Portrait von Andreas Neuner
Andreas Neuner
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Andreas Neuner zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Michael S. •

Frage an Andreas Neuner von Michael S. bezüglich Wirtschaft

Hallo Herr Neuner,

wie kommt es eigentlich, dass in Deutschland, obwohl wir jedes Jahr einen Handelsbilanzüberschuss erwirtschaften, das Geld an allen Ecken und Enden fehlt. Auch die Staatsverschuldung nimmt seit Jahrzehnten, mal mehr mal weniger, zu. Mich als eher technisch veranlagten Menschen, verwirren die ganzen Zahlen die mir regelmäßig in den Nachrichten serviert werden mehr, als das sie mir helfen. Wenn dieser Handelsbilanzüberschuss seit Jahren stimmt, wo ist das Geld dann hingekommen? Der Staat hat es scheinbar nicht, sonst würden seine Schulden nicht permanent anwachsen. Die Banken haben es scheinbar nicht, sonst bräuchten sie keine Bürgschaften des Staates. Die Bürger haben es ja scheinbar auch nicht, da ja permanent alle jammern wie schlecht es ihnen geht. Mangelt es uns allen an der nötigen Bescheidenheit oder gibt es doch, in anbetracht der aktuellen Krise, den besagten Systemfehler, der am Ende zum unausweichlichen Zusammenbruch unseres Wirtschafts- und Finanzsystems führt?

Gruß
Michael Schindler

An unendliches Wachstum in einer endlichen Welt glauben nur Verrückte und Ökonomen (Kenneth Boulding, Ökonom, 1910 bis 1993)

Portrait von Andreas Neuner
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schindler,

vielen Dank für Ihre Frage. Das Geld fehlt in erster Linie an allen Ecken und Enden, weil unser Staat nicht effizient arbeitet, sondern sich daran gewöhnt hat,ständig mehr zu verbrauchen, als er einnimmt. In der Frage zuvor bin ich schon darauf eingegangen. Lesen Sie doch nur einmal einen Jahresbericht des Bundesrechnungshof bzw. des Bundes der Steuerzahler quer und es werden sich Ihnen die Haare sträuben, wie unser Staat und seine Bürokraten hier Jahr für Jahr Geld verschleudern. In der freien Wirtschaft würde ein solches Verhalten entweder mit Entlasung oder einer Firmenpleite bestraft.
Natürlich gibt es auch Gesellschaftsentwicklungen, besonders die Überalterung unserer Gesellschaft, die dafür sorgen, dass unsere Sozialsysteme kaum mehr zu finanzieren sind. Immer weniger Erwerbstätige können nicht immer mehr Empfänger bezahlen. Daher brauchen wir eine grundlegende Reform unserer Sozialsysteme. Das wird nicht ohne harte Einschnitte gehen. Dennoch bin ich dafür, jetzt in Richtung einer Basisfürsorge in den Bereichen Gesundheit, Rente und Arbeitslosigkeit für alle Bürger umzusteuern und diese nicht mehr durch Abgaben, sondern durch Steuern zu bezahlen. Wer mehr will muss sich dann eben privat Zusatz versichern. Unser heutiges Modell ist auf die Dauer nicht mehr zu finanzieren und wird daher in sich zusammenbrechen. Daher muss jetzt Stück für Stück diese Reform eingeleitet werden.
Konkret zu den drei Gruppen, die Sie ansprechen: Vor der Finanzkrise hat unsere Wirtschaft ja geboomt. Davon haben der Staat, die Banken und der Bürger natürlich profitiert. Der Handelsbilanzüberschuss hat also durchaus dazu geführt, dass alle mehr Geld in der Tasche hatten. Wo ist das ganze Geld nun hin, fragen Sie zurecht? - Die Banken haben Ihre Überschüsse schlichtweg verzockt, bzw in Boni umgewandelt. Der Bürger erlebte durch den enormen Anstieg der Energiekosten sowie durch die Anhebung der Mehrwertsteuer und der Sozialabgaben sogar eine deutliche Verschlechterung seiner Einkommenssituation. Eine durchschnittliche vierköpfige Familie hat seit 2007 pro Jahr bis zu 1600 Euro weniger zur Verfügung als zuvor. Und der Staat? Ja, der Staat hat in den Zeiten sprudelnder Kassen einfach einmal wieder mehr Geld ausgegeben und diese Gelder eben nicht genutzt, um die Staatsverschuldung zurückzuführen. Mit dem Ausbruch der Finanzkrise sind dann alle Dämme gebrochen, sinnvolle Maßnahmen wie Infrastrukturmaßnahmen zur Konjunkturförderung wie völlig schwachsinnige Maßnahmen wie z.B. die Abwrackpräme haben dazu geführt, dass die Staatsverschuldung angestiegen ist wie nie zuvor.
Einen grundsätzlichen Systemfehler sehe ich daher nicht. Viele große Fehler der einzelnen Funktionsträger dagegen schon. Bei den Banken ist das offensichtlich. Und der Staat sollte sich eben endlich daran gewöhnen, wie jeder normale Bürger auch nicht mehr auszugeben, als er einnimmt. Bzw. noch etwas zurückzulegen, um die Schulden zu bezahlen. Sonst fällt das alles auf die nachfolgenden Generationen oder es kommt wirklich zu einem Staatsbankrott und einer Währungsreform. Das gab es in der Geschichte häufiger, als sich die Menschen heute daran erinnern.

Mit besten Grüßen, Andreas Neuner.