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Angelika Niebler
CSU
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Frage von Brigitte S. •

Frage an Angelika Niebler von Brigitte S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Niebler,

sie wollen eine gute Wahlbeteiligung und ihren Wiederwahl ins EU-Parlament. Dazu folgende Fragen

1) Transparenterer Lobbyismus in den Parlamenten und auch über Ihre Tätigkeit als EuEP. Wie stehen sie dazu?

2) Sind Sie Mitglied einer Arbeits(kontakt)gruppe, der auch Vertreter verschiedener Industriekonzerne angehören?

3) Patentierung von Tieren und Pflanzen beim Euro. Patentamt in München, Was wissen Sie darüber und wie passt das in die christliche-soziale Wertedebatte bei der CSU?

4) Unterstützen Sie Parallel-Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen in USA und Europa – Zielforderung von BMELV-Beamten Dr. Seegers (Grüne Woche)?

Quellen
Revolving-Door-Lobbyismus: "MONSANTO mit Gift und Genen", Frontal21-Doku"Pharma-Kartell".
www.focus.de/politik/diverses/europaparlament-lobbyismus-transparenter-machen_aid_300042.html vom 7.5.2008
"EU-parlament Lobbyismus transparenter machen" vom 7.5.2008 (AUSZUG):
".......Wie intensiv Vertreter vor allem der Wirtschaft an Beratungen von EU-Gesetzen beteiligt sind, wurde erst kürzlich illustriert. Ende April kam ans Tageslicht, dass eine „Kontaktbörse“ aus Industrie-Lobbyisten und Abgeordneten im Europaparlament über ein eigenes Büro mit Telefonanschluss verfügte – finanziert vom europäischen Steuerzahler. ........Die Arbeitsgruppe besteht aber weiterhin. Ihr gehören neben Abgeordneten wie der Vorsitzenden des Industrieausschusses, Angelika Niebler (CSU), Vertreter etwa des französischen Atomkonzerns Areva, des Zigarettenherstellers British American Tobacco, des Münchner Flughafens, des Fußballclubs Real Madrid und des Lebensmittelmultis Unilever an. Dank dieser „Kontaktbörse“ werden Abgeordnete etwa zu „Arbeitsbesuchen“ in Unternehmen eingeladen. Und nicht wenige Parlamentarier vermuten, dass auf diese Weise so manche Änderungsvorschläge für unliebsame Gesetzesvorhaben der EU zustandekommen. .......................

Für die Beantwortung meiner Frage bedanke ich mich schon im voraus.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Streber,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 25. Januar 2009 über www.abgeordnetenwatch.de. Gerne werde ich auf Ihre Fragen eingehen:

1) Transparenz in der Gesetzgebung
Transparenz in der politischen Arbeit des Europäischen Parlaments halte ich für sehr wichtig. Selbstverständlich sollten interessierte Bürger in der Lage sein, zu erfahren wie ihre Abgeordneten zu bestimmten Themen stehen und wie sie über diese abgestimmt haben. Deshalb bietet das Europäische Parlament interessierten Bürgern über seine Internetseiten die Möglichkeit, sich über eingebrachte Änderungsanträge sowie das Abstimmungsverhalten Ihrer Abgeordneten zu Informieren. Auch sind auf der Internetseite des Parlaments alle beim Parlament akkreditierten Lobbyisten aufgeführt.

Im letzten Jahr wurde zudem eine Transparenzinitiative im Europäischen Parlament verabschiedet, nach der die Transparenz der Entscheidungsfindung in den europäischen Institutionen weiterhin verbessert werden soll. So will das Europäische Parlament zusammen mit der Kommission ein gemeinsames Lobbyregister erstellen in dem Beratungsunternehmen ihre finanziellen Interessen offenlegen sollen. Auch kann jeder Berichterstatter im Europäischen Parlament eine Liste mit den Lobbyisten mit denen er bei der Anfertigung seines Berichts gesprochen hat, als Anhang seinem Bericht beifügen.

Gerne möchte ich auch anmerken, dass im Gegensatz zum Europäischen Parlament, wo Ausschuss- und Plenarsitzungen alle öffentlich sind, die Ministerräte wie auch die Kommission hinter verschlossenen Türen tagen.

2) Engagement bei der European Business and Parliament Scheme
Ich nehme an, dass Sie in Ihrer Frage zu einer Arbeitskontaktgruppe der auch Industrievertreter angehören, auf die "European Business and Parliament Scheme" abzielen.

Bei der "European Business and Parliament Scheme" (EBPS) handelt es sich nicht um eine "Arbeitsgruppe" sondern um eine unabhängige Organisation, die Abgeordneten aber auch Mitarbeitern des Europäischen Parlaments Handlungsabläufe in der Wirtschaft Näher bringen soll, um diese besser zu verstehen und somit fundierte Entscheidungen treffen zu können. Hierzu sollen Praktika und Unternehmensbesuche in ganz Europa wahrgenommen werden und nicht nur im eigenen Land. Ähnliche Programme laufen auch auf nationaler Ebene in etwa Spanien, Großbritannien oder den USA.

Ich selbst habe im Rahmen des Austauschprogramms von EBPS den polnischen Gasversorger PGNiG im letzten Jahr besucht. Dabei konnte ich mir ein umfassendes Bild über den polnischen Gasmarkt machen und vor Ort selbst sehen, in welchem Umfang Polen von russischem Gas Abhängig ist. Ich konnte mich also über einen Bereich "live" Informieren der für meine Arbeit von Bedeutung ist. Vor dem Hintergrund der Gaskrise Anfang dieses Jahres und auch im Hinblick auf die allgemeine Energieversorgungssicherheit waren das für mich wertvolle Einblicke.

Ich versichere Ihnen, dass ich weder vor, noch während und auch nicht nach dem Besuch in Polen Änderungsanträge auf Wunsch des Unternehmens eingetragen habe.

Ich war einige Zeit Mitglied des Aufsichtsrates der "Business and Parliament Schäme", bin jedoch zusammen mit meinen Kollegen im Herbst letzten Jahres zurückgetreten. Die Idee die der Organisation zu Grunde liegt, halte ich immer noch für sehr gut, die Arbeit in der Organisation war jedoch aufgrund interner Unstimmigkeiten nicht mehr möglich.

Grundsätzlich halte ich es aber für falsch, die Expertise derer abzulehnen, die von der Gesetzgebung die wir in Europa machen, direkt betroffen sind. Das bedeutet selbstverständlich, dass ich mit Unternehmern aus meiner Region, wie auch mit großen europäischen Arbeitgebern spreche. Das bedeutet aber auch, dass ich mich den kritischen Fragen der Bürger stelle und auch mit Vertretern von Nichtregierungsorgnisationen spreche.

3) Problematik der Patentierung von Tieren und Pflanzen beim Europäischen Patentamt (EPA)
Das Europäische Patentamt prüft auf Grundlage des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) Patentanmeldungen auf allen Gebieten der Technik und damit auch in den Bereichen Landwirtschaft und Biotechnologie. Dabei ist es an die EU-Biopatentrichtlinie (98/44/EU) gebunden. Diese verneint die Patentierbarkeit von spezifischen Pflanzensorten und Tierrassen, da hierfür spezielle Züchterrechte vorgesehen sind.

In der Vergangenheit wurden dennoch umstrittene Patente auf bestimmte Züchtungsverfahren erteilt. Beispielhaft möchte ich das sogenannte "Schweinepatent" nennen, das sehr kontrovers diskutiert wurde. Das Patent bezog sich auf ein Testverfahren, mit dem der Nachweis eines wachstumsfördernden Gens bei Schweinen erleichtert werden sollte. Gegen die fraglichen Patente laufen zahlreiche Beschwerdeverfahren.

Ich selbst befürworte einen besonnenen Umgang mit der Thematik. Das Europäische Patentamt muss den Sorgen und Bedenken der Menschen gerecht werden. Aufgrund der speziellen landwirtschaftlichen Strukturen in Bayern müssen zudem weitgehende Vorkehrungen zum Schutz der Landwirtschaft und der Belange der bayerischen Landwirte getroffen werden. Es muss sichergestellt werden, dass Landwirte, die ohne Gentechnik arbeiten wollen, dies auch tun können.

4) Parallel-Zulassung von Gentechnisch veränderter Organismen
Hinter der von Ihnen angesprochenen Forderung nach Parallel-Zulassungen steckt folgendes Problem: Viele gentechnisch veränderte Organismen, die in den USA bereits eine Zulassung erhalten haben, sind in Europa noch nicht zugelassen oder befinden sich gerade in dem Zulassungsprozess.

Dies führt aufgrund der in Europa bestehenden so genannten Null-Toleranz-Grenze für nicht-zugelassene GVO dazu, dass Lieferungen von Futtermitteln, die auch nur geringste Spuren von in Europa nicht-zugelassener GVO enthalten, vollständig zurückgewiesen werden.

Ich bin davon überzeugt, dass die strengen Auflagen, die gentechnisch veränderte Organismen vor einer Zulassung in Europa erfüllen müssen, weiterhin bestehen bleiben sollten. Die Basis für eine solche Zulassung ist nach Antragsstellung im jeweiligen Mitgliedstaat eine wissenschaftlich fundierte, strenge Risikobewertung durch ein Gremium aus unabhängigen Experten bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Nach Abschluss des Verfahrens bei der EFSA müssen die EU-Kommission und siebenundzwanzig Mitgliedstaaten dem Vorschlag der EFSA noch zustimmen.

In den USA hingegen dauert ein solches Zulassungsverfahren von GVO wesentlich kürzer, da die Regeln längst nicht so streng wie in Europa sind.

Vielleicht kann hier anstelle einer Parallel-Zulassung eher überlegt werden, die Null-Toleranz-Grenze leicht anzuheben, um zu vermeiden, dass Lieferungen mit zugelassenen Futtermitteln beispielsweise nur deshalb abgewiesen werden, weil vorher im gleichen Container Futtermittel transportiert wurden, die aus nicht-zugelassener GVO hergestellt wurden und sich im Container deshalb noch geringste Spuren nicht-zugelassener GVO befinden.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Angelika Niebler, MdEP

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