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Frage von Margarete P. •

Bekommen Beamte im Krankheitsfall eine ungekürzte und unbeschränkte (zeitlich) Gehaltsfortzahlung?

Lt. Schwäb.Zeitung v. 26.8.25 erhielt eine Lehrerin in Duisburg 16 Jahre lang ihr volles Gehalt zwischen 5.051 € und 6174 € jeden Monat ohne einen einzigen Tag davon unterrichtet zu haben. Aus dem Artikel ging weiter hervor, dass sich Beamte, die lange krankgeschrieben sind, sich gegen eine einstweilige oder vorzeitig Versetzung in den Ruhestand wehren. Ich vermute, weil sie dann nicht mehr 100 % ihres Gehalts bekommen sondern "nur" 72 %.

Weshalb gibt es hier so riesengroße Unterschiede zu den gesetzlich Angestellten in der freien Wirtschaft? Wie rechtfertigen sich die Privilegien im Jahr 2025 der Beamten gegenüber den Angestellten in gleicher Position, die keinen Ortszuschlag, Verheirateten- und Kinderzuschlag bekommen? Das macht rd. 1.500 € pro Monat aus.

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Sehr geehrte Frau P.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich im Folgenden eingehen werde. Ich bitte zunächst um Verständnis, nicht eher geantwortet zu haben, da ich erst eine Befassung des Schulausschusses im Landtag NRW mit dem genannten Fall aus Duisburg abwarten wollte.

Die Frage nach der Gehaltsfortzahlung für Beamte im Krankheitsfall sowie der Vergleich zu Angestellten in der freien Wirtschaft berührt zentrale Aspekte des Beamtenrechts, die in Nordrhein-Westfalen gegenwärtig intensiv diskutiert werden. Die SPD Landtagsfraktion NRW setzt sich in dieser Debatte für eine faire, verfassungskonforme und sozial ausgewogene Gestaltung der Besoldung ein, die sowohl die besonderen Pflichten des Beamtenverhältnisses als auch die Notwendigkeit von Gerechtigkeit gegenüber anderen Beschäftigtengruppen berücksichtigt.

Zunächst ist festzuhalten, dass Beamte in Nordrhein-Westfalen – wie in ganz Deutschland – im Krankheitsfall tatsächlich Anspruch auf eine fortlaufende Besoldungszahlung haben, die sich grundlegend von den Regelungen für Angestellte in der freien Wirtschaft unterscheidet. Während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) für maximal sechs Wochen ihren vollen Lohn weitererhalten und anschließend Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung beziehen, das deutlich unter dem Nettoeinkommen liegt, erhalten Beamte ihre Bezüge in der Regel ununterbrochen weiter. Diese Regelung basiert auf dem Alimentationsprinzip, das im Grundgesetz (Art. 33 Abs. 5) verankert ist und dem Staat die Pflicht auferlegt, Beamte und ihre Familien lebenslang angemessen zu versorgen – im Gegenzug für deren besondere Treuepflicht und die Bereitschaft, auch unter erschwerten Bedingungen (z. B. in Krisen oder bei unpopulären Entscheidungen) im Dienst zu bleiben.

Der in Ihrer Anfrage erwähnte Fall einer Duisburger Lehrerin, die über 16 Jahre hinweg trotz Krankschreibung ihr volles Gehalt bezog, ist zwar ein Extrembeispiel, verdeutlicht jedoch die Rechtslage: Solange ein Beamter oder eine Beamtin dienstunfähig ist, aber noch nicht in den Ruhestand versetzt werden kann – sei es aus medizinischen oder rechtlichen Gründen –, besteht der Anspruch auf Besoldungsfortzahlung. Eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gegen den Willen der betroffenen Person ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, etwa wenn eine dauernde Dienstunfähigkeit ärztlich attestiert wird und keine Aussicht auf Genesung besteht. Die Ablehnung einer solchen Versetzung durch Beamte kann verschiedene Gründe haben, darunter auch finanzielle Erwägungen. Tatsächlich erhalten Beamte im Ruhestand in der Regel 71,75 % ihrer letzten Bezüge (bei mindestens 40 Dienstjahren). Dies stellt aber den Höchstsatz dar. Zunächst werden für jedes volle Dienstjahr 1,79375 % an Anspruch gesammelt, so dass bei einem früheren Ausscheiden eine deutlich niedrigere Summe anfällt. Hierbei sind auch die Versorgungsbezüge zu berücksichtigen, die steuerlich begünstigt sind und keine Sozialabgaben unterliegen, sodass die Nettoeinkommensdifferenz oft geringer ausfällt als der prozentuale Vergleich suggeriert.
Im konkreten Duisburger Fall ist tatsächlich von einem Missbrauch durch die Lehrkraft auszugehen. Auch fand offenbar keine adäquate Kontrolle durch eine amtsärztliche Untersuchung statt, die eigentlich nach spätestens sechs Monaten und danach immer wieder stattfinden sollte. Dies muss aufgearbeitet werden, damit es nicht zu ähnlichen Missbräuchen kommen kann.

Die Unterschiede der Besoldung von Beamten zu Angestellten in der freien Wirtschaft erklären sich historisch und systematisch: Beamte unterliegen besonderen Loyalitätspflichten (z. B. dem Verbot von Streiks oder Nebentätigkeiten ohne Genehmigung) und tragen Verantwortung für hoheitliche Aufgaben, die nicht ohne Weiteres durch Arbeitsverträge abgedeckt werden können. Das Alimentationsprinzip soll sicherstellen, dass sie diese Pflichten ohne Existenzängste erfüllen können – auch in Phasen der Erkrankung. 

Die in Ihrer Anfrage angesprochenen Zulagen wie Orts-, Verheirateten- oder Kinderzuschläge sind ebenfalls Teil des Alimentationssystems und sollen die unterschiedliche Kaufkraft in verschiedenen Regionen sowie die besonderen Belastungen von Familien ausgleichen. Dass diese Zulagen bei Angestellten in der freien Wirtschaft oft nicht gezahlt werden, liegt in der unterschiedlichen Systematik begründet: Während Beamte eine lebenslange Versorgung erhalten, basiert die Altersvorsorge von Angestellten auf der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge finanziert wird. Die SPD Landtagsfraktion NRW setzt sich dafür ein, die Transparenz und Gerechtigkeit bei der Vergütung zu erhöhen, um die Akzeptanz der Beamtenprivilegien in der Gesellschaft zu stärken. 

Abschließend ist festzuhalten, dass die Privilegien der Beamten nicht als Selbstzweck bestehen, sondern an die Erfüllung besonderer Pflichten geknüpft sind. Dennoch ist eine kontinuierliche Überprüfung und Anpassung dieser Regelungen notwendig, um sie an die sich wandelnden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Die SPD Landtagsfraktion NRW wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Besoldung von Beamten fair, leistungsgerecht und ohne unnötige Bürokratie gestaltet wird – im Einklang mit den Grundsätzen der Alimentation, aber auch mit dem Gebot der sozialen Gerechtigkeit gegenüber allen Beschäftigten.

Ich hoffe, dass Ihnen diese Ausführungen weiterhelfen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Andrea Busche

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