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Frage von Andreas A. •

Frage an Daniela Kolbe von Andreas A. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag, Frau Kolbe,

die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes von 2010 und 2012, welche von einigen Fraggestellern ja schon erwähnt wurden und welche ich hier nicht nochmal detailliert aufliste, lassen nur den einen Schluss zu:

JEDE Sanktion gemäß dem SGB II sind nicht mit dem Grundgesetz und damit mit der Menschenwürde vereinbar.

Darum muss ich diese Frage stellen:

Warum werden Gesetze des SGB II höher bewertet als das Grundgesetz selbst?

Die Pflicht des Staates ist es, dieses Grundgesetz einzuhalten. Dabei darf eine staatlich fesgelegte Erwartung an Leistungen eines Bürgers KEINE Rolle spielen.

Das "Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums" (siehe Urteile) ist in JEDEM Falle einzuhalten.

Das Bundesverfassungsgericht hat erkannt, dass diese Einhaltung unter keinen Umständen zu unterbrechen ist, ganz unabhängig von irgendwelchen Leistungen, die gesetzlich vom "Kunden" erwartet werden. Nur so kann Soziales und Menschenwürde bewahrt werden.

Wenn wir wirklich eine zutiefst soziale Gesellschaft sein wollen, dann MUSS das Grundgesetz die oberste Priorität haben.

Wie soll diese Priorität nur mit Sanktionen im SGB II einzuhalten sein?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Abels,

vielen Dank für ihre Nachricht vom 9. Juli.

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 wurde die damals bestehende Regelung für die Berechnung der Hartz IV-Sätze für verfassungswidrig erklärt. Grundsätzlich stufte das Gericht jedoch die in den Ausgangsverfahren geltenden Regelleistungen (345 Euro, 311 Euro und 207 Euro) zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums "nicht als evident unzureichend" ein. Zudem machte das Gericht deutlich, dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums besonders weit sei. Im Übrigen lässt sich aus dem Urteil nicht herleiten, dass Sanktionen verfassungswidrig sind. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in diesem Urteil nicht mit dieser Frage beschäftigt.

Sanktionen sind aus meiner Sicht grundsätzlich notwendig. Ich lehne die radikale Abschaffung aller Sanktionen ab. Die Tatsache, dass Leistungen des Staates an bestimmte Pflichten gebunden sind, stößt auch bei den Betroffenen auf Zustimmung. Der überwiegende Teil der Betroffenen weiß, warum eine Sanktion gegen ihn oder sie ergangen ist und 80 Prozent der Betroffenen haben zudem auch die Rechtsschutzbelehrung verstanden. Sie wissen also, welche Folgen ihr Handeln hat. Es gibt somit ein grundsätzliches Verständnis der Betroffenen dafür, dass es Sanktionen gibt und warum es sie gibt.

Im Übrigen lehne ich die verschärften Sanktion für unter-25-Jährige ab. Es gibt aus meiner Sicht keine wirklich guten Gründe, warum diese Personengruppe härter bestraft werden sollten als Ältere. Ich finde auch, dass diese Sanktionen als erzieherische Maßnahme ein ganzes Stück überbewertet werden. Ich bezweifle, dass möglichst scharfe Sanktionen dazu führen, dass sich bei jungen Erwachsenen Verhaltensänderungen einstellen oder dadurch gar eine Nachsozialisation möglich wird. Nach meinen Informationen gibt es inzwischen auch konkrete Planungen diese Sanktionen abzuschaffen und Jugendliche zukünftig wie Erwachsene zu behandeln.

Eine interessante Studie zu den Auswirkungen der Sanktionen finden sie unter
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-1514.pdf .

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Kolbe