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Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Artur W. •

Holz aus deutschen Wäldern, subventioniert vom Staat, wird containerweise ins Ausland verkauft, ohne dass der hiesige Markt Zugriff darauf erhält, bzw. die verlangten Preise bedienen kann. Ihre Lösung?

Die Problematik wirkt sich sowohl auf die komplexe Lieferkette, als auch auf viele BürgerInnen aus. Nicht nur diejenigen, die gerade oder zukünftig ein Eigenheim realisieren wollen (Preissteigerungen), sondern auch auf viele Arbeitnehmer der holzverarbeitenden Industrie und dem Handwerk, die um Arbeitsplätze kämpfen müssen. Die Arbeitgeber wiederum kämpfen um den Zugang zu (regionalen) Rohstoffen, Planungssicherheit etc.
Wie kann konkret entgegengesteuert werden, damit unser Holz nicht unökologisch um die Welt verschifft wird und unsere Holzindustrie "normal" weiter produzieren kann? Aktuell profitiert nur eine kleine Gruppe von dieser Situation, auf Kosten einer Mehrheit.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Wir teilen Ihre Besorgnis über die Bauholzknappheit, die damit verbundenen Preisentwicklungen auf dem Holzmarkt sowie über deren Folgen wie Kurzarbeit in Handwerksbetrieben und extreme Baukostensteigerungen.
Die Ursachen dieser Entwicklung sind komplex: Mehr (auch pandemiebedingte) Holznachfrage insbesondere aus USA und China, Verknappung des Holzangebots in den USA aufgrund von Strafzöllen auf kanadische Holzimporte noch aus der Trump-Zeit und Produktionsausfälle aufgrund von Kalamitäten in kanadischen Bergkiefernwäldern wirken kumuliert auch auf die hohe Nachfrage nach Schnittholz auf dem deutschen Markt. Auch eine bessere Auslastung der deutschen Sägewerkskapazitäten konnte die extrem gestiegene Nachfrage nicht kompensieren. Hinzu kommt ein ab 2022 vorgesehener russischer Exportstopp für Rohholz. Die meisten Ursachen liegen damit in Marktentwicklungen außerhalb des Einflussbereichs der deutschen und europäischen Politik. Eine Subventionierung der Holzexporte findet nicht statt.
Markteingriffe wie Exportbeschränkungen müssen besonders sorgsam geprüft und mögliche Vorteile mit nachteiligen Wirkungen abgewogen werden. So würden Exportbeschränkungen gegen geltendes WTO-Recht verstoßen und könnten eine Kettenreaktion auslösen, indem die betroffenen Länder ebenfalls Exportbeschränkungen auf ihre Produkte erheben, die wiederum zu einem Versorgungsengpass anderer Industriezweige führen würden.
Vor diesem Hintergrund werden wir mit Branchenvertretern Gespräche führen und geeignete Maßnahmen prüfen, um künftig Holzversorgungsengpässe im Bausektor zu vermeiden. Wir wollen bessere Rahmenbedingungen für eine langfristig stabile und möglichst regionale Versorgung mit Bauholz zu schaffen. Ziel muss es sein, heimische Lieferketten langfristig zu stärken und allen Gliedern der Wertschöpfungskette, insbesondere den Waldbäuerinnen und –bauern, einen fairen Anteil zu sichern. Auch Maßnahmen, die für mehr Markttransparenz sorgen und Spekulation und „Hamsterkäufe“ erschweren, wollen wir ausloten.
Unterstützungswürdig sind aus unserer Sicht regionale Liefer- und Verarbeitungs-netzwerke mit langfristigen Abnahmeverträgen und Preiskorridoren, die für Planbarkeit und faire Konditionen für alle Beteiligten sorgen. Bund, Länder und Kommunen müssen als Waldeigentümer ihrer besonderen Verantwortung für Gemeinwohlinteressen wie der Sicherung des klimafreundlichen Holzbaus gerecht werden. Daher werden wir auch den Vorschlag aus dem Handwerk prüfen, inwieweit erreicht werden kann, dass Holz aus der Waldbewirtschaftung der öffentlichen Hand vorrangig zur regionalen bzw. inländischen Versorgung für den Bau- und Handwerksbereich verwendet wird. Dies setzt allerdings voraus, dass auch für entsprechende Verarbeitungskapazitäten in Sägewerken zu fairen Preisen gesorgt wird.
Angesichts einer global wachsenden Nachfrage nach Holz müssen wir auch darauf hinwirken, dass Holz effizienter und in Kaskaden genutzt wird, das heißt weniger für die direkte energetische Nutzung und kurzlebige stoffliche Nutzungsformen wie Papier und Verpackungen, dafür mehr für langlebige klimafreundliche Nutzungsformen wie den Holzbau.

Wir Grüne wollen den Holzbau als klimafreundliche Art der Holznutzung umfassend unterstützen. Das Grün geführte Land Baden-Württemberg ist hier mit seiner Holzbauoffensive Vorbild. Die Grüne Bundestagsfraktion hat bereits mehrere Anträge in den Deutschen Bundestag zur Holzbauförderung eingebracht. Den jüngsten Antrag „Bauwende einleiten – Für eine ressourcenschonende Bau- und Immobilienwirtschaft“ können Sie bei Interesse gerne unter folgendem Link https://dserver.bundestag.de/btd/19/231/1923152.pdf einsehen. Darin fordern wir neben einer Strategie für ressourcenschonendes Bauen auch eine Holzbauoffensive. Mit einer Bauwende wollen wir die Wiederverwendung vorhandener Gebäude und die Wiederverwendung von Baumaterialien erleichtern und unterstützen. Zum einen Fördern wie die Reaktivierung leerstehender Gebäude und die Aufstockung bestehender Bauten. Auch die Umnutzung etwa von nicht mehr benötigten Bürogebäuden kann einen Beitrag für neue Bauflächen mit einem schonenden Einsatz von Baustoffen sein. Wichtig ist aus unserer Sicht ein Gebäuderessourcengesetz mit einem Gebäude-Ressourcenausweis. Darin soll vermerkt sein und angerechnet werden, welche Materialien im Gebäude enthalten sind, und welche CO2- und Energiemengen darin bereits gebunden sind. Durch ressourcenschonendes Bauen sind mehr Bauflächen mit geringerem Materialeinsatz realisierbar.

Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock

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