Cornelius Bechtler
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Karsten O. •

Frage an Cornelius Bechtler von Karsten O. bezüglich Umwelt

Hallo Herr Bechtler,
leider muß ich auch dieses Jahr beobachten, wie die Rasenflächen u.a. im sehr beliebten Pankower Bürgerpark verkümmerten. Der Rasen wurde nicht gemäht und mittlerweile resultiert das letzte Grün aus den überlebenden Unkrautpflanzen. Warum ist es nicht möglich, den Rasenflächen ein Mindestmaß an Pflege zukommen zu lassen?
Angenommen der Bezirk kann und möchste dafür keine Mittel zur Verfügung stellen. Für welche Lösung werden Sie sich einsetzen?
Viele Grüße
Karsten Obst

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Obst,

im Juli waren die Wiesenflächen im Bürgerpark in Pankow tatsächlich stellenweise durch die Sonne verbrannt. Die Liegewiesen werden stark beansprucht. Der Bürgerpark wird – glücklicherweise – intensiv genutzt. Für mich ist dies auch ein deutlicher Hinweis dafür, wie wichtig der Erhalt und die Pflege von Grünflächen sind.

Jede Parkanlage hat ein Pflegeprogramm. Dies richtet sich nach dem Pflegeaufwand und der Beanspruchung durch die Parkbesucherinnen und Besucher. Um einer Pauschal-Kritik gegen die Mitarbeiter des Amts für Umwelt und Natur gleich vorzubeugen, möchte ich betonen, dass sich die Grünanlagen in Pankow angesichts der schlechten Finanzierung aus meiner Sicht (noch) in einem erstaunlich befriedigendem Zustand befinden.

Kurz möchte ich zum Hintergrund Ihrer Frage aus meiner Sicht Stellung nehmen:

Der Landesrechnungshof stellte in seinem Bericht 2001 fest, dass die sinkenden Haushaltsansätze für die Unterhaltung der Grünflächen (Summe, die im Haushalt für diese Aufgaben vorgesehen sind) den Bestand der Grünanlagen langfristig gefährden.

Bereits in der zweiten Hälfte der 90er Jahre nahm berlinweit die schlechte Finanzierung für die Unterhaltung der Grünanlagen nur noch schwer vertretbare Ausmaße an:

Standen 1996 noch knapp 50% des eigentlich ermittelten Bedarfs zur Verfügung, so sank dieser Wert 2000 bereits auf unter 40%. Die Situation hat sich seither leider nicht verbessert.

Stellen Sie sich bitte vor, Sie haben für Ihr Haus nur 40% der Mittel, die für den Erhalt notwendig wären. In einigen Jahren werden die Probleme zunehmen. Irgendwann wird Ihr Haus nicht mehr zu bewohnen oder sehr teure Sanierungsmaßnahmen erforderlich sein.

Der Rechnungshof weist dabei unmissverständlich auf die Folgen der fehlenden Unterhaltungsmittel hin:

Mit den zu geringen Mitteln seien nur noch die notwendigsten Maßnahmen zur Sicherung der Verkehrssicherheit (z.B. die Beseitigung von morschen Ästen) und Maßnahmen zur der Beseitigung von Vandalismus-Schäden durchzuführen. Folge sei ein verhängnisvoller Kreislauf, der zu einem zunehmend schlechteren Zustand der Grünanlagen führt, da dadurch die Hemmschwelle für Vandalismus weiter herabgesetzt würde.

(Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2001, T 391 bis 397, Link)

Der Bezirk Pankow musste zudem seit dem Haushaltsjahr 2005 weiter sinkende Zuweisungen durch die Senatsverwaltung für die Pflege und Unterhaltung der Grünanlagen verkraften. Der tatsächlich erhöhte Pflegebedarf für Grünanlagen in Berlins Zentrum („Grünanlagen mit hauptstädtischer Funktion“) wurde nun aus der Gesamtsumme herausgenommen. Die Folge ist nun, dass für den großen Rest der Grünanlagen deutlich weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Pankow verfügt hiermit nur noch über knapp 1,5 Mio. € für die Unterhaltung seiner Grünanlagen.

Damit Sie eine Vorstellung von dieser Summe erhalten: Pankow besitzt über 1.300 ha Grünanlagen. Diese müssen gepflegt, schadhafte Pflanzungen ersetzt, Wege unterhalten, angrenzende Straßen und Wege von Schnee beräumt und von Schmutz gereinigt oder Müll aus den Grünanlagen beseitigt werden.

Der zunehmend schlechte Zustand unserer Grünanlagen ist eine direkte Folge der Finanznot von Berlin. Die Grundlagen dieser katastrophalen finanziellen Lage wurde durch die damalige Große Koalition – CDU und SPD – geschaffen. Die damaligen handelnden Personen - wie Diepgen, Landowsky, Staffelt, Böger & Co - haben dies u.a. zu verantworten.

Wie Sie sehen, ist die Situation sehr schwierig. Es wäre meiner Ansicht nach unredlich, wenn ich Ihnen nun einfache Lösungen vorschlagen würde.

Ich bin der Überzeugung, dass wir uns das kaputt sparen unserer Grünanlagen längerfristig einfach nicht leisten können. Wie Sie an dem Beispiel mit dem Haus gut nachvollziehen können, wird dies irgendwann auch sehr teuer. Hinzukommt, dass die Rechnung dafür die nächste Generation erhält.

Folgende Überlegungen müssen wir uns machen:

Unterhaltungsmittel noch effizienter einsetzen
Zunehmend müssen wir Geld für die Müllbeseitigung aufwenden. Das ist wirklich raus geschmissenes Geld. Hier brauchen wir gezielte Informationen der ParkbesucherInnen, aber auch Sanktionen für uneinsichtige Menschen. Das Ordnungsamt muss dafür noch stärker eingesetzt werden zu Zeiten, bei denen die Parks auch genutzt werden. Das ist oft an Wochenenden und in den Abendstunden der Fall.

Pflegeprogramme der Grünanlagen stärker an naturnahe Bewirtschaftung anpassen
In Grünanlagen bzw. in Teilen von Grünanlagen, die nicht so intensiv genutzt werden, kann eine naturnahe Gestaltung zu Kosteneinsparungen führen. So verzichtet man auf den regelmäßigen Schnitt des Rasens. Das Aussähen von Wiesen-Blütenpflanzen kann sogar eine schöne Alternative für den englischen Rasen sein. Selbstverständlich geht dies nicht überall und muss sich in ein Gesamtkonzept einfügen. Wir brauchen in der Stadt auch Rasenflächen als Liege- und Spielflächen. Diese werden intensiv genutzt und brauchen eine regelmäßige Pflege.

Bürgerschaftliches Engagement für unsere Parks und Grünanlagen
Wir brauchen die Unterstützung durch die Bürgerinnen und Bürger. Ich würde mir wünschen, dass wir für jede Grünanlage eine Initiative oder einen Bürgerverein haben. Diese Personen können selbstverständlich nicht die Pflege der Parks übernehmen. Das Engagement ist aber sehr wichtig, damit bessere Lösungen für die Gestaltung der Parks gefunden werden, die den tatsächlichen Bedürfnissen der NutzerInnen entsprechen. Eine größere Identifikation mit unserem öffentlichen Eigentum führt auch zu weniger Vandalismus-Schäden.
Dafür müssen wir den aktiven BürgerInnen auch etwas anbieten: Mitspracherechte bei der Gestaltung und bei Problemlösungen. Und es ist einfach gut, wenn ein Teil der ParknutzerInnen auch ein wenig mit aufpasst.

Einzelne Aufgaben an externe Firmen vergeben
Bestimmte Aufgaben können durch Private preiswerter durchgeführt werden. Dies ist z.B. beim Schnitt der Bäume durchaus schon üblich. Hier müssen wir noch stärker nach Einsparpotentialen suchen.

Trotz allen notwendigen Einsparmaßnahmen und dem effizienteren Einsatz der knappen finanziellen Mittel kommen wir nicht umhin, die Mittel für die Unterhaltung unserer Grünanlagen wieder zu erhöhen. Es wird sehr schwer werden, diese Mittel in unseren klammen Haushalten aufzubringen. Wir dürfen jedoch den nächsten Generationen keine heruntergewirtschafteten Grünanlage hinterlassen. Das wird nämlich noch teurer.

Ein Eintritt für Grünanlagen lehne ich ab. Unsere Parks müssen für alle BürgerInnen zu nutzen sein. Deshalb müssen wir alle etwas dafür tun, damit die knappen Gelder für sinnvolle Maßnahmen ausgegeben werden und nicht in die Beseitigung von Vandalismus-Schäden oder von liegengebliebenen Müll fließen.

Mit freundlichen Grüßen

Cornelius Bechtler