zu ihrer zweiten Frage. Ihre Frageformulierung unterstellt, ich hätte behauptet, „türkischstämmige Migranten“ hätten sich grundsätzlich mehr für das Land eingesetzt, als der Rest der Bevölkerung. Nun haben Sie selber in Ihrem Schreiben den Bericht direkt zitiert. Dort ist explizit „teilweise mehr für das Land getan haben“ ebenso wie „mehr als manch anderer“ formuliert. Die These, türkischstämmige Migranten hätten mehr für das Land getan, ergibt sich somit weder aus dem Text, noch bin ich dieser Auffassung. Die Aussage, auf die ich hinaus wollte, ist eine andere – und eigentlich auch nicht so missverständlich.

In öffentlichen Debatten wird bisweilen unterstellt, Migranten fühlten sich pauschal nicht als Teil der Gesellschaft und würden sich mehrheitlich abkapseln. Solche Menschen gibt es in der Tat, und es gibt auch unter Migranten problematische gesellschaftliche Tendenzen. Gleichwohl gibt es etliche Migranten, die lange in Deutschland leben oder auch schon hier geboren sind, die sich mit dem Land identifizieren und es als Ihre Heimat betrachten. Und die als Teil der Gesellschaft, als Steuerzahler, Arbeitgeber und –nehmer, als Nachbar und Mitbürger sich engagieren und ihren Beitrag zu einem guten Zusammenleben leisten. Um das deutlich zu machen, habe ich ausgeführt, dass dieser engagierte Großteil in seinem Einsatz und auch in der Erfüllung seiner rechtsstaatlichen Pflichten nicht hinter dem vieler anderer Bürger – auch deutschstämmiger - zurück steht.

Mit freundlichen Grüßen

Ekin Deligöz

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