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Frage von Florian F. •

Frage an Anton Schaaf von Florian F. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Herr Schaaf,

ich habe eine Frage bzgl. unserer Verfassung. Bis jetzt habe ich noch keine befriedigende Antwort darauf erhalten, aber ich bin voller Hoffnung, dass Sie mir weiter helfen können. Wie sind Ihrer Meinung nach GG Art 3 Abs 2 und Art 12a Abs 1 miteinander vereinbar?
Steht es nicht in einem krassen Widerspruch wenn man die Sätze „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ und „Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden„ in ein und derselben Verfassung verwendet?

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich will nicht darauf hinaus, warum Frauen keine Wehrpflicht leisten müssen. In meinen Augen wäre dies nicht sinnvoll (Wehrpflicht für Männer im Übrigen auch nicht), aber trotzdem müsste dies laut unserem Grundgesetz doch so sein oder etwa nicht?
Weiter heißt es in Art 3 Abs 2 „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“. Sie, als Mitglied des Bundestages, sind doch Repräsentant des Souveräns unseres Staates, d. h. des Volkes, und sollten Sie nicht gewissenhaft gemäß des Grundgesetztes die Gleichberechtigung von Frauen und Männern voran treiben, auch in der Frage der Wehrpflicht, ganz gleich, ob dies eine Dienstpflicht für alle oder für niemanden bedeutet?
Bedeutet die einseitige Wehrpflicht für Männer nicht eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes, bzw. für Frauen eine Bevorzugung aus demselben Grunde, die durch GG Art 3 Abs 3 ausdrücklich ausgeschlossen werden?
Es geht mir also nicht um die Wehrpflicht als solche, sondern um die wie es mir scheint gravierende Widersprüchlichkeit unserer Verfassung.

Mit freundlichen Grüßen,
Florian Fuchs

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fuchs,

Sie fragen sich, ob die Wehrpflicht nur für Männer dem Diskriminierungsverbot in Artikel 3(3)des Grundgesetzes nicht widersprechen muss.

Weil es Ihnen eher um die Verfassungmäßigkeit der Wehrpflicht mit Blick auf das Diskriminierungsverbot geht, möchte ich Ihnen nur kurz meine Einschätzung geben und empfehle Ihnen zur Klärung Ihrer Frage die Lektüre eines entsprechenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2002. In seinem Urteil hat das Gericht die Wehrpflicht nach wie vor für gültig erklärt (abrufbar unter www.bundesverfassungsgericht.de, siehe zu diesem Thema auch entsprechende Publikationen unter bundeswehr-sowi.de).

Die heutige Wehrform hängt mit unserer sozialen und historischen Entwicklung zusammen. So war das Militär immer eine Männerdomäne, während Frauen zumeist die Verantwortung für Familie und Kindererziehung zugeordnet wurde (und wird). So bestimmte das Grundgesetz die Wehrpflicht für Männer und nach Artikel 12a (4), dass Frauen "auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten" dürfen - auch nicht freiwillig. Dies wurde später geändert und mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2001 fiel dieses Berufsverbot entgültig.

Zur Herstellung von (Wehr)-Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern wäre die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht auch angesichts der neuen sicherheitspolitischen Erfordernisse keine sinnvolle Lösung. Die Wehrgerechtigkeit ist schon jetzt nicht mehr gegeben, weil die Bundeswehr immer weniger Wehrdienstleistende zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt und deshalb auch immer weniger junge Männer eines Jahrgangs tatsächlich eingezogen werden. Eine allgemeine Dienstpflicht würde dieses Problem noch weiter verschärfen. Viele ihrer Verfechter favorisieren diese vor allem, um den Zivildienst in unseren sozialen Einrichtungen zu erhalten und weil sie hoffen, dass die meisten jungen Frauen keinen Miltiärdienst, sondern einen sozialen Dienst absolvieren würden. Dies wäre jedoch weder finanzierbar - ein solcher Dienst müsste für eine ungefähre Jahrgangsstärke von 800 000 jungen Menschen organisiert werden - noch für unsere gesellschaftliche Entwicklung wünschenswert.

Auf einer Konferenz zur Zukunft der Wehrverfassung hat sich die SPD bereits gegen die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ausgesprochen. Unsere Position zur Wehrpflicht wollen wir auf unserem nächsten Parteitag noch in diesem Jahr festlegen.

Mit freundlichen Grüßen
Anton Schaaf