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Christoph Meyer
FDP
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Frage von Uwe G. •

Frage an Christoph Meyer von Uwe G. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Meyer,

ich habe an Sie ein paar Fragen.

1) In den vergangen Wochen/Monate wurden in Berlin Autos und Kinderwagen in Hausfluren angezündet. Des weiteren wurden in öffentlichen Verkehrsmitteln Leute Opfer von Gewalttaten. Was ist Ihr Konzept das so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen?
2) Der Volksentscheid zur Senkung der Wasserpreise war ja positiv. Das Kartellamt hat ja festgestellt das die Wasserpreise in Berlin zu hoch sind. Was wollen Sie Unternehmen damit die Wasserpreise in Berlin schnellst möglich sinken ?
3) Die Beamten in Berlin haben ja in den letzten Jahren mitgeholfen den Haushalt zu konsolidieren. Ihnen wurde das 13 Monatsgehalt/Weihnachtsgeld auf 600€ zusammengestrichen und das Urlaubsgeld ganz gestrichen. Für 2010 und 2011 haben Sie insgesamt 3% Gehaltserhöhung bekommen. Ganz zu schweigen von der Kostendämpfungspauschale. Wann werden die Beamten im Gehalt den Bundesdurchschnitt angepasst, bzw. mind. den Land Brandenburg was meiner Recherche nach vorletzte in der Besoldung sind, angepasst. ( bitte ohne Hinweis auf die Haushaltslage bzw. Unkündbar von beiden kann ich mir nichts kaufen, der Senat hat sich ca. 9% die Diäten erhöht )
4) Was wollen Sie unternehmen damit die Mieten in Berlin auch weiterhin bezahlbar bleiben ?
5) Was sind Ihre Pläne damit die Kluft zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinander driftet?

Mit freundlichen Grüßen

U. Günther Beamter, verheiratet, Alleinverdiener und laut dem statistischen Bundesamt der Mittelschicht angehörend.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Günther,

Straftaten lassen sich leider nie ganz verhindern. Neben der polizeilichen Arbeit spielt bei der Bekämpfung der Kriminalität jedoch grundsätzlich auch die Prävention eine große Rolle. Die Polizei hat jedoch die Möglichkeit durch eine Erhöhung des Verfolgungsdrucks potentielle Straftäter abzuhalten oder bereits erfolgte Straftaten aufzuklären. Die Polizei stößt jedoch dort an Ihre Grenzen, wo sie durch eine planlose Politik nicht mit ausreichend Personal ausgestattet wird. Die FDP setzt sich seit Jahren dafür ein, dass im Bereich des Öffentlichen Dienstes eine umfangreiche Aufgabenkritik erfolgt. Nachdem die FDP mit Ihrer Forderung nach weniger Personal im Öffentlichen Dienst jahrelang allein stand, ist dies heute nahezu Konsens bei allen Parteien. Während rot-rot jedoch mit der Rasenmähermethode Personal planlos abgebaut hat, fordert die FDP zunächst die Aufgaben zu reduzieren und das Personal entsprechend anzupassen. Die zwingend hoheitlichen Aufgaben, wie z.B. die Polizei müssen jedoch mit so viel Personal ausgestattet werden, dass die übertragenden Aufgaben auch tatsächlich erbracht werden können. Die Senatsverwaltung für Inneres hat im Vergleich mit Hamburg einen Mindestpersonalbestand von 16.160 festgelegt. Aktuell erreichen wir nicht einmal diesen Personalbestand, so dass wir fordern ca. 300 zusätzliche Polizisten einzusetzen. Diese waren im Landeshaushalt auch vorgesehen, so dass finanzielle Zwänge hier nicht herangezogen werden können. Darüber hinaus wollen wir die Polizeiarbeit wieder dahingehend abändern, dass der einzelne Polizist wieder zum Ansprechpartner vor Ort wird. Die Abschaffung der Kiezstreifen hat sich nach unserer Auffassung nicht bewährt.
Bezüglich der Bekämpfung der brennenden Autos, ist festzustellen, dass zumindest ein großer Teil der Taten einen linksextremistischen Hintergrund hat bzw. von eventorientierten Jugendlichen mit Sympathien für die linke Szene begangen werden. Eine solche gesellschaftliche Entwicklung lässt sich nicht kurzfristig lösen. Die FDP hat daher bereits vor 2 Jahren gefordert, dass auch die Präventionsarbeit gegen den Linksextremismus gestärkt werden muss und z.B. zum Gegenstand der schulischen Ausbildung gemacht wird. Insbesondere im Bereich der linken Szene vermisse ich die Toleranz für Andersdenkende, so dass dort ein neues Bewusstsein geschaffen werden muss. Diese fehlende Toleranz zeigt sich auch bei den brennenden Kinderwagen. In den letzten Tagen konnten wir der Presse entnehmen, dass die Motive für das Anzünden von Kinderwagen in der Abneigung gegenüber zugezogenen Schwaben liegen soll. Eine solche Entwicklung halte ich für sehr bedenklich und mit den liberalen Grundsätzen nicht vereinbar. Hier muss es auch Aufgabe der Politik sein, für mehr Toleranz zu sorgen und Straftaten konsequent zu missbilligen, statt wie von den politischen Mitbewerbern zum Teil erfolgt, Verständnis für die Motive zu zeigen oder mit dem Hinweis auf bestehenden Versicherungsschutz die Taten zu verharmlosen.

Die öffentliche Diskussion zu dem Volksbegehren „Unser Wasser" zeigt, dass eine transparente Berliner Wasserpolitik dringend notwendig ist. Die Wasserpreise, die Unternehmen und private Haushalte zahlen müssen, sind wegen politischer Entscheidungen höher als notwendig. Vor allem der Senat treibt durch Abgaben und eine hohe Kapitalverzinsung die Wasserpreise nach oben. Nun möchte er die Wasserbetriebe am liebsten zurück erwerben. Laut einem Zeitungsinterview mit Senator Wolf besteht dabei aber kein Spielraum für Preissenkungen, da die Einnahmen aus den zusätzlichen Anteilen an den Wasserbetrieben dafür benötigt würden, Zins und Tilgung für die Kredite zum Erwerb der Anteile zu bezahlen. Ähnlich hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Müller
geäußert. Auch ein Erwerb der heute in Rede stehenden RWE-Anteile bringt für die Bürgerinnen und Bürger keine Vorteile. Bei den derzeitigen Strukturen der Wasserbetriebe hat der Senat seine Position als Mehrheitseigentümer nicht nutzen können, dies wird sich auch durch eine Aufstockung der Anteile nicht wesentlich ändern. Wenn der Senat die Wasserpreise senken will, dann hat er heute schon Möglichkeiten dazu, z.B. durch eine schrittweise Abschaffung des Grundwasserentnahmeentgeltes oder den Verzicht auf einen Teil der überhöhten Gewinne, die das Land derzeit aus den Wasserbetrieben zieht. Wenn es dem Senat mit der Senkung der Wasserpreise ernst ist, muss er zuerst die Möglichkeiten nutzen, über die er bereits verfügt. Eine wesentliche Möglichkeit zur Reduzierung der Wasserpreise und zu einer transparenteren Struktur der Wasserwirtschaft hat der Senat im Zuge des Verkaufs von Gesellschafteranteilen, den z.B. RWE bereits angekündigt hat. Sollten Gesellschafteranteile durch weitere Investoren erworben werden, müssen die bestehenden Verträge aus dem Wasservertragskomplex entsprechend geändert werden. Auch wenn der Verkauf der Anteile keiner formalen Zustimmung des Senates bedarf, müssen alle Vertragspartner wohl den da raus resultierenden weiteren Vertragsänderungen zustimmen. Dies ermöglicht es dem Senat, die für die Bürger wichtigen Fragen wie die Senkung der Kapitalverzinsung und die Schaffung einer transparenten und wettbewerbsfähigen Gesellschaftsstruktur zielgerichtet neu zu verhandeln.
Langfristiges Ziel muss es sein, die bestehende Struktur der Berliner Wasserbetriebe neu zu gestalten. Auf Grund der Monopolsituation im Bereich Wasser und den berechtigten politischen Zielsetzungen (z.B. der Umweltpolitik) sollte das Eigentum bzw. die Verantwortung für die Wasserinfrastruktur (Netze, Anlagen) auf das Land Berlin übertragen und deren Betrieb auf Zeit im Wettbewerb ausgeschrieben werden. So sichert sich der Senat einen Einfluss auf die Wasserwirtschaft durch die Möglichkeit, Rahmensetzungen und Ziele vorzugeben. Der operative Betrieb kann dann durch professionelle Betreiber optimiert werden, die dafür deutlich besser geeignet sind als der Berliner Senat. Auch wenn eine solche grundlegende Änderung der Gesellschaftsstruktur formal erst ab 2028 möglich ist, muss der Senat jetzt die Grundlagen schaffen und ein tragfähiges Konzept für eine solcherart geänderte Gesellschaftsstruktur entwickeln. Das Konzept muss Meilensteine und entsprechende Übergangslösungen bis zum frühst möglichen Vertragsende enthalten.

Die FDP hat sich bereits bei den letzten Beratung zur Besoldungsanpassung dafür eingesetzt, dass den Berliner Beamten eine klare Perspektive aufgezeigt wird, wann eine Angleichung an den Bundesdurchschnitt erfolgen kann. Die Forderung der FDP nach einem Zukunftskonzept für den Öffentlichen Dienst, hat einen Zeitraum bis zum Jahr 2017/2018 vorgesehen. Berlin kann es sich insbesondere im Hinblick auf dem demografischen Wandel und den zu erwartenden Wettbewerb um die besten Köpfe nicht erlauben im Bereich der Besoldung seine Bediensteten schlechter zu stellen. Wie bereits bei der Frage zu 1 ausgeführt, ist es vorher jedoch dringend erforderlich, dass eine umfangreiche Aufgabenkritik erfolgt und sich der Staat auf seine hoheitlichen Kernaufgaben konzentriert. Ein schlanker und effektiver Personalkörper kann auch besser bezahlt werden.
Bezüglich ihres Hinweis auf die letzte Diätenerhöhung erlaube ich mir den Hinweis, dass sich die Diäten von Abgeordneten an der Besoldung von Richtern orientieren. In Berlin haben wir ein Halbtagsparlament, so dass die Diät auch nur einen Teil der Richterbesoldung entspricht. In den letzten Jahren haben die Abgeordneten mehrfach auf einen Diätenerhöhung verzichtet, obwohl die Vergleichsbesoldung gestiegen ist. Mit der letzten Diätenanpassung wurde diese Lücke zum Teil geschlossen. Der in der Bevölkerung bestehende Eindruck, dass die Diäten von den Abgeordneten wahllose festgelegt werden oder stärker steigen, als z.B. die Besoldung der Landesbeamten ist daher nicht gerechtfertigt.
Um langfristig eine ausreichende Wohnungsversorgung sicherzustellen, brauchen wir vor allem Wohnungsneubau. Nur durch den Neubau von Wohnungen können eine Verknappung von Wohnraum und damit verbundene Preissteigerungen vermieden werden. Dies wird im ausreichenden Volumen nur durch Private möglich sein. Deshalb bedarf es weiterer Flächenausweisungen für Wohnprojekte, besonders auch im Innenstadtbereich. Ebenso wollen wir landeseigene Grundstücke gezielt dafür nutzen, preiswerten Wohnungsbau zu ermöglichen. Diese sollen in einem Festpreisverfahren mit einem Wettbewerb um architektonische Qualität und nicht einfach zum höchsten Preis verkauft werden. Zusätzlich sollen die Vergaben landeseigener Grundstücke kleinteiliger werden, denn dies ermöglicht auch privaten Personen Wohneigentum neu zu errichten. Das gilt insbesondere für genossenschaftliches Bauen und Baugruppen, denen wir Chancen eröffnen wollen, ihre Pläne umzusetzen. Auf der anderen Seite muss die Entwicklung eines prosperierenden Wohnungsmarktes zu gelassen werden. Investitionen in Neubau und Sanierung müssen refinanzierbar sein.
Für Mieter mit niedrigem Einkommen setzen wir auf eine Subjektförderung durch Wohngeld. Die direkte Förderung von Bauobjekten durch öffentliche Mittel lehnen wir ab, da dabei nur ein Teil der eingesetzten Mittel tatsächlich zu Mietsenkungen führt und zu viele Mittel im System versickern, wie die Erfahrungen Berlins zeigen. Auch der Neubau von Eigentumswohnungen entlastet den Mietermarkt, da durch den Umzug in Eigentumswohnungen Mietwohnungen frei werden. Gleichzeitig sichert Wohneigentum langfristig stabile Wohnkosten. Deshalb ist unser Ziel, die Eigentumsquote zu erhöhen. Wenn landeseigene Wohnungen verkauft werden, müssen diese zuerst den Mietern zum Kauf angeboten werden. Die gezielte Senkung von Mietnebenkosten durch Reduzierungen z.B. der Grundsteuer und der Wasserpreise wirkt ebenfalls dämpfend auf den Mietzins.
Wir wollen keine soziale Entmischung der Quartiere, denn damit entstehen monofunktionale Strukturen für einseitige Nutzungsinteressen. Berlin solle eine Stadt mit attraktiven, vielfältigen aber auch sehr unterschiedlichen Quartieren bleiben. Daher ist es Aufgabe der Stadtentwicklung, hier Konzepte zu entwickeln, die auch unterschiedliche Wohnungsangebote in den verschiedenen Quartieren zu lassen. Hierzu müssen die bestehenden Flächenreserven, wie Brachflächen, aktiviert und neu geplant werden. Wir begrüßen ausdrücklich die Revitalisierung und Aufwertung von Stadtteilen. Nur durch private Investitionen kann langfristig ein ausgewogenes und vielfältiges Wohnraumangebot in den unterschiedlichen Stadtteilen gewährleistet werden. Aber auch eine gezielte Subjektförderung statt einer allgemeinen Objektförderung ist ein Mittel, um eine langfristig ausgewogene, soziale Durchmischung der Quartiere zu ermöglichen.
Lassen Sie mich auch Ihre letzte Frage beantworten, Herr Günther. Viel zu viele Berliner sind von Armut betroffen und leben in prekären Verhältnissen und dass, obwohl allein aus dem Berliner Landeshaushalt 4,6 Mrd. für den Bereich Soziales verwendet werden. Das ist nicht sexy, sondern ein gesellschaftlicher Skandal. In den meisten Fällen ist Armut die Folge von Arbeitslosigkeit oder/und schlechter Bildung. Wir wollen Armut nachhaltig bekämpfen. Beschäftigungsmaßnahmen, wie z.B. der öffentliche Beschäftigungssektor, oder möglichst hohe Sozialleistungen doktern nur an Symptomen herum. Ein Arbeitsplatz ist der beste und nachhaltigste Schutz vor Armut. Eine gute Bildung und Ausbildung bieten die beste Gewähr für einen Arbeitsplatz.

Darum wollen wir die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entfaltung der Stadt setzen. Dazu zählen Bürokratieabbau, die Senkung von Abgaben, mehr Wettbewerb in bisher abgeschotteten Bereichen wie der Daseinsvorsorge und die aktive Einwerbung von Kapital in Form von Investitionen und Beteiligungskapital. Wir müssen aber auch die anstehenden Infrastrukturprojekte dieser Stadt, wie z. B. den Weiterbau der A100 durchführen. All dies schafft Arbeitsplätze und senkt damit die Armutsquote.

„Hartz IV“ ist eigentlich als kurzfristige Übergangslösung bis zu einer neuen Arbeitsstelle, nicht aber als gesellschaftliche Stilllegungsprämie gedacht. Darum werden wir alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen danach ausrichten, ob sie einen Einstieg im ersten Arbeitsmarkt fördern. Wir werden dafür sorgen, dass Arbeitsvermittler den engen und direkten Austausch mit Unternehmen suchen, um die Bedarfe zu erkennen und Arbeitsuchende schnell auf offene Stellen zu vermitteln.

Ich hoffe Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Meyer

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