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Frage von Angela R. •

Frage an Christian Wulff von Angela R. bezüglich Bildung und Erziehung

Doppelabi 2011: Gefahr für ALLE SchülerInnen Niedersachsens!

Sehr geehrter Herr Wulff,

viele Eltern aus der Region Hannover machen sich wegen der durch die Schulreform eingetretenen Veränderungen große Sorgen.
Beim Vergleich der jeweiligen Erlasse der 9. und 10. Gymnasial-Jahrgänge waren uns einige Sachverhalte unklar. Das Kultusministerium antwortete uns wie folgt:

1. Die jetzigen 9. Klassen müssen am Ende der 10. Klasse das Wissen der heutigen 10. Klassen nach deren 11. Schuljahr erreicht haben. Das ist unmöglich; das fehlende Gymnasialjahr in Jg. 5 und der Wegfall der Klasse 11 verhindern das Aufholen des Lernstoffes. Die jetzigen 9. Gymnasialklassen haben statt 8 nur 7 Jahre diese Schulform besucht!

2. Beide Jahrgänge werden zusammen dieselben Oberstufenkurse besuchen.
Diese Bedingungen werden sie vorfinden:
- große Lernstandunterschiede
- große Kurse
- dadurch:
o Altersdifferenzen von bis zu 4 Jahren in einem Kurs
o Kenntnisrückstände von 1,5 Schuljahren
o Kurse, in denen sich fremde SchülerInnen sind
- keine Rücksicht im Zentralabitur auf Nicht-Erlerntes des jetzigen 9. Jahrgangs; es würden Themen erfragt werden, die den SchülerInnen fremd sind.

Nun ein Hinweis auf die Lage ALLER Kinder, die ihren Schulabschluss 2011 und später ablegen werden:
2011 werden nach Prognosen der Kultusministerkonferenz bundesweit 488.000 SchülerInnen Ausbildungs- und Studienplätze nachfragen. Das sind 74.000 SchülerInnen mehr als 2006, dem bundesweit letzten Jahr ohne Doppelabi. Dieser „Berg“ wird sich lange nicht abbauen:
1.822.000 (Fach-) Abiturienten werden zwischen 2012 und 2015 ebenfalls nach Ausbildungs- und Studienplätzen suchen!
Die Umstellung auf Bachelor/Master- Studiengänge kostet weitere Studienplätze.
Der Hochschulpakt 2020 schafft bis 2010 nur 90.000 zusätzliche Studienplätze!

VIELE (FACH-)ABITURIENTEN BEGINNEN BERUFSAUSBILDUNGEN, ALLE ANDEREN SCHÜLER HABEN DAS NACHSEHEN!
WELCHE LÖSUNGEN HAT IHRE REGIERUNG FÜR DIESE PROBLEME?

Mit freundlichem Gruß

Angela Rettinger

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Rettinger,

Bildung ist in der heutigen Wissensgesellschaft ein Gut, das nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Daher haben wir in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen wettbewerbsfähiger zu machen. Unsere Universitäten und Hochschulen geben den Studierenden durch eine stärkere Praxisorientierung und Internationalisierung das richtige Rüstzeug, um im internationalen Wettbewerb um die fähigsten Köpfe erfolgreich sein zu können. Hierzu gehört auch der Altersdurchschnitt. Hierfür sind drei Aspekte notwendig: eine frühere Einschulung, ein Abitur nach zwölf Jahren und die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge. Fraglos ist diese Umstellung mit Herausforderungen verbunden, denen wir uns stellen müssen. Ich habe jedoch großes Vertrauen in die Lehrerinnen und Lehrer im Lande, dieser Herausforderung gerecht zu werden und die individuellen Fähigkeiten zu fördern. In Zusammenarbeit mit den Hochschulen und der Wirtschaft werden wir das Angebot an Studien- und Ausbildungsplätzen erhöhen, um eine Benachteiligung des doppelten Abiturjahrganges 2011 zu verhindern. Ich werde mich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die Menschen in Niedersachsen die bestmögliche Bildung und Ausbildung erhalten, um in der Arbeitswelt bestehen und Zukunftschancen für Niedersachsen erschließen können.

Bis zum Jahr 2016 werden alle 16 Bundesländer das Abitur nach 12 Jahren eingeführt haben. Niedersachsen stellt zeitgleich mit Bayern auf das achtjährige Gymnasium um. In vielen anderen europäischen Ländern ist das Abitur nach zwölf Jahren bereits eingeführt. Damit deutsche Schulabsolventen im europäischen Wettbewerb konkurrieren könne, ist diese Verkürzung der Schulzeit sinnvoll.
Es trifft zwar zu, dass die Schüler des jetzigen 9. Schuljahrgangs die ersten sein werden, die das Abitur nach 12 Jahren machen werden. Es trifft aber nicht zu, dass sie dazu "im nächsten Jahr einiges aufholen" müssten. Richtig ist nämlich, dass diese Schüler bereits seit dem 6. Schuljahr mehr Unterrichtsstunden haben als die Schüler des jetzigen 10. Schuljahres, und dass z.T. schon mit bestimmten Fächern und Lehrinhalten früher begonnen wurde (z.B. dritte Fremdsprache, naturwissenschaftliche Fächer, Erdkunde und Politik-Wirtschaft. Sie haben also den Unterrichtsstoff bereits vorgezogen und müssen nun keineswegs den Stoff von drei Jahren Oberstufe in nur zwei lernen.
Es trifft ebenfalls nicht zu, dass die Schüler der 9. Jahrgangsstufe "in den Kernfächern zusätzlich 1,5 Sonderstunden erhalten und damit mit der "Sporttheorie" auf 37,5 Pflichtstunden kommen. Richtig ist, dass die Schule die finanziellen Möglichkeiten erhalten hat, Schülern mit Förderbedarf in den Kernfächern oder in anderen Fächern besondere Hilfe anbieten zu können. Das ist ein Angebot, das in Absprache mit den Eltern und den Schülern entschieden wird. Eine Erhöhung der Unterrichtsstunden für alle in allen Klassen ist nicht vorgesehen.
Richtig ist auch, dass Sporttheorie nur ein halbes Schuljahr lang zu belegen wäre, wenn Sport als Prüfungsfach gewählt werden würde, also auf das ganze Schuljahr gesehen nur eine zusätzliche Stunde bedeutete. Solche zusätzlichen Stunden, die sich aus einer Wahlentscheidung heraus ergeben, gab es immer schon am Gymnasium. Schüler, die z.B. eine dritte Fremdsprache oder einen Musikschwerpunkt oder bilingualen Unterricht oder eben auch Sport als Prüfungsfach gewählt hatten, mussten immer einige Unterrichtstunden mehr belegen. Dieser Sachverhalt hat also mit dem Abitur nach zwölf Schuljahren oder dem jetzigen 9.Schuljahrgang nichts zu tun.
Es trifft nicht zu, dass es "keine Antwort gibt" auf die Frage, wie die Universitäten 2011 und der Ausbildungsmarkt zwei Abiturientenjahrgänge aufnehmen sollen.
Richtig ist, dass die Bundesregierung und alle Landesregierungen 2007 einen sogenannten "Hochschulpakt 2020" geschlossen haben. Ziel ist, in den nächsten Jahren die Studienanfängerplätze an den Hochschulen wegen der doppelten Abiturientenjahrgänge deutlich zu erweitern. Dies erfolgt ab 2007 in allen Ländern. Allein in Niedersachsen werden wir in Niedersachsen zusätzlich 11.210 Studienanfängerplätze an den niedersächsischen Hochschulen bis zum Jahre 2010 schaffen, also noch vor der Entlassung des doppelten Abiturientenjahrgangs 2011.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Wulff