Warum Sie von Politikern eine öffentliche Antwort einfordern sollten

Dass Politiker auf öffentliche Bürgerfragen ebenso öffentlich antworten, ist der Regelfall auf abgeordnetenwatch.de. Doch einige Volksvertreter versuchen sich der Öffentlichkeit zu entziehen und den Dialog mit Bürgern ins Hinterzimmer zu verlegen. Wir möchten Sie ermutigen: Geben Sie diesen Abgeordneten die Rückmeldung, dass sie eine öffentliche  Antwort wollen - sonst ändert sich ihr Verhalten nie.

von Gast / gelöscht, 27.08.2015

Stellen Sie sich Folgendes vor: Seit langem schon brennt Ihnen ein Thema unter den Nägeln, zum Beispiel die drohende Schließung des öffentlichen Schwimmbades, die Schultoilletten deren Sanierung schon wieder verschoben wurde oder Vandalismus in ihrer Stadt. Demnächst ist Oberbürgermeisterwahl und sie wollen von den Kandidatinnen und Kandidaten wissen, wie sie das Problem lösen wollen. Also formulieren Sie auf abgeordnetenwatch.de ihre Frage.

Die gute Nachricht vorweg: Die Chance, eine Antwort zu erhalten, ist relativ groß. Denn die meisten Politiker (90%) stehen bereitwillig Rede und Antwort. So zum Beispiel auch ein CSU-Politiker, der in der Zeitung erklärt, dass er die Fragen auf dem Wege beantworte, auf dem sie ihn erreichen. Aber leider gibt es auch Politiker, die sich dem öffentlichen Dialog verweigern.

Eine Fragestellerin wollte kürzlich nicht so einfach hinnehmen, dass ihre Frage über abgeordnetenwatch.de unbeantwortet blieb und wandte sich direkt per E-Mail an den SPD-Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl in NRW. Kurze Zeit später erhält sie eine Rückmeldung - ebenfalls per E-Mail:

Ich bevorzuge und biete lediglich die von mir eingerichteten Kommunikationskanäle.

Zwar bekommt die Nutzerin dann auch eine Antwort auf Ihre Frage, die aber ist natürlich nicht öffentlich. Eine widersprüchliche Begründung liefert der Politiker in der E-Mail gleich mit:

Denn wer nicht antwortet, wird [sic], läuft Gefahr  - von wem auch immer - öffentlich vorgeführt, unabhängig von der Qualität der Fragen und unabhängig von einer eventuellen Absicht, die hinter einer Frage steckt. Daher sind einige Politiker bereits zum Boykott von Abordnetenwatch [sic] übergegangen.

Tatsächlich antworten ein paar Politiker nicht über abgeordnetenwatch.de (was selbstverständlich auch ihr gutes Recht ist). Das grundlegende Missverständnis ist jedoch, dass die Politiker am Ende nicht abgeordnetenwatch.de boykottieren, sondern leider vor allem Bürgerinnen und Bürger, die sich die Mühe gemacht haben einen Politiker zu kontaktieren - und nun bitter enttäuscht werden. 

Vielleicht an dieser Stelle noch mal etwas Grundsätzliches zu abgeordnetenwatch.de. Mit dem Portal möchten wir eine Gelegenheit für öffentlichen, transparenten Austausch zwischen Bürgern und Politikern bieten. Ein Fragesteller entscheidet sich ganz bewusst für den öffentlichen Weg, da er die Antwort gerne teilen möchte. Wir finden, dass in der Demokratie die Bürgerinnen und Bürger den Weg der Kommunikation wählen sollten und gerade der öffentliche Kanal eine Berechtigung hat.

Das sieht natürlich nicht jeder so. Ein CSU-Politiker erklärt in seiner Lokalzeitung öffentlich, wie man ihn erreichen kann und wie besser nicht:

Alle, die was von mir wissen möchten, denen stehe ich über die normalen Kommunikationswege zur Verfügung.

Neue Medien, soziale Netzwerke oder abgeordnetenwatch.de sind für ihn dabei scheinbar nicht normal.

Nur damit die Leute Dampf ablassen können? Das sehe ich nicht ein!

"Einfach Dampf ablassen", das ist auf abgeordnetenwatch.de im Gegensatz zu Briefen oder E-Mails gar nicht möglich. Laut unserem Moderations-Codex sind Beleidigungen ausgeschlossen, und deswegen lesen wir alle Fragen vor der Veröffentlichung durch. Doch der CSU-Abgeordnete geht sogar noch weiter und bietet einen ganz besonderen Service an. Er lasse "von lokalen Fragestellern die Telefonnummern heraussuchen" und kontaktiere sie dann direkt. Ob ein Fragesteller von einem Abgeordneten unvorbereitet am Telefon überrascht werden will, spielt für diesen Volksvertreter scheinbar keine Rolle.

Weshalb ein unabhängiges Portal wie abgeordnetenwatch.de wichtig ist, bewies kürzlich eine CDU-Politikerin. Nach Aussage eines Bürgers wurde sein kritischer Kommentar auf der Facebookseite der Abgeordneten wieder gelöscht. Um die Volksvertreterin mit seinem Anliegen dennoch konfrontieren zu können, blieb dem Bürger zum Glück noch ein Weg: über abgeordnetenwatch.de.

Wir möchten Sie ermutigen: Wenn auch Sie einmal mit einem  Standardschreiben abgewimmelt werden oder ein Abgeordneter ihren  Facebookkommentar löscht - lassen Sie es nicht darauf bewenden! Es ist wichtig, dass unsere Volksvertreter eine Rückmeldung erhalten, dass Sie Wert auf einen öffentlichen Austausch legen. In einer Demokratie geht alle Macht vom Volke aus - dies sollte schon bei der Wahl der Kommunikationswege beginnen.


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