Angela Dorn-Rancke
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Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christoph T. •

Werden Sie im Bundesrat die Untersuchung der AfD durch das BVerfG fordern?

Sicherlich haben Sie von der Petition zum "AfD-Verbot" schon gehört und die ganzen Gründe, aus denen die AfD sich weitreichender verfassungswidriger Einstellungen verdächtig macht, brauche ich gar nicht zu wiederholen. Auf eine gerichtliche Untersuchung aber zu verzichten oder diese zu verzögern, um die AfD nicht in ihrer "Opferrolle" zu bestärken, wäre kontraproduktiv und gefährlich. Das Institut für Menschenrechte hat in seiner Analyse kürzlich festgestellt, dass die juristischen Voraussetzungen für ein Verbot bereits erfüllt sind. Das jüngste Geheimtreffen von AfD-Funktionären in Potsdam zur Massenausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund bestätigt dies nur erneut.

Werden Sie als Mitglied des Bundesrats einen entsprechenden Antrag beim BVerfG vorantreiben, um die Verfassungstreue der AfD untersuchen zu lassen? Falls ja, ergreifen Sie dafür auch persönlich die Initiative? Falls nein, was muss Ihrer Meinung nach noch passieren, bis dieser Schritt gegangen werden kann?

Angela Dorn-Rancke
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr T.,

vielen Dank, dass Sie mich bezüglich dieser Thematik ansprechen. Ihre Frage beschäftigt uns GRÜNE im Hessischen Landtag natürlich ebenfalls. Sehr gerne möchte ich deshalb darauf eingehen.

Die AfD wurde nicht ohne Grund vom Verfassungsschutz als sogenannter Verdachtsfall eingestuft und ihre Aktivitäten werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Auf dieser Basis kann dann entschieden werden, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, ein erfolgreiches Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anzustrengen. Ein Parteiverbotsverfahren ist allerdings, wie Sie wissen, in einer Demokratie das letzte Mittel, und die Hürden für ein Parteiverbot sind deshalb entsprechend hoch. Es müsste nachgewiesen werden, dass die Partei planvoll das Funktionieren der freiheitlich demokratischen Grundordnung beseitigen will, also aktiv gegen den Staat vorgeht. Und dann müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann. Ein gescheiterter Antrag auf ein Parteiverbot wäre Wasser auf die Mühlen der AfD. Daher will dieser Schritt sehr gut überlegt werden. Gerade weil die AfD gerade in demokratischen Wahlen eine starke Zustimmung erhält, könnte es so wirken als würde man einen starken „Mitbewerber“ einfach per Verbot aus dem Wettbewerb kicken würde. Das würde viele AfD-Anhänger möglicherweise erst recht zu Trotzreaktion oder einer Märtyrerrolle inspirieren. Aus meiner Sicht ist es auch wichtig, dass wir hier die juristische Seite und die politische Seite gut trennen. Der Antrag kann über Bundestag, Bundesrat oder die Bundesregierung gestellt werden, aber entscheiden kann dann nur das Bundesverfassungsgericht.

Nun kann man das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren auch unterschiedlich interpretieren, immerhin ist die NPD sehr geschwächt worden. Aber es ist und bleibt ein hohes Risiko.

 

Noch riskanter erachte ich, Grundrechte zu entziehen und die Wählbarkeit abzuerkennen. Also den Vorschlag der Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG. Möglicherweise ist dies im Verfahren weniger komplex, ein Scheitern aber noch deutlich riskanter.  Wir sollten auch nicht vergessen, dass das Problem an Herrn Höcke nicht nur er selbst ist, sondern wie viele Menschen seine Thesen unterstützen oder ihnen in der Abwägung bereit sind, diese Forderungen zu erdulden. Selbstverständlich muss man aber all seine Aussagen weiter scharf kontrollieren und ihnen auch politisch begegnen. Dies passiert ja auch.

 

Was wir gleichwohl tun können und tun müssen, ist, uns den Inhalten dieser Partei klar entgegenzustellen. Denn eine Demokratie kann, wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen, schnell bröckeln. Deshalb sage ich auch: Keine Macht den Parteien, die unsere Demokratie verachten. Denn was wir gerade erleben, ist bereits mehr als „Wehret den Anfängen!“. Wir sind deshalb alle gefordert - Politikerinnen und Politiker sowie Bürgerinnen und Bürger. Die aktuellen Proteste zeigen, dass einige Bürgerinnen und Bürger wach werden und für ihre Demokratie einstehen wollen. Wenn nun daraus weitere konkrete Taten werden und wir uns gemeinsam den Feinden unserer Demokratie entschlossen entgegentreten, wird sich die Frage nach der Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens vielleicht sogar erübrigen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Angela Dorn

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