Cornelius Bechtler
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Cornelius Bechtler zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Konrad M. •

Frage an Cornelius Bechtler von Konrad M. bezüglich Umwelt

Was muß nach Ihrer und Ihrer Partei Auffassung vorrang haben: Erneuerbare, fossilgespeiste oder atomare Energie ? Sind Sie für optimale Nutzung von Windparkmöglichkeiten auch in den Grenzen der Haupststadt oder halten Sie "Verspargelung" für ein seriöses Argument ?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

SEHR GEEHRTER HERR MüLLER,

aufgrund eines vierwöchigen Auslandsaufenthaltes antworte ich Ihnen erst jetzt. Hierfür bitte ich um Ihr Verständnis.

Die KLIMAVERäNDERUNGEN führen zu der Notwendigkeit, die Energiegewinnung durch fossile Energieträger (Kohle, Öl, Gas) systematisch durch regenerative Energien zu ersetzen. Ich bin überzeugt: Den regenerativen Energien gehört die Zukunft.

Immer wieder gibt es hinsichtlich der Klimaveränderungen beunruhigende Nachrichten. Kürzlich wurde über eine Auseinandersetzung zwischen Kanada und Europa über den internationalen Status der Nordwest-Passage zwischen Atlantik und Pazifik berichtet. Auslöser ist die Klimaerwärmung, die dafür sorgt, dass die Eismassen im Nordpolarmeer abschmelzen und schon in einigen Jahren eine Schiffspassage nördlich von Kanada zulassen. Das sind unübersehbare Zeichen, die für eine deutliche Klimaveränderung sprechen und die wir sehr ernst nehmen müssen.

Das ERNEUERBARE ENERGIEN GESETZ (EEG) ist dabei nur der Einstieg in die Erzeugung von Energien aus regenerativen Quellen. Die Nutzung von Sonne, Wind, Wasser, Biomasse oder Erdwärme muss in den nächsten Jahren weitere Entwicklungssprünge erreichen. Die Politik hat dabei die Aufgabe, einerseits günstige RAHMENBEDINGUNGEN zu schaffen, aber auch entsprechende ANREIZE zu setzen. Die systematisch sinkende Vergütung für Strom aus Sonne oder Wind ist dabei ein wichtiges Instrument, um neue Solarzellen oder Windräder mit deutlich höherer Effizienz herzustellen.

Wir sind jedoch noch weit von einem Energiesystem entfernt, das auf regenerativen Energien gründet. Die MONOPOLSTRUKTUREN BEI DEN ENERGIEVERSORGERN, die gleichzeitig Eigentümer der Stromnetze sind und damit ihre Marktmacht einsetzen, ist für entsprechende Veränderungen ein Klotz am Bein. Die Energieversorger wollen noch immer in der Hauptsache Energie verkaufen. Je mehr Energie erzeugt und abgesetzt wird, um so höher sprudeln die Gewinne der Energieriesen. Die Marktmacht wird zudem dafür ausgenutzt, kontinuierlich an der Preisschraube zu drehen. Das Interesse, möglichst viel Energie zu verkaufen, verhindert jedoch, dass die Effizienz beim Energieverbrauch im notwendigen Maß erhöht wird. Investitionen in neue, zukunftsträchtige Energiesysteme sind jedoch rar. Die Monopolstrukturen führen übrigens auch dazu, dass immer weniger in die Erhaltung der Infrastruktur investiert wird. Der flächendeckende Ausfall von Strom (Black out) im Münsterland im Winter 2005 durch Eisregen und Schneefall hat auch die Frage aufgebracht, ob notwendige, dringend anstehende Erhaltungsinvestitionen bewusst herausgeschoben worden sind. Und dabei türmen sich Milliardenbeträge bei den Energieriesen auf. Es gibt kaum ein Markt, bei dem Sie einen so hohen Gewinnanteil am Umsatz haben.

Wir brauchen jedoch für die Zukunft Energieunternehmen, die keine Energie, sondern ENERGIEVERSORGUNG anbieten und verkaufen. Möglichst effizient, aus regenerativen Energien, dezentral erzeugt, möglichst in der Nähe der Verbraucher, um Strom und Wärme optimal nutzen zu können. Für diese Energieversorger kann es sich lohnen, anstatt in neue Kraftwerke in ENERGIEEINSPARUNG zu INVESTIEREN. Ein süddeutscher, kommunaler Energieversorger hatte mit diesem Motiv bereits in den 90er Jahren Energiesparlampen den Verbrauchern zukommen lassen, um den Verbrauch zu senken. Sehr große Einsparpotentiale bestehen bei der Wärmeerzeugung in privaten Haushalten.

Ich bin der Auffassung, dass mit der MONOPOLSTRUKTUR, wie sie derzeit in Deutschland besteht, eine vollständige regenerative Energieerzeugung nur sehr schwer zu erreichen ist. Die NETZE müssen dabei IN öFFENTLICHE HAND, so dass richtiger Wettbewerb überhaupt erst möglich wird.

ENERGIEGEWINNUNG AUS AKWS halte ich für absolut unverantwortbar. Es fiel mir sehr schwer zu akzeptieren, dass die damalige rot-grüne Regierung entsprechende Laufzeiten mit den Kraftwerksbetreibern vereinbart hatte. Es fällt schwer uns vorzustellen, wie die Menschen vor 10.000 Jahren gelebt haben. In 10.000 tausend Jahren ist der Atommüll immer noch eine tödlich Fracht. Die Nutzung der Atomenergie ist gegenüber zukünftigen Generationen nicht zu verantworten.

Mit der CO2-Neutralität sieht es übrigens auch nicht sehr überzeugend aus: Für die Gewinnung von Uran werden ganze Landschaften umgegraben. Die Herstellung der Brennstäbe ist sehr energieaufwendig. Hierfür werden natürlich fossile Energieträger eingesetzt. Dann werden sie aus Sibirien, Kanada, den USA oder Australien nach Europa transportiert. Selbst Jahre nach der Abschaltung müssen die Reaktoren und die Zwischenlager betrieben werden. Auch hierbei entsteht CO2. Letztlich liegt die Erzeugung von CO2 durchaus in einem vergleichbaren Bereich wie der Steinkohle. Es bleibt dann aber immer noch der Atommüll. Für unzählige Generationen.

Berlin wird bestimmt nicht zum Land der Windräder. Das Baugesetzbuch gibt den Kommunen - in diesem Fall Berlin - gute Steuerungsmöglichkeiten an die Hand. Leider wurden diese in manchen Landstrichen zu wenig genutzt. Nicht immer sind Windräder an Standorten entstanden, die eine entsprechende "Windhöfigkeit" sicherstellen. Auch bestehen dadurch Möglichkeiten, Aspekte des Landschaftsschutzes zu berücksichtigen. Hier gibt es gut wie schlechtere Beispiele. Dies hat nicht immer dem Ansehen der Windkraft genutzt. Prinzipiell können wir auf die Windkraft nicht verzichten und sie wird zunehmend zu einem wichtigen Energieerzeuger aus regenerativen Quellen. In den Bezirken Pankow und Spandau, aber auch in Köpenick halte ich die Anlage von einzelnen Windkraftanlagen für sinnvoll und wünschenswert.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten und stehe gerne für Nachfragen zur Verfügung (Mail: mail@cornelius-bechtler.de ).

Vielen Dank für Ihre Geduld und freundliche Grüße

Cornelius Bechtler