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Bettina Hagedorn
SPD
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Frage von Edward S. •

Liebe Frau Hagedorn, eine Zusatzfrage zu Selbst., die <22000€ nicht erreichen und auch mit einmaligen Drehs zwar steuerlich hoch belastet, die 300€ Ep trotzdem nicht erhalten. Warum? Gerecht?

Warum könnte dies bei der Einkommenssteuererklärung beim Jahresausgleich vom Finanzamt nicht mitberücksichtigt werden?!
Warum fehlt insbesondere gerade bei der SPD das Verständnis für freiberufliche Künstler, wie sich auch in der Coronazeit dramatisch erwiesen hat?

Mit herzlichen Grüßen

Herr S

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,                                                                   

vielen Dank für Ihre Frage zu der Energiepauschale, die das Kabinett als Teil eines 2. Entlastungspaketes zu Gunsten verschiedener Bevölkerungsgruppen angesichts der aktuell explodierenden Preise für Energie maßgeblich wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine am 28. April 2022 auf den Weg gebracht hat. Hierzu habe ich am 6. April und am 22. April bereits auf Abgeordnetenwatch geantwortet und auch zu der Frage, ob die Energiepauschale für Selbständige, die gerade keine Vorsteuer leisten, auch gerecht ist.

Der SPD und insbesondere mir persönlich fehlt keineswegs das Verständnis für freiberufliche Künstler. Als Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen habe ich mich persönlich während der gesamten Corona Pandemie für die Veranstaltungsbranche an der Seite der „AlarmStufeRot“ für die Kreativwirtschaft und den Soloselbstständigen stark gemacht. Damit war am 12. Oktober 2020 der Startschuss gegeben, dass gerade dann viele Soloselbstständige von den Novemberhilfen profitieren konnten, die zuvor systemisch durchs Raster fielen. Hierzu habe ich bewusst viele Gespräche mit der Veranstaltungsbranche geführt und mir auch oft ein Bild vor Ort gemacht, weil die Soloselbständigen in dieser Branche mir eben gerade sehr am Herzen liegen. Damit profitierten 100. 000 Betriebe bzw. Soloselbständige der Veranstaltungsbranche mit circa. einer halben Million Beschäftigen. Vielen Kulturschaffenden sind in der Corona-Pandemie die Einnahmen aus ihrem künstlerischen Schaffen weggebrochen. Deshalb können sie bis Ende 2022 durch die „Corona-Sonderregelung“ monatlich bis zu 1.300 Euro (15.600 Euro im Jahr) zusätzlich durch nicht-künstlerische selbstständige Tätigkeiten hinzuverdienen. Die Regelung stellt sicher, dass ein bestehender Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung nicht infolge der Covid-19-Pandemie verloren geht.

Mit dem Bundeshaushalt 2022, der am 3. Juni vom Bundestag beschlossen wird, haben wir die Künstlersozialkasse außerdem über einen Stabilisierungszuschuss für die Künstlersozialkasse in Höhe von 58,9 Millionen Euro gestärkt, um dafür zu sorgen, dass die notwendig werdende Erhöhung des Abgabesatzes der Sozialversicherung für selbstständige Künstlerinnen und Künstler sowie selbstständige Publizistinnen und Publizisten im Jahr 2023 begrenzt und stabilisiert wird. Künstlerinnen und Künstler waren durch die Corona-Pandemie besonders stark betroffen und hatten lange Zeit nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, ihre Kunst darbieten und Einnahmen erzielen zu können. Wir sichern sie damit ab und sorgen in diesem Zuge gleichzeitig dafür, dass Kunst bezahlbar bleibt.  Mit der Stärkung im Kulturbereich setzen wir ein klares Zeichen für Künstlerinnen und Künstler sowie Medienschaffende, dass Kultur und Medien für unsere Gesellschaft von enormer Bedeutung sind. Um die Folgen der Pandemie weiter abzufedern und einen schnellen Neustart zu ermöglichen, verlängern wir bis Juni 2023 die Möglichkeit Mittel aus dem ‚NEUSTART KULTUR‘-Programm zu nutzen. Sie sehen also: Wir Sozialdemokraten berücksichtigen sehr wohl die Situation der Künstlerinnen und Künstler.

Das Ziel der SPD bei diesem 2. Energie-Entlastungspaket (das am 12. Mai in 2./3. Lesung vom Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde) war und ist, dass jene, die finanziell stark sind, weniger entlastet werden sollen als diejenigen, die als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – z.B. auch als Pendler und Familien mit Kindern - besonders betroffen sind.  Um diese Entlastung zu erreichen, muss man allerdings nicht nur EINE Maßnahme betrachten, sondern den ganzen „Strauß“ an Maßnahmen, wobei mit einzelnen Maßnahmen stets bestimmte Bevölkerungsgruppen speziell erreicht werden (aber natürlich nicht ALLE von allen Maßnahmen profitieren können!). So soll quasi „für jeden etwas pauschal dabei sein“, was ich in meinem Brief vom 6. April explizit auch schon ausgeführt habe.

Das entsprechende „Steuerentlastungsgesetzes 2022“ umfasst nicht nur die Energiepauschale von 300 € für einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige und Selbstständige, sondern wir schaffen mit diesem 2. Entlastungspaket zum 1. Juli 2022 auch die EEG-Umlage komplett ab, wovon alle Bürgerinnen und Bürger profitieren werden. Außerdem wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe drei Monate lang ab dem 1. Juni um 30 Cent für Benzin und um 14 Cent für Diesel gesenkt, was jeder Autofahrer direkt an der Tankstelle spüren wird und wovon auch Sie als Selbstständiger definitiv profitieren werden. Zudem haben wir ab 1. Juni eine ÖPNV-Flatrate von 9 Euro monatlich für insgesamt 3 Monate für alle Bürgerinnen und Bürger eingeführt, die schon jetzt eine extrem hohe Nachfrage hat und von der viele profitieren werden. Um besondere Härten in den Familien abzufedern, wird ein Einmalbonus von 100 Euro für jedes Kind ausgezahlt, der als Bonus auf den Kinderfreibetrag angerechnet wird. Dieser Betrag wird an alle Eltern automatisch über die Familienkasse ausgezahlt - auch hier gilt es Bürokratie zu vermeiden, denn eine Beantragung ist nicht notwendig.

Sie hinterfragen speziell, warum, Kleinstunternehmer mit unter 22.000 € pro Jahr KEINEN Anspruch auf die Auszahlung der 300 € Energiekostenpauschale haben und ob dies GERECHT sei und warum es bei der Einkommenssteuererklärung beim Jahresausgleich vom Finanzamt nicht mitberücksichtigt werden könnte. Die Antwort habe ich am 6. April auf Abgeordnetenwatch an Herrn Jens S. aber bereits gegeben: weil die Energiekostenpauschale nur an „Einkommenssteuerpflichtige Erwerbstätige und Selbstständige“ unbürokratisch ausgezahlt werden kann und weil diese als Einkommenssteuerpflichtige eben auch höhere Ausgaben und eine höhere berufsbedingte Belastung durch die explodierenden Energie- und speziell Spritpreise haben. Für Kleinstunternehmer entfallen – staatlich gewollt – viele bürokratische Pflichten und Belastungen wie u.a. die Tatsache, dass sie trotz Selbstständigkeit keine Vorsteuer zahlen müssen. Ich kenne persönlich durchaus Kleinstunternehmer, die sich aus diesem Grund Jahr für Jahr bemühen, genau diese Grenze mit ihrer Unternehmung NICHT zu überschreiten, weil sie von dieser bürokratiearmen Regelung weiterhin profitieren wollen, was legitim ist.  Dann ist es allerdings auch folgerichtig, diejenigen stärker zu entlasten, die bei Steuern und Abgaben höhere Beiträge zur Unterstützung unseres Sozialstaates „in Kauf nehmen“.

Ich hoffe Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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