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Dietmar Nietan
SPD
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Frage von Katha B. •

Frage an Dietmar Nietan von Katha B. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrtey Dietmar Nietan,

ich möchte Sie bitten die folgende Petition https://www.change.org/p/schluss-mit-diskriminierung-barrierefreiheitsrecht-f%C3%BCr-menschen-mit-behinderung-jetzt-peteraltmaier-hubertus-heil-bmas-bund-bmwi-bund/u/29051684?cs_tk=AugrM0CEKa5dN6V8o2AAAXicyyvNyQEABF8BvK74Y-CK3RCHtEQLA_etq30%3D&utm_campaign=0bfa49301d5348e4af749e9ce5745ac2&utm_content=initial_v0_4_0&utm_medium=email&utm_source=petition_update&utm_term=cs mit folgender Passage "Das Gesetz ist leider so schlecht, dass weiterhin so gut wie keine Barrierefreiheit vorgeschrieben wird. Bauliche Barrierefreiheit wird grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Geschäfte dürfen also weiterhin mit Stufen und anderen Barrieren Menschen mit Behinderungen ausschließen. Zwar soll gerade die digitale Barrierefreiheit für Unternehmen vorgeschrieben werden, aber die Ausnahmen sind so groß, dass davon kaum etwas zu spüren sein wird. So dürfen alle Unternehmen (auch Online-Shops) mit weniger als 9 Mitarbeitenden oder weniger als 2 Mio. Euro Jahresumsatz auf Barrierefreiheit verzichten. Auch erhalten behinderte Menschen keinen eigenen Rechtsanspruch auf Barrierefreiheit. Sie können sich also nicht gegen Diskriminierung durch Barrieren von Unternehmen zur Wehr setzen.

Doch viele Abgeordnete wissen gar nicht, dass dieses Gesetz im Alltag nicht helfen wird. Sie glauben, dass das “Barrierefreiheitsstärkungsgesetz” tatsächlich für Barrierefreiheit sorgt. Das stimmt aber nicht!".

bei Ihrer Abstimmung zu betreffendem Gesetz zu beachten. Werden Sie persönlich für wirkliche Barrierefreiheit eintreten?

Mit freundlichen Grüßen
Katha Blaeser

Bitte für meine Person gender-neutrale Sprache und Anreden verwenden.
Freue mich bspw. über "Hallo Katha" oder "Guten Tag Katha Blaeser".

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Antwort von
SPD

Hallo Katha Blaeser,

In der Tat ist das neue Gesetz auf den Ersten Blick nicht besonders "griffig", andere, häufig auftretende Problemlagen im Alltag, an die man beim Thema Barrierefreiheit zunächst denkt, werden darin nämlich nicht berührt. Über Regelungen zur Barrierefreiheit in den Bereichen Bauen, Wohnen, Mobilität etc. können Sie sich hier https://www.behindertenbeauftragter.de/DE/Themen/Barrierefreiheit/BaF_node.html informieren.

Der Begriff der "Barrierefreiheit" ist ein weiter Begriff. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – BFSG) überführen wir die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, kurz: EAA), die am 27. Juni 2019 in Kraft getreten ist, in nationales Recht.

Unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können. Hierzu haben wir uns mit der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Barrierefreiheit. Das Gesetz dient vor allem der gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.

Barrierefreiheit hat aber auch das Potenzial, das Leben aller Menschen leichter zu machen. Das gilt nicht nur für abgesenkte Bordsteine oder Aufzüge in öffentlichen Einrichtungen. Besonders deutlich wird der Wert von Barrierefreiheit auch bei der digitalen Kommunikation, bei der Gestaltung von Internetseiten, beim Online-Handel oder bei Bankdienstleistungen. Hier werden viele Möglichkeiten der digitalen Technik, die vor allem auch älteren Menschen den Zugang erleichtern könnten, von den Unternehmen noch immer nicht ausreichend genutzt. Das Gesetz setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie eins zu eins um.

Es sieht im Einzelnen folgende Regelungen vor:

Einheitliche Standards für Barrierefreiheit in der EU. Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie legen wir die Anforderungen an die Barrierefreiheit einheitlich fest. Das gilt für technische Anforderungen sowie für die barrierefreien Informationspflichten für bestimmte Produkte und Dienstleistungen.

Die Standards sollen wirksam kontrolliert werden. Dies stellen die Bundesländer im Zuge der Marktüberwachung sicher. Dabei werden sie von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und der Bundesnetzagentur unterstützt. Sie übernehmen die Kommunikation mit der EU-Kommission und anderen EU-Mitgliedstaaten.

Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten mehr Rechte. Verbraucherinnen und Verbraucher können bei der Marktüberwachungsbehörde anzeigen, wenn bestimmte Produkte oder Dienstleistungen den Anforderungen zur Barrierefreiheit nicht entsprechen und sie diese daher nicht oder nur eingeschränkt nutzen können. Dabei können sie die Beseitigung des Verstoßes verlangen. Wird dies von der Behörde abgelehnt, steht den Antragstellenden der Rechts-weg zu den Verwaltungsgerichten offen. Dazu können sie sich durch einen Verband vertreten lassen. Der Verband kann auch an Stelle der Verbraucherin oder des Verbrauchers im eigenen Namen handeln (gesetzliche Prozessstandschaft). Auch ein eigenes Verbandsklagerecht für Verbände und qualifizierte Einrichtungen ist vorgesehen. Daneben steht das niederschwellige Schlichtungsverfahren der Schlichtungs-stelle nach Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Schlichtungsstelle BGG) für eine außergerichtliche Klärung zur Verfügung.

Keine Überforderung von Kleinstunternehmen. Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, sind von den Anforderungen an die Barrierefreiheit ausgenommen. Sie werden jedoch Beratungsangebote durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit erhalten, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen ebenfalls so weit wie möglich umsetzen können.

Das Gesetz soll im Kern zum 28. Juni 2025 in Kraft treten. Einzelne Regelugen, die Verordnungsermächtigungen enthalten, treten bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Nietan, MdB

 

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