Das Parlament stimmte namentlich über die umstrittene Änderung von Artikel 90 im Grundgesetz ab. Die Änderung ist Teil eines großen Gesamtpaketes, welches die zukünftigen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern regelt, und benötigte eine 2/3-Mehrheit.
Die Gesetzesänderung der Bundesregierung sieht vor, dass der Bund ab 2020 eine Infrastrukturgesellschaft Verkehr GmbH gründet, die zukünftig für die Autobahnen verantwortlich sein wird. Diese GmbH soll unveräußerlich der Bundesrepublik gehören, ist jedoch privatrechtlich organisiert. Streckennetze sollen nicht privatisiert werden können, sondern nur Strecken bis 100 km, die in Öffentlich-Private Partnerschaften ausgelagert werden. Diese Begrenzung regelt ein Begleitgesetz, welches wiederum nicht im GG verankert ist.
Dies war der Hauptkritikpunkt der Opposition. Die Fraktion DIE LINKE stimmte geschlossen gegen den Antrag, da sie eine sukzessive Privatisierung der Autobahnen befürchtet. So könnte das Begleitgesetz in der nächsten Legislaturperiode von einer einfachen Mehrheit wieder abgeschafft werden. Die Linksfraktion stellte ihrerseits einen Änderungsantrag, mit dem Ziel, ein Privatisierungsverbot im Grundgesetz zu verankern, das nicht mit einer einfachen Mehrheit wieder abgeschafft werden kann.
Auch die Grünen votierten mit Nein. In der vorausgegangenen Plenardebatte teilten die Redner der Fraktion die Befürchtung, dass das Begleitgesetz, das die ÖPP einschränkt, in der nächsten Legislaturperiode wieder abgeschafft werden könnte. Hintertüren sieht die Oppositionsfraktion ebenfalls nicht als geschlossen an. Auch die Grünen stellten einen Änderungsantrag zur Abstimmung, der allerdings abgelehnt wurde.
Die Regierungskoalition aus Union und SPD sieht in der Schaffung einer zentralen Infrastrukturgesellschaft eine Möglichkeit, die Verwaltung der Autobahnen nun effektiver und effizienter regeln zu können. Die Koalition schloss eine Privatisierung in der Debatte entschieden aus und verdeutlichte, dass die Autobahnen weiterhin im Besitz des Staates bleiben werden. Die SPD-Fraktion erklärte in der vorangegangenen Debatte wiederholt, dass sie durch die geschaffenen Kompromisse die Gefahr einer Privatisierung gänzlich verhindert habe.
Mehrere Abgeordnete von SPD und Union stimmten entgegen der Fraktionsdisziplin gegen den Antrag der eigenen Regierungskoalition und stimmten mit nein.
Die Abstimmung über die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft war Teil eines größeren Gesetzespakets zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzordnung. Das Abstimmungsverhalten der Bundestagsabgeordneten zu dem Gesamtpaket haben wir hier dokumentiert.
Zu einzelnen Punkten des Gesetzespakets gab es außerdem Anträge der Oppositionsfraktionen, die allesamt mit den Stimmen von Union und SPD abgelehnt wurden. Das Abstimmungsverhalten finden Sie hier auf der Internetseite des Deutschen Bundestages.
Die Plenardebatte ist hier auf der Bundestagswebseite als Video anzusehen.
Schaffung einer zentralen Gesellschaft für Autobahnen und Bundesstraßen
Der Bundestag hat mit einer 2/3-Mehrheit die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft ab 2020 beschlossen. Kritiker befürchten dadurch eine Privatisierung von Autobahnen durch die Hintertür - die Regierungskoalition weist dies zurück.
Dafür gestimmt
455
Dagegen gestimmt
146
Enthalten
2
Nicht beteiligt
27
Abstimmungsverhalten von insgesamt 630 Abgeordneten.
Kommentare
In eigener Sache: Warum Abgeordnetenwatch die Kommentar-Funktion abgeschaltet hat
Peter Schrein am 18.06.2017 um 20:33 Uhr
PermalinkEs gibt eine Alternative endlich wieder Demokratie in den Parlamenten freie und geheime Abstimmung unserer Volksvertreter dann kämen keine Lobbyisten mehr und die Bestechungen hätten ein Ende.Denn namentliche Abstimmung und Fraktionszwang und haben nun wirklich nichts mit Demokratie zu tun.
siehe GG Art.38 !!
Thomas Schwarz am 18.06.2017 um 21:47 Uhr
PermalinkHerr M. Hakverdi hat Wilhelmsburg mit zwei neuen Autobahnen in eine gesundheitlich bedenkliche oder gefährdende Situation gebracht. Feinstaub, Stickoxide + CO 2 kann man nicht weg lügen. Sie gefährden Kinder und Senioren insbesondere. SPD steht leider nicht für den Klimawandel, Sie reden nur davon. Keinen Simme dem Metin Hakverdi.
Dirksen am 20.06.2017 um 01:15 Uhr
PermalinkDer Bau der A1 von Bremen bis vor Hamburg, verlief wunderbar und flott! Da geht ausschließlich die Lkw-Maut in die Kassen der Privaten, dafür haben die aber immenses geliefert!
Das hätten Beamte in 10 Jahren gebracht, was hier in 3 Jahren fertig wurde.
Irmi Reutter am 21.06.2017 um 22:48 Uhr
PermalinkEin großes Dankeschön an alle SPD-Abgeordneten, die sich gegen dieses Gesetz entschieden haben. Leider gehört inzwischen Mut dazu als Abgeordneter sich der Meinung der Führungsriege zu widersetzen. Offensichtlich ist sie ist nicht in der Lage die Tragweite ihrer Entscheidung zu beurteilen. Die Genossinnen und Genossen hätten sich mal besser die Rede von Frau Wagenknecht zu diesem Thema anhören sollen. Vielleicht schaltet man aber auch gleich seinen Verstand aus, wenn von dieser Seite schlüssige Argumente kommen.
wolf am 23.06.2017 um 17:12 Uhr
PermalinkDie LKW-Maut zahlt der Verbraucher, dem Staat entgeht sie so !! Die Anschubfinanzierung an die priv. Konzessionäre übrigens auch.
Die BAB wird demnächst ein 2. mal vom Steuerzahler bezahlt. Hier wurde die Verteilung von Volksvermögen in die privaten Taschen der Konzerne legitimiert.
Danke Rose H. !
marce am 27.06.2017 um 10:29 Uhr
PermalinkEs ist immer das Gleiche. Erst streuen sie uns Sand in die Augen und hinterrücks wird dann das Tafelsilber verscherbelt. Alles natürlich nur zum Wohle des deutschen Volkes. Dabei geht es immer nur um das Wohl Einzelner. Hinterzimmerpolitik nenne ich das! Kein Wunder, dass seit Jahren die Politikverdrossenheit zunimmt und immer weniger Leute zur Wahl gehen. Die Politiker vertreten nicht uns, sondern diejenigen, von denen sie mit heimlichen Spenden versorgt werden.
heinz-lieske am 30.08.2017 um 20:41 Uhr
PermalinkDie Schaffung einer Infrastrukturgesellschft (GmbH) für die Bundesautobahen birgt schon die Möglichkeit der Privatisierung der Autobahnen in sich. Daher ist das Gesetz und auch eine Privatisierung von Autobahnen und Straßen abzulehnen. Der Staat hat für die notwendige Infrastruktur und deren Nutzung durch die Allgemeinheit zu sorgen. Eine Privatisierung führt letztlich zu höheren Kosten und möglicherweise zu neuen Gebühren. Eine weitere Belasstung der Bürger mit Steuern und Gebühren ist nicht mehr hinnehmbar.