Das Foto zeigt die Bundestagsabgeordnete der Grünen Chantal Kopf.
Chantal Kopf
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Josef R. •

Warum brauchen wir eine Impflicht, die geimpften sind doch auch noch Virenübertrager?

Und tragen mit 2G das Virus auch weiter.

Das Foto zeigt die Bundestagsabgeordnete der Grünen Chantal Kopf.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Frage. Es stimmt, dass auch Geimpfte das Coronavirus übertragen können. Doch dies war bei weitem nicht der einzige Grund, weshalb es sinnvoll gewesen wäre, eine allgemeine Impfpflicht für alle Menschen ab 18 Jahren einzuführen.

Die zentrale Begründung, weshalb ich mich für eine Impfpflicht ausgesprochen habe, ist folgende: Die Impfung schützt nach wie vor auch bei der Omikron-Variante gut vor schweren Krankheitsverläufen. Mehr geimpfte Menschen bedeuten gesamtgesellschaftlich deshalb gleichzeitig weniger schwere Krankheitsverläufe – bei Menschen mit Booster-Impfung reduziert sich laut einer Studie aus England die Wahrscheinlichkeit einer Hospitalisierung um 63 Prozent. Auch die Hospitalisierungsinzidenzen nach Impfstatus in Deutschland zeigen, dass Grundimmunisierte auch bei Omikron deutlich seltener ins Krankenhaus müssen als Ungeimpfte – insbesondere bei den über 60-Jährigen. Weniger schwere Krankheitsverläufe bedeuten wiederum bessere Möglichkeiten zur Behandlung der Erkrankten (ob an Covid oder an anderen schweren Krankheiten).

Weil eine Impfung somit sowohl individuell wie auch gesellschaftlich immer noch den besten Schutz liefert und weil die Zahl der Erstimpfungen nur noch in geringem Maße zunahm (auch die Impfkampagnen konnten daran nichts ändern), wäre die Einführung einer allgemeine Impfpflicht sinnvoll gewesen. Ich habe mich deshalb vor der Abstimmung im Bundestag am 7. April für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren eingesetzt. Denn ja, sie hätte zwar eine Einschränkung der individuellen Entscheidungsfreiheit dargestellt. Doch um die Pandemie zu bekämpfen, um vulnerable Gruppen zu schützen und die Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern, wäre die Impfpflicht das mildere Mittel gewesen im Vergleich zu immer wiederkehrenden Lockdowns mit umfassenden Kontaktbeschränkungen, die stark in die Grundrechte der gesamten Bevölkerung eingreifen. Eine ausführliche Begründung meiner Position finden Sie auch auf meiner Website, hier.

Da sich im Frühjahr 2022 jedoch weder für die Impfpflicht ab 18 noch für die Impfpflicht für alle Menschen ab 60 Jahren eine parlamentarische Mehrheit fand, akzeptiere ich dieses Ergebnis selbstverständlich. Ich möchte aber nach wie vor betonen, dass wir damit aus meiner Perspektive eine Gelegenheit verpasst haben, erstmals in der Pandemie wirklich vorausschauend zu handeln und uns auf weitere Corona-Wellen vorzubereiten. Diese langfristige, vorausschauende Perspektive einzunehmen, wäre in meinen Augen Aufgabe der Politik gewesen.

Dass es nun anders gekommen ist, ändert allerdings nichts daran, dass eine Impfung auch weiterhin einen bedeutenden Selbst- und Fremdschutz bietet und somit ein wertvolles Mittel zur Eindämmung der Pandemie darstellt. Ich hoffe, dass wir auch ohne die Impfpflicht im kommenden Herbst und Winter gut durch die Pandemie kommen, ohne dass weitreichende Freiheitseinschränkungen erforderlich werden.

Mit freundlichen Grüßen

Chantal Kopf

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