13 Bundestagsabgeordnete melden Nebeneinkünfte von mehr als 100.000 Euro

Jeder vierte Bundestagsabgeordnete geht nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen einer bezahlten Nebentätigkeit nach. Allein 13 von ihnen haben seit Beginn der Legislaturperiode über 100.000 Euro kassiert – und damit sehr viel mehr als mit ihrer Abgeordnetendiät.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 26.07.2014
15 Kommentare

Bei Abgeordneten ist gemeinhin von „Nebeneinkünften“ die Rede, tatsächlich aber kassieren viele Volksvertreter mit ihrer Nebentätigkeit sehr viel mehr als mit ihrem Hauptjob. Nach abgeordnetenwatch.de-Berechnungen haben 13 Bundestagsabgeordnete in den ersten neun Monaten der Legislaturperiode bereits Nebeneinkünfte von jeweils mehr als 100.000 Euro gemeldet.

Da die Abgeordneten ihre Nebeneinkünfte auf der Parlamentshomepage lediglich in zehn groben Verdienststufen angeben müssen, lassen sich keine genauen Angaben über die tatsächliche Höhe machen. Bei den im folgenden aufgeführten Nebeneinkünften der Spitzenverdiener handelt es sich deswegen um Mindestbeträge. In Wirklichkeit dürften die Einkünfte z.T. deutlich höher liegen.

Insgesamt siebenmal haben Abgeordnete Nebeneinkünfte der Höchststufe 10 gemeldet, mit der Beträge von mehr als 250.000 Euro erfasst werden. Da die Verdienststufe nach oben offen ist, könnten die tatsächlichen Einkünfte theoretisch auch bei 1 Million Euro oder darüber liegen. Einkünfte dieser Sttufe veröffentlichten bislang der Rechtsanwalt Peter Gauweiler (im Fall von zwei Mandanten), Stephan Harbarth (Gehalt als Vorstandsmitglied einer Wirtschaftskanzlei für 2013 sowie 2014), der Landwirt Albert Stegemann (im Fall eines Vetragspartners für 2013 sowie 2014) und Hans Michelbach (jährlicher Gewinn als Geschäftsführer einer Unternehmensgruppe). Alle vier Parlamentarier gehören der CDU/CSU-Bundestagsfraktion an.

Nach abgeordnetenwatch.de-Recherchen haben in den ersten neun Monaten der Legislaturperiode 150 der 631 Bundestagsabgeordneten mindestens eine bezahlte Nebentätigkeit angegeben. Unter dem Strich belaufen sich sämtliche Einkünfte auf mindestens 6,6 Millionen Euro.

Nach Fraktionen aufgeschlüsselt ergibt sich folgendes Bild:

Bei den Nebeneinkünften handelt es sich um Bruttoangaben. Freiberufler haben davon u. U. Mitarbeiter, Mieten oder Gerätschaften zu bezahlen.

abgeordnetenwatch.de kritisiert, dass wegen der groben Stufenangaben ein großer Teil der Nebeneinkünfte im Dunkeln bleibt. Auch die Geldgeber sind in vielen Fällen unbekannt, da Freiberufler ihre Vertragspartner oder Mandanten nicht namentlich nennen müssen. Mindestens 2,1 Millionen Euro haben Bundestagsabgeordnete seit vergangenen Oktober aus anonymen Quellen kassiert.

Auf Twitter schrieb Ulrich Kelber, SPD-Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, über die Nebentätigkeiten seines GroKo-Kollegen Gauweiler:


Lesen Sie auch:


So haben wir gerechnet:
Da wegen des 10-Stufensystems keine Angaben über die tatsächliche Höhe der Nebenverdienste möglich sind, haben wir jeweils die unterste Euro-Grenze der zehn Verdienststufen herangezogen. Beispiel: Bei einem Abgeordneten, der auf der Bundestagshomepage einen Verdienst der Stufe 6 (zwischen 50.000 und 75.000 Euro) aufführt, flossen 50.000 Euro in die Berechnung ein. Monatliche Einkünfte wurden mit 9 multipliziert (1. November 2013 bis einschließlich Juli 2014). Sofern ein Parlamentarier nicht die vollen neun Monate tätig war, wurde dies in der Rechnung entsprechend berücksichtigt. Eingeflossen in die Berechnung sind sämtliche Einkünfte, die von den Abgeordneten seit Beginn der Legislaturperiode am 22. Oktober 2013 auf der Bundestagshomepage veröffentlicht wurden. Darunter fallen auch sog. "Nachträge zur 17. Wahlperiode", also Einkünfte, die vor der Bundestagswahl angefallen sind, aber erst danach ausgezahlt wurden. Bundestagsabgeordnete müssen ihre Einkünfte innerhalb von drei Monaten nach Erhalt beim Bundestagspräsidenten melden. Sie werden anschließend auf der Bundestagshomepage veröffentlicht.

 

Fotos: Gauweiler & Wöhrl © Henning Schacht, Lizenz: CC-BY-SA 3.0 | Steinbrück © SPD-Fraktion | Mißfelder © Anton Koenigs Lizenz: CC BY-SA 3.0

Lizenz: Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-SA 4.0.

Kommentare

Permalink

Beeindruckende Zahlen!! Wenn man nur auf den Gauweiler schaut...

Aber es geht noch beeindruckender - oder sagen wir: verstörender! Zumindest für mich als Hartz4-Bezieher.

Schauen wir uns das mal an: er hat also in den vergangenen 9 Monaten mindestens (denn das ist ja nur der Mindestbetrag - genaue Zahlen bekommen wir ja nicht - nur die Einkommensklassen und die gehen von - bis ...) 967500 € als Nebeneinkunft bekommen - das macht im Schnitt 274,9 Regelsätze Hartz4 IM MONAT!!

Dazu - wir wollen ihn ja nicht verhungern lassen - gabs natürlich auch noch die Kohle für seine eigentliche - ähem - Haupttätigkeit: die Diäten. Da nehm ich natürlich auch nur den Betragt der Diäten ohne Aufwandsentschädigungen und so ein Gedöns. Das sind jeden Monat 8667 € - oder 22,1 Regelsätze H4.

Zusammen hat er also jeden der letzten 9 Monate 297 Regelsätze bekommen - mit einem Monatseinkommen vom Gauweiler muss ich also - wenn ich die KdU nicht berücksichtige - 24 Jahre und 9 Monate auskommen! Von diesem durchschnittlichen Monatseinkommen muss ich also 24 Jahre und 9 Monate jeden Monat meine Stromrechnung bezahlen, meine Lebensmittel einkaufen, Bus, Bahn, Telefonkosten entrichten, Kleidung anschaffen und auch waschen, Körperpflegeprodukte beschaffen, Arzneimittelzuzahlungen bestreiten, die Wohnung renovieren, Elektrogeräte wie Waschmaschine oder Kühlschrank reparieren oder ersetzen, etc. pp. - halt alles, was so in 297 Monaten anfällt - alles ausser der reinen Miete und der Heizung. Von Ausgaben für Bildung oder Kultur wollen wir da gar nicht erst reden!!

Oder noch schöner gesagt: das, was er in den letzten 9 Monaten bekommen ("verdient" kann ich nicht schreiben - da streiken die Finger!) hat, würde ich unter H4 in 222 Jahren und 9 Monaten bekommen!

Und bitte! Das oben stehende jetzt nicht wieder unter dem Begriff "Neiddebatte" abtuen - ich würde mir nur wünschen, dass unsere Abgeordneten sich solche Zahlen mal durch den Kopf gehen lassen - jedesmal, wenn wieder eine Debatte oder eine Entscheidung zum Arbeitslosengeld 2 ansteht - gerne auch, wenn es um Mindestlöhne oder Leiharbeit geht! Ob das wohl möglich ist?

Antwort auf von Thomas Rindt

Permalink

[gelöscht wg. Verstoßes gegen die Netiquette - die Red.]

Antwort auf von Thomas Rindt

Permalink

Lieber Herr Rindt, gut rechnen können Sie ja, statt neidisch auf Herrn Gauweiler zu zielen, könnten sie sich doch einfach nur einmal über den Weg der Eigenverantwortung um sich selbst kümmern. Dann geht es auch voran mit ihrer Entwicklung !

Antwort auf von müller

Permalink

Guter Tipp - das Niveau dazu hätte ich ... Kann man bei Ihnen ja wohl nicht behaupten - wenn man Ihre erste Antwort anschaut.

"Bildung" macht sich bei uns halt leider nur in Scheinen und Zeugnissen fest - eine persönliche Bildung, Benehmen, oder auch nur die Kunst, inhaltentnehmend zu lesen - das zählt leider nichts...

Mein Mitleid haben SIe!

Antwort auf von Thomas Rindt

Permalink

Mitleid ist die falsche Bezeichnung, Verachtung ist schon etwas genauer, zumindest empfinde ich es so.
Herzensbildung geht oft umso mehr verloren, je größer das Einkommen wird.
Mit der Hände Arbeit ist Reichtum nicht möglich.
Erbschaft, Beziehungen oder Skrupellosigkeit spielt da eine Rolle.
Erben gönne ich Jedem!
Gewissenlos eingesacktes Geld soll dem Bösen kein Glück auf Erden bringen und MItnehmen kann keiner etwas, unser aller letztes Hemd hat keine Taschen.
Also sehen wir es möglichst gelassen und machen wir bei der passenden Gelegenheit sachlich immer wieder unseren Mund auf! Bitte.
Herzliche Grüße
Elisabeth

Antwort auf von Thomas Rindt

Permalink

humane aber richtige Antwort

Antwort auf von müller

Permalink

Ich habe einen Doktor in Elektrischer Antriebstechnik, bin leitender Angestellter in einem Großkonzern und Hern Gauweilers Nebeneinkünfte pro Monat sind auch für mich fast ein Jahresgehalt. Habe ich etwas falsch gemacht oder sind Jahresgehälter von über 1,2 Millionen im Jahr in anderen Branchen normal? Ich habe Freunde die Anwälte sind, die haben zwar auch gut Geld aber so viel? Und die arbeiten so viel, dass sich ein Nebenjob in der Politik kaum ausgeht....

Und ja ich will auch so viel Geld...

Permalink

Neiddebatte hin oder her, für mich geht es hier primär darum wieso ein gewählter Volksvertreter, der im Deutschen Bundestag auch meine Interessen vertreten soll Nebeneinkünfte in dieser Höhe erziehlen kann, darf oder muss. Wenn man sich loslöst von den H4-Berechnungen auf das durchschnittliche Erwerbseinkommen eines deutschen Arbeiters sind das immer noch 50 Löhne die ein Herr Gauweiler monatlich als sogenannten Nebenverdienst erziehlt.
Bin ich weltfremd oder ist das normal? Ist echte gute Handwerkskunst heute nichts mehr wert?

Wieso sind solche Nebentätigkeiten eigentlich nicht genehmigungspflichtig wie bei jedem deutschen Beamten oder zustimmungspflichtig wie bei jedem Arbeitnehmer?

Das unter den Nebentätigkeiten die eigentliche Arbeit unserer Volksvertreter im Deutschen Bundestag leidet kann man ja vielfach erkennen. Leere Sitzungsräume, Gesetze die von Anwaltskanzleien geschrieben werden (vielleicht sogar von Herrn Gauweiler) die dann vom Bundestag bezahlt werden, fehlende Antworten auf Fragen die man im März diesen Jahres gestellt hat.
Ich denke die Liste lässt sich endlos fortführen.

Schluss mit diesem Wahnsinn.

Antwort auf von Thomas G.

Permalink

Lieber Herr Thomas G.,
wie soll Schluss gemacht werden mit diesem Wahnsinn? Warum werden die Regeln für unsere " Vertretungsangestellten " auf Zeit nicht von uns Bürgern aufgestellt? Warum dürfen die Gewählten die für sie geltenden Regeln ( ganz sicher nicht zu Ihrem Nachteil ) selber aufstellen? Gehen Sie mal zu Ihrem Chef und bestimmen Ihren Lohn selber!
Der Fisch stinkt vom Kopfe her, die Regekln sind faul, daran ändert auch nicht, daß langsam immer mehr Abgeordnete ( jetzt offenbar 233 )
sich öffentlich für mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften einsetzen. Mehr Transparenz ist das Mindeste, andere restriktivere Regeln sind das andere.
Gerhard Lorentz

Permalink

Kurze Verständnisfrage:

Das sind doch die Einkünfte?
Hab ich das richtig verstanden das wenn Herr Gauweiler eine Mandaten an nimmt, Er das Honorar veröffentlichen muss aber keine Kosten die mit diesem Mandaten entstehen? (Hauptsächlich Personalkosten)

Permalink

Entweder die Abgeordneten leisten tatsächlich etwas für ihr Geld, dann stellt sich die Frage, wieviel Zeit Ihnen noch für die parlamentarische Tätigkeit bleibt? Oder sie leisten nichts, bzw. zu wenig bzw. sind überbezahlt, dann handelt es sich wohl eher um einen versteckten Bestechungsversuch, oder milder ausgedrückt, um eine indirekte Einflussnahme.

Beides kann nicht im Sinne unserer Demokratie sein, oder?

Antwort auf von Andrea Mörike

Permalink

Punktlandung, Frau Mörike!
Doch nagt der Wolf sich nur das Bein ab, wenn er auswegslos in der Falle steckt.
Es wird ein langer Weg von "abgeordnetenwatch" hin zu Gesetzen, die gewählte Vertreter zwingen ihre Arbeit für die sie angeheuert wurden auch zu erledigen.
Vielleicht sollte es neben den Einkünften noch eine Spalte für Fehlzeiten geben und eine für verpasste Abstimmungen. Das käme dann in den Medien hier und da zum tragen.

LG

Permalink

Auch mit Blick auf "Leistung" ist solches Spitzeneinkommen absolut u n v e r h ä l t n i s m ä ß i g.

Wer die berechtigte, zum Nachdenken anregende Kritik an dieser Unverhältnismäßigkeit , wie sie von Herrn Rindt korrekt dargestellt wird, mit "Neiddebatte" antwortet, der möchte die hier zwingend notwendige GIER-Debatte unterdrücken.

Ausgerechnet Abgeordnete, die den Hartz-IV-Regelsatz rein in der Theorie - in der Gewissheit niemals diese Realität selber auskosten zu müssen - für A n d e r e als ausreichend befinden, füllen für sich selber in ganz anderen Kategorien die Taschen.

Deutlicher kann wohl kaum der Sinnspruch vom "ungenießbaren Wasser predigen und selber Wein saufen" bestätigt und gelebt werden.

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.