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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
81 %
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Frage von Gudrun S. •

Frage an Agnieszka Brugger von Gudrun S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Frau Brugger,

es ist in manchen Medien zu hören und zu lesen: die europäische Wirtschaftspolitik ist (mit-)verantwortlich als Ursache für die Not, die die Menschen in manchen afrikanischen Staaten, aber wohl auch im Nahen Osten zur Flucht nach Europa zwingt.
Sehen Sie eine reale Möglichkeit, an diesen Ursachen etwas zu ändern?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Spener,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

In einer globalisierten und komplexen Welt hat nahezu jedes staatliche und wirtschaftliche Handeln oft Auswirkungen auf andere Länder oder Menschen jenseits der eigenen nationalen Grenzen. So können politische Entscheidungen die Rahmenbedingungen und Wahrscheinlichkeiten von Verteilungskonflikten, Nahrungsmittelknappheit, sozialen Unruhen und im schlimmsten Fall die Destabilisierung von Staaten oder sogar Regionen positiv wie negativ beeinflussen. Die europäische und deutsche Politik hat damit auch Auswirkungen auf die Frage, ob wir die Lebensperspektiven der Menschen in ihren Heimatländern verbessern oder verschlechtern und steht somit auch im Zusammenhang mit der Frage, ob Menschen gezwungen sind ihre Heimat wegen Krieg, Terror, Verfolgung, Hunger oder wirtschaftlicher Not zu verlassen. Eine nachhaltige, verantwortungsvolle und vorrausschauende Politik muss diese Folgen im Vorfeld bedenken statt nur eigene kurzfristige Interessen auf Kosten der Menschen in anderen Weltregionen im Blick zu haben.

Die aktuelle Debatte um die Fluchtursachen ist sehr komplex. Eine gute Zusammenstellung über die vielen wichtigen Fragen und unsere konkreten grünen Antworten finden Sie in unserem grünen Antrag „Fluchtursachen statt Flüchtlinge bekämpfen“ ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/070/1807046.pdf ).

Wir fordern in unserem Antrag zum Beispiel eine aktivere Rolle Deutschlands bei der Verhütung von Kriegen durch frühzeitige Prävention und Diplomatie, eine Stärkung der Vereinten Nationen, ein Ende der verantwortungslosen Waffenexportpolitik und einen ambitionierten Klimaschutz, denn die Klimakatastrophe wird zukünftig zur Fluchtursache Nr. 1 werden, wenn wir nicht endlich schnell etwas unternehmen.

Aber auch im Bereich der Wirtschafts- und Außenhandelspolitik gibt es leider eine Reihe von Maßnahmen, die zu Armut, Raubbau an der Natur und Zukunftslosigkeit in anderen Weltregionen beitragen. Dazu zählen beispielsweise die derzeitigen Wirtschafts- und Handelsverträge der EU mit den afrikanischen Staaten, die vor allem die Privilegien der reichen Industrieländer sichern. Ebenso wie eine europäische Landwirtschaftspolitik, in der die Überproduktion von billig industriell hergestellten Lebensmitteln mit Exportsubventionen belegt und auf die afrikanischen Märkte geschwemmt wird, so dass ein Landwirt in seiner Heimat keine Chance hat, mit diesen Preisen mitzuhalten und der kleinbäuerlichen Strukturen vor Ort zerstört werden.

Ein anderes Beispiel ist die europäische industrialisierte Fischereipolitik, die dazu beigetragen hat, dass heimische Fischer ihre Arbeit oft aufgeben mussten, weil Küsten regelrecht leergefischt worden sind. Aber auch im Bereich der Rohstoffpolitik mangelt es weltweit an sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Standards: Um möglichst schnell an bestimmte Rohstoffe zu gelangen, werden Menschen enteignet und ganze Landstriche verwüstet und ausgebeutet. Auch zahlreiche Kriegsparteien finanzieren sich durch den Verkauf von Rohstoffen. Hier könnten beispielsweise internationale Zertifizierungen und Kontrollen dazu beitragen, diesen Raubbau zu erschweren und die Finanzströme von bewaffneten Gruppen über diesen Weg einzuschränken.

Es gibt also eine Reihe von Maßnahmen, die Fluchtursachen verschärfen und die die Lebensperspektiven der Menschen in ihren Heimatländern verschlechtern.

Wir Grüne setzen uns daher in vielen Bereichen mit konkreten Ideen und Handlungsalternativen für eine nachhaltige, solidarische sowie faire Handels- und Wirtschaftspolitik ein.

Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger

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