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Agnieszka Brugger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolfgang R. •

Frage an Agnieszka Brugger von Wolfgang R. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Brugger!

Unter folgendem Link https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/daten_zur_umwelt_umwelt_haushalte_und_konsum_1.pdf finden Sie die aktuellen Daten des Umwelt Bundesamtes zu Umwelt, Haushalt und Konsum.
Welchen Handlungsbedarf für die Politik (Gesetzgebungen, Verordnungen) erkennt Ihre Partei im Hinblick auf die Themen Ernährung (04) und Flugreisen (03, Mobilität)?
Die Flugleistungen werden nach Erkenntnis von Airbus sich in den nächsten 10 (?) Jahren sogar noch verdoppeln, wobei enorme CO2 - Mengen entstehen (siehe auch WWF CO2 - Rechner & https://germany.myclimate.org , 10 000 km -> ca. 2 t CO2 für 1 Person). Wie soll das mit den neuen Klima Zielen in Einklang gebracht werden?

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Richter

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Richter,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Klimaschutz ist aus grüner Sicht nach wie vor eine der dringlichsten Aufgaben der Politik. Um das allerschlimmste zu verhindern, muss die Erwärmung der Erde auf zwei Grad begrenzt werden da jeder weitere Temperaturanstieg das Weltklima unkontrollierbar kippen und unsere Lebensgrundlagen massiv bedrohen würde. Wir Grüne im Bundestag setzen uns deshalb dafür ein, dass Deutschland wieder Vorreiter im Klimaschutz wird. Dafür wollen wir in Deutschland die CO2-Emissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent senken.

Sicherlich war das Abkommen des Klima-Gipfels in Paris letztes Jahr ein riesiger Erfolg. Insbesondere weil sich die Staaten völkerrechtlich endlich auf das Zwei-Grad-Ziel verständigten. Nun geht es aber darum, die Einigung aus Paris, aber auch die europäischen und nationalen Zielvorgaben ambitioniert und glaubwürdig mit entsprechenden Zwischenschritten und konkreten Maßnahmen umzusetzen. Wir Grüne kritisieren immer wieder, dass den schönen Lippenbekenntnissen der schwarz-roten Bundesregierung auf nationaler Ebene nicht die entsprechenden Taten folgen und stellen gleichzeitig eigene Ideen und Lösungen zur Debatte.

Wir fordern eine CO2-Bremse im Grundgesetz, um die Wichtigkeit des Klimaschutzes zu unterstreichen und ein verbindliches Klimaschutzgesetz ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/016/1801612.pdf ), das bis 2050 die jährlichen Zielvorgaben für die Sektoren Stromerzeugung, Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft festlegt und mit konkreten Klimaschutzmaßnahmen versieht, damit wir nicht weiter auf Kosten zukünftiger Generationen leben und unsere Lebensgrundlage auf fatale Weise beschädigen. Das Gesetz soll zudem Orientierung und Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen schaffen und unsere industrielle Wertschöpfung erhalten. Folgende Strukturentscheidungen und Ziele müssen in einem solchen Gesetz festgeschrieben werden:

1. Den Kohleausstieg in den nächsten 15 bis 20 Jahren intensiv vorantreiben und konsequent in die Erneuerbare Stromversorgung überführen.

2. Den Rohstoff Öl in den nächsten 20 Jahren im Straßenverkehr durch den Einstieg in eine grüne Mobilität mit Elektromobilen, einer Verdoppelung von Bus- und Bahn-Angeboten und der Vernetzung aller Verkehrsmittel ersetzen.

3. Einen klimaneutralen Gebäudebestand in den nächsten 25 Jahren durch Faire Wärme mit Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz erreichen.

4. Den Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung und den Einstieg in eine grüne Landwirtschaft, die an Flächen und Umwelt angepasst wirtschaftet, einleiten.

Natürlich spielen beim Klimaschutz die beiden von Ihnen hervorgehobenen Themen eine große Rolle. Wir setzen einerseits auf kluge und aufgeklärte VerbraucherInnen, die auch ihr Konsumverhalten so gestalten, dass sie die Auswirkungen ihres eigenen Handels auch unter ökologischen Gesichtspunkten berücksichtigen. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan, aber das alleine wird nicht ausreichen. Es braucht an vielen Stellen auch entsprechende politische Maßnahmen.

In Bezug auf das Thema Ernährung ist deutlich sichtbar, dass nach wie vor ein großer Teil der Agrar- und Viehwirtschaft der Umwelt schadet, zudem in anderen Regionen der Welt die Zukunftsperspektiven der Kleinbauern vor Ort gefährdet und somit auch Fluchtursachen befeuert. Wir wollen eine Landwirtschaft, die Tiere artgerecht behandelt, das Klima schützt, die Artenvielfalt bewahrt und Bäuerinnen und Bauern eine Perspektive bietet. Dabei setzen wir auf eine massives Umsteuern bei der Förderpolitik, die in Zukunft vor allem Umweltleistungen, regionale, nachhaltige Produktion, den Erhalt der Artenvielfalt und Tierschutz belohnt, anstatt sie zum Wettbewerbsnachteil zu machen und die Förderungen riesigen Agro-Konzernen zukommen zu lassen, die nur den eigenen Profit im Blick haben. Darüber hinaus fördern wir eine Landwirtschaft, die ohne Gentechnik, Antibiotikamissbrauch, Giftstoffe und Pestizide arbeitet und setzen uns in diesem Bereich auch für entsprechende gesetzliche Regelungen ein. Wir wollen eine Landwirtschaft, die den Hunger in der Welt bekämpft und ihn nicht durch egoistische Exportsubventionen verschärft. Auch wollen wir eine Landwirtschaft, die den regionalen und ökologischen Anbau stärkt, anstatt auf Massenproduktion und Exporte zu setzen. Dazu gehört für uns auch eine faire und soziale Handelspolitik, die auf Fair-Trade setzt, die Menschen in anderen Weltregionen nicht ausbeutet und das Recht auf Nahrung global durchsetzt.

Die Agrarproduktion der Entwicklungs- und Schwellenländer leidet vor allem massiv unter direkten und indirekten landwirtschaftlichen Subventionen der Industriestaaten. Leidtragende sind dabei vor allem die Bäuerinnen und Bauern in den ärmeren Ländern außerhalb der EU, die gegenüber den Dumpingpreisen bspw. der Fleischindustrie nicht wettbewerbsfähig sind. Diese Kleinbäuerinnen und Kleinbauern können wir nur stärken, indem wir bspw. aufhören in anderen Ländern Flächen für Futtermittel zu belegen, die dort dringend zur Existenzsicherung gebraucht werden und indem wir die landwirtschaftlichen Auswirkungen auf unser Klima gering halten und zum Beispiel die massenhafte Produktion von Dumpingfleisch stoppen.

Wir Grüne setzen uns an vielen Stellen für eine Agrarwende hin zu einer ökologischen, lokal angepassten Landwirtschaft ein, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie.

Wir Grüne fordern aber auch beim Thema Mobilität dringend eine Kehrtwende der Verkehrspolitik. Insbesondere wollen wir den Fuß- und Radverkehr und die Nutzung von Bahn, Bus und Carsharing stärken und Mobilitätsangebote intelligent vernetzen, so dass alle Bürgerinnen und Bürger auf bequeme und bezahlbare Weise ihre Ziele erreichen. Der Erhalt der vorhandenen Infrastruktur hat für uns Vorrang vor immensem Straßenneubau und Prestigeprojekten wie bspw. dem Flughafen BER. Statt des teuren Katalogs „Bundesverkehrswegeplan“, der als Wünsch-Dir-Was-Katalog niemals zu finanzieren sein wird und keine klaren und transparent nachvollziehbaren Kriterien enthält, wollen wir Grüne einen Bundesnetzplan entwickeln, der die Engpässe im Verkehrsnetz behebt und die klimafreundlichen Verkehrsträger ausbaut.

Wir brauchen aber auch ein Klimaschutzziel speziell für den Bereich Verkehr, in dem bisher keine ausreichenden Maßnahmen getroffen wurden. Bis 2020 fordern wir daher die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich um mindestens 30 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dazu muss an den wahren Reduktionsbringern angesetzt werden: Kerosinsteuer, Tempolimit, Ausweitung der Lkw-Maut. Speziell im Bereich Flugverkehr wollen wir die durch seinen hohen CO2-Ausstoß verursachten externen Klima- und Umweltkosten auffangen, indem wir u.a. Subventionen in diesem Sektor abbauen und die Steuerbefreiung für Kerosin auf Inlandsflügen abschaffen. Außerdem soll die Flugverkehrssteuer („Ticket-Tax“) ökologisch ausgestaltet werden.

Zukünftig muss aber auch die massive Ölabhängigkeit des Verkehrs aufhören – das zeigen uns nicht nur der Feinstaubalarm und der aktuelle Abgas-Skandal. Wir müssen weg vom Öl und die Zukunft gehört der Elektromobilität auf Basis von erneuerbaren Energien. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen, werden wir mit den bisherigen Maßnahmen nicht erreichen. Aus diesem Grund fordern wir, eine Kaufprämie von bis zu 5.000 Euro für E-Autos einzuführen. Diese soll nicht über Steuergelder, sondern über eine Umlage bei der Kfz-Steuer finanziert werden, die beim Kauf von Autos mit hohem CO2-Ausstoß anfällt.

Weitere Vorschläge unserer Bundestagsfraktion zur Förderung der Elektromobilität können Sie den Anträgen „Elektromobilität entschlossen fördern – Chance für eine zukunftsfähige Mobilitätnutzen" ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/039/1803912.pdf ) und „Aus dem Pkw-Abgasskandal Konsequenzen ziehen - Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie sichern“ ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/063/1806334.pdf ) entnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Agnieszka Brugger

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