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Dirk Behrendt
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Frage von Armin U. •

Frage an Dirk Behrendt von Armin U. bezüglich Recht

Was können Sie und vor allem wir anderen tut, um die Sparpolitik im Justizwesen zu beenden? Diese langen Fristen (Zeit, bis endlich der Fall vor Gericht kommt oder der Gerichtsvollzieher beim Gewalttäter wegen des Schmerzensgeldes anklopft) sind einfach nicht mehr hinnehmbar. Eigentlich wird hier nichts gespart, es werden Kosten auf Leute abgewälzt, die sich nicht wehren können.

Vielen Dank für Ihre Antwort

Armin Ulrich

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Mit Ihrer - an meinem Geburtstag gestellten - Frage betreten sie ein weites Feld. Wie sie vollkommen richtig anmerken, gibt es in Teilbereichen der Justiz unzumutbare Verfahrensdauern und Terminsstände.
Bei den Einsparungen in den letzten Jahren im Jusitzbereich ist jedoch weniger bei den RichterInnen als bei den weiteren Mitarbeitern der Gerichte (Geschäftsstellen, Kanzlei, Rechtspfleger, Wachtmeister) gespart worden. Hier wird genau zu überprüfen sein, ob die Justizverwaltung dabei über das Ziel hinaus geschossen hat. Ich hielte es jedoch auch für falsch, die Justiz vollständig vom Sparen auszunehmen, denn andere Bereich wie die Hochschulen oder Jugendeinrichtungen sind ebenso wichtig und werden dennoch zusammen gespart.
Die in ihrer Frage anklingende Vermutung, nur eine schnelle Justiz sei eine gute Justiz, teile ich in dieser Absolutheit nicht. Abgesehen davon, dass es bei vielen Verfahren eine Seite gibt, der eine Verzögerung gut gelegen kommt, dauert eine fundierte Entscheidung immer einge Zeit. Da es dann auch häufig eine zweite Instanz gibt, kommt es zu weiteren Verzögerungen. Dennoch würde ich nicht dafür eintreten, die zweite Instanz abzuschaffen, was zwar erhebliche Zeitvorteile aber auch Rechtsschutzeinbußen für die Bürger brächte.
Allerdings ist es vollkommen richtig, zumutbare Verfahrensdauern einzufordern. Denn zum Gebot effektiven Rechtsschutzes gehört es auch, innerhalb einer überschaubaren Zeit eine Entscheidung zu erhalten. Hier muss bei allen in der Justiz Tätigen immer wieder das Bewusstsein wachgehalten werden, dass hinter den Fällen Menschen und Lebensschicksale stehen. So geraten gerade kleinere Selbständige sehr schnell in eine finanziell ausweglose Lage, wenn einige Auftraggeber ihre Außenstände nicht oder nur sehr verzögert begleichen.
Erfreulicherweise habe ich in der Berliner Justiz die Erfahrung gemacht, dass es nicht immer endlos lange dauern muss, bis ein Urteil erstritten ist. So kann dies bei den Amtsgerichten durchaus innerhalb von drei oder vier Monaten gelingen, eine wie ich meine annehmbare Zeit. Es gibt auch verfahrensabhängige Gründe für Verzögerungen, die nichts mit einer mangelhaften Ausstattung der Justiz zu tun haben. So dauerte es vor ein paar Jahren grundsätzlich mindestens ein Jahr bis Bausachverständige ihre Gutachten erstatteten, was die Verfahren erheblich in die Länge zog. Ein sehr großes Ärgernis, welches sie ansprechen, ist immer wieder, dass ein mühselig erstrittenes Urteil nicht vollstreckt werden kann. Allerdings ist der verbreiteten Armut in Berlin nicht durch eine (noch) schnellere Justiz abzuhelfen. Sie haben aber Recht, dass es zum Teil zu lange dauert, bis die GerichtsvollzieherInnen tätig werden. Das ist jedoch von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich. Hierzu gibt es auch aktuelle Abhilfevorschläge bis hin zur Privatisierung. Dafür hat sich zuletzt die Justizministerkonferenz im Juni 2006 ausgesprochen. Das ist aber Bundessache und könnte in Berlin allein nicht durchgesetzt werden.
Zuletzt möchte ich noch etwas zu der Frage sagen, was andere tun können, um die Justiz besser und zügiger zu machen. Nach meiner Erfahrung werden zu viele, völlig überflüssige Verfahren geführt. So geht viel Arbeitzeit für eher kleinliche Streitigkeiten unter Nachbarn oder über Einsprüche gegen Bußgeldbescheide wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten oder über Abschleppvorgänge verloren, die für wichtigere Streitigkeiten fehlt. Deshalb möchte ich dafür werben, vor der Erhebung einer Klage gründlich zu überlegen, ob diese wirklich notwendig ist. Auch sollten wir gemeinsam zu einem anderen Miteinander finden, welches nicht alle zwischenmenschlichen Streitigkeiten vor den Richter trägt.

Wenn Sie noch mehr zu den bündnisgrünen Vorstellungen zur Justiz lesen wollen: Unter www.gruene-berlin.de finden sie das Wahlprogramm, welches sich ab Seite 53 mit der Justiz beschäftigt. Wenn Sie noch weitere über mich erfahren möchten: www.dirk-behrendt.net