Lobbyregister der GroKo: Augenwischerei statt Transparenz

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Hamburg / Berlin 10. September 2020 - abgeordnetenwatch.de hat den Entwurf der großen Koalition für ein Lobbyregister untersucht und kritisiert problematischste Stellen. Am 8. September 2020 haben die Fraktionen von Union und SPD einen Entwurf für ein Lobbyregister in den Bundestag eingebracht. Der Entwurf soll nun an den Geschäftsordnungs-Ausschuss überwiesen werden. Eine Anhörung ist für den 1. Oktober geplant. „An der Transparenz gemessen ist der Entwurf mangelhaft, da er große Lücken aufweist und wesentliche Teile ausspart“, kommentiert Roman Ebener, Lobbyexperte bei der Organisation abgeordnetenwatch.de. „Änderungen, die seit dem ersten Bekanntwerdung Ende August vorgenommen wurden, können die gravierenden Lücken nicht schließen“, so Ebener.

Die folgenden Punkte sind aus Sicht von abgeordnetenwatch.de am kritischsten:  

1. Das größte Problem: Die Öffentlichkeit soll überhaupt nicht erfahren, wie lobbyiert wird. Der Entwurf sieht lediglich vor, dass Lobbyist:innen Angaben über sich veröffentlichen müssen. Wir erfahren also weder, um welches Gesetz die Lobbyaktivität geht, noch wer dazu kontaktiert worden ist. „Ohne die Kontakttransparenz bleibt geheimer Lobbyismus auf der Tagesordnung“, ist sich Lobbyexperte Ebener sicher. „Dabei sind gerade diese Angaben notwendig, um problematische Einflussnahme zu beseitigen.“

  2. Das Register bezieht sich ausschließlich auf den Bundestag. Dabei findet Lobbyismus auf allen staatlichen Ebenen statt. Bundesregierung und Bundesbehörden sind das Ziel der meisten Lobbyist:innen und werden im Entwurf nicht berücksichtigt. „Wenn es nach der GroKo geht, bleibt der größte Teil der in Deutschland stattfindende Lobbyismus also im Dunkel“, so Roman Ebener.  

3. Die Sanktionshöhe ist viel zu gering. 50.000 Euro maximale Strafe und nur eine Ordnungswidrigkeit, das ist für manche Lobbyeinflüsse, bei denen es durchaus um Milliarden gehen kann (Autogipfel, Rüstungsindustrie, Autobahnmaut, usw.) wohl eher die Portokasse. Vergehen müssen neben einer angemessenen Strafe auch eine sogenannte „Vorteilsabschöpfung“ beinhalten, damit sich Verstöße auf keinen Fall lohnen.  

4. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Lobbyist:innen selbst entscheiden können, ob sie Angaben zu ihren Finanzen veröffentlichen möchten. Das führt zu einer Zwei-Klassen-Transparenz bei den Finanzen. Zudem sind Personalkosten generell von der Veröffentlichung ausgenommen. Dabei dürften diese einen wesentlichen Teil der Lobbyaufwendungen ausmachen.

5. Im Gesetz sind zudem noch weitreichende Ausnahmen formuliert. So ist Lobbyismus, sofern er auf öffentlichen Veranstaltungen stattfindet, einfach ausgenommen. Ebenso sind Kirchen sowie alle Lobbyist:innen, deren Tätigkeit sich auf maximal zwei Wahlkreise bezieht, vom Eintragen ins Register komplett befreit. Warum der sogenannte lokale Lobbyismus komplett ausgenommen ist, geht aus dem Entwurf leider nicht hervor. „Das ist problematisch, denn letztlich sind auch z.B. Zuschüsse, die Abgeordnete für Unternehmen in ihrem Wahlkreis erwirken, für die Öffentlichkeit interessant“, erklärt der Experte von abgeordnetenwatch.de.

Roman Ebener weiter: „Der Entwurf ist Augenwischerei statt echte Transparenz. Geheimer Lobbyismus kann so weiterhin bestehen. Was ist ein Gesetz wert, das genau die problematischen Einflüsse, die ein Lobbyregister eigentlich verhindern müsste, gar nicht beseitigen kann? Den im Entwurf angekündigten ‚Regelungsrahmen für das Miteinander von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft‘ konnten wir nicht entdecken. Weder Amthors noch Guttenbergs Lobby-Eskapaden wären mit diesem Lobby“versteck“gesetz aufgeflogen.“

Hintergrund:

Bereits im August hat abgeordnetenwatch.de in einem offenen Brief zusammen mit LobbyControl, Bürgerbewegung Finanzwende, Campact, Democracy International, Mehr Demokratie und Open Knowledge Foundation Deutschland die größten Probleme angesprochen. Im Vergleich zum damals veröffentlichten Entwurf wurden nun einige Verbesserungen vorgenommen, doch die meisten sind eher kosmetisch, da die oben aufgeführten grundlegenden Probleme nicht gelöst wurden.

Link zum Offener Brief

Der Gesetzentwurf für ein Lobbyregister, den abgeordnetenwatch.de gemeinsam mit LobbyControl erarbeitet hat, weist die oben kritisierten Lücken nicht auf.

Gesetzentwurf von abgeordnetenwatch.de und LobbyControl

Über 300.000 Menschen unterstützen eine Online-Petition von abgeordnetenwatch.de für umfassende Lobby-Transparenz