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Frage von Annette R. •

Frage an Angelika Graf von Annette R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Graf,

Ich (seit vielen Jahren in muslimisch-christlicher Ehe mit Kindern) habe davon erfahren, dass über 60 Ihrer Kolleginnen und Kollegen einen Alternativentwurf zur rechtlichen Regelung der Beschneidung von Minderjährigen vorgelegt haben, der die Legalisierung dieses mit Risiken behafteten, schmerzhaften und irreversiblen Eingriffs von der Einwilligung ab dem Alter von 14 Jahren und nur durch zugelassene Fachärzte und nach ausführlicher Aufklärung vorsieht.

Können Sie diesem Alternativentwurf zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen, Annette Ryll

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Ryll,

vielen Dank für Ihre Abgeordnetenwatch-E-Mail vom 19. November 2012.

Wie Sie sicherlich aus den Medien bereits erfahren haben, stimmten die Mitglieder des Deutschen Bundestags in der 189. Sitzung am 19. Juli 2012 mehrheitlich für den interfraktionellen (CDU/CSU, FDP, SPD) Antrag (BT-Drucksache 17/10331) in naher Zukunft eine gesetzliche Regelung zur Rechtfertigung der religiös motivierten, medizinisch nicht indizierter Beschneidung von Jungen zu schaffen. Ich selbst hatte bei der Abstimmung im Sommer gegen den vorgelegten Antrag gestimmt. Dieser Regierungsentwurf lag nun in der vergangenen Woche zur Abstimmung vor. Zu dem Regierungsentwurf standen noch ein alternativer Gesetzentwurf um die Abgeordnete Marlene Rupprecht (SPD), sowie weitere Änderungsanträge zur Diskussion, die von Abgeordneten verschiedener Fraktion getragen wurden.

Ich stehe der Beschneidungspraxis aus unterschiedlichen Gründen sehr skeptisch gegenüber. Ich denke aber, dass wir wegen der Heftigkeit der Debatte eine Regulierung in Deutschland gebraucht haben. Ich habe mich daher am vergangenen Mittwoch bezüglich des Regierungsgesetzesentwurf enthalten und für den Gesetzesentwurf von Marlene Rupprecht u.a. (BT-Drucksache 17/11430) gestimmt. Dieser Gesetzesentwurf kritisiert den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 19. Juli 2012 und hält ihn für einseitig und falsch. Es wird außerdem das übereilte Gesetzgebungsverfahren, welches eine gründliche und eine der Schwere der hier berührten Grundrechtsfragen angemessene Auseinandersetzung mit dem Thema erschwert, kritisiert.

Der vorgelegte, alternative Gesetzentwurf, der leider keine Mehrheit gefunden hat, regelt und erlaubt grundsätzlich eine Zirkumzision unter Einhaltung bestimmter Anforderungen im Recht der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB). Da es sich bei der Zirkumzision aber um einen schmerzvollen und mit Risiken behafteten chirurgischen Eingriff handelt, der zu einer irreversiblen Entfernung eines hochsensiblen, erogenen und funktional wichtigen Körperteils führt, regelt der Gesetzesentwurf, dass in diesem Fall in die körperliche Unversehrtheit des Kindes nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung eingegriffen werden darf. Voraussetzung dafür ist die Vollendung des 14. Lebensjahres und die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des betroffenen Kindes. Die Zirkumzision muss darüber hinaus nach den Regeln der ärztlichen Kunst von einer Ärztin oder einem Arzt mit der Befähigung zum Facharzt für Kinderchirurgie/Urologie erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen
Angelika Graf