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Frage von Hartmut Frank M. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Hartmut Frank M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Neskovic,

Herr Georg Schmid trat zurück. Seine Frau beschäftigte er offensichtlich 23 Jahre lang, unrechtsmäßig, für z.Z. 5.500 Euro pro Monat.
Bezahlt Herr Schmid diese Riesensumme zurück? Warum wird soetwas nicht strafrechtlich verfolgt?

Vor ein paar Monaten wurde ein 16 jähriger Schwarzfahrer zu 2 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.
In Norwegen gibt es meine Wissens sehr gute Angebote für solche Straftäter, man bekommt dort eine tatsächliche zweite Chance. Und die Rückfallquote ist dort sehr gering.
Warum wendet man soetwas nicht auch hier an? Stichwort "Schwitzen statt sitzen".

Beispiel drei: Herr Wiesheu. Er fuhr volltrunken einen Menschen tot, wurde lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und wurde danach Minister.
Wie passt das zusammen?
Ich meine Kapitaldelikte gehören gleich behandelt, d.h. Herrn Schmids Vergehen sollte so geahntet werden wie das Vergehen des jungen Schwarzfahrers.
Meines Erachtens gehören Gewaltdelikte anders bestraft als die Delikte von Schwarzfahrern, von kleinen Dieben usw. Ich meine, bei solchen Vergehen würde es auch andere Möglichkeiten geben, um diese Täter zu bestrafen.
Ich verstehe z.B. nicht, dass manche U-Bahnschläger mit einer Bewährung davon kamen, Schwarzfahrer aber u.U. eingesperrt werden? Es gibt Mütter von Schulschwänzer, die ein Bußgeld nicht bezahlten, und ebenfalls eingesperrt wurden. Ich meine, da gäbe es andere Möglichkeiten.

Bei Gewaltdelikten oder Unfalltod verursacht durch einen Betrunkenen, müsste m.E. härter durchgegriffen werden als bei einem Schwarzfahrer. Sehen Sie das auch so?

Zum besseren Verständnis sende ich Ihnen drei Links mit, in denen Sie die jeweilige Beispiele sehen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Wiesheu#Verkehrsunfall_und_Verurteilung

http://www.sueddeutsche.de/bayern/csu-gehaltsaffaere-georg-schmid-gibt-auf-1.1663010

http://www.derwesten.de/panorama/16-jaehriger-schwarzfahrer-muss-fast-drei-jahre-ins-gefaengnis-id7536572.html

Mit freundlichen Grüßen
Mueller

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Sehr geehrter Herr Müller,

haben Sie Dank für Ihre Frage.

In ihr mischen sich strafrechtliche, zivilrechtliche und strafprozessrechtliche Fragestellungen unter dem Aspekt der Gleichbehandlung der Menschen vor
dem Recht.

Ich denke, es gibt grundsätzlich zwei Ebenen der Betrachtung.

Zum einen entscheidet die Justiz richtigerweise nach dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit. Daraus ergeben sich zwangsläufig subjektive Bewertungsunterschiede, die jedoch im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Justiz hingenommen werden müssen. Auch Richter urteilen bei der Auslegung von Gesetzen im Rahmen ihre subjektiven Wertungshorizonte. Vor diesem Hintergrund kann es bei gleichgelagerten Sachverhalten auch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Ich erinnere nur daran, wie unterschiedlich die Urteile der Verwaltungsgerichte zur Rechtschreibreform ausgefallen sind. Hier war die Rechtslage in allen Fällen identisch, die Ergebnisse und ihre Begründungen jedoch höchst unterschiedlich.

Einen Ausgleich findet diese "Subjektivität" in der Rechtsprechung der Bundesgerichte. Diese haben im Rahmen bestimmter Grenzen für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung Sorge zu tragen. Dort, wo es noch zu (scheinbaren) Widersprüchen kommt, sind diese hinzunehmen, weil nur so eine unabhängige Justiz gewährleistet werden kann.

Auf der zweiten Ebene der Betrachtung geht es dann aber darum, einer unabhängigen Justiz die notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zu verschaffen, damit nicht der berechtigte Vorwurf der Klassenjustiz erhoben werden kann. Eine überlastetet Justiz neigt z. B. zwangsläufig dazu, für sogenannte Deals ein offenes Ohr zu haben oder auch in Zivilprozessen "kurzen Prozess" zu machen.

Hierzu einige Reformvorschläge, für deren Verwirklichung ich mich einsetze:
Gerichtliche Deals mit (meist wohlhabenden) Angeklagte gehören verboten. Die Karrieren der Richterinnen und Richter dürfen nicht vom Wohlwollen der Justizminister abhängig sein. Die Justiz sollte in ihrer Besetzung die soziale Herkunft im Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Gerichte und Staatsanwaltschaften sollten nach dem Gedanken der Selbstverwaltung organisiert sein.

Für diese und weitere Reformen in der Justiz werde ich mich auch im neuen Bundestag einsetzen - sofern ich wiedergewählt werde.

Ich setze Ihnen einige Links unter diesen Text, die Sie zum Thema vielleicht interessieren werden.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Neskovic

Kampfsportler in Roben: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/kampfsportler-in-roben

Verbotene Liebe: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/verbotene-liebe

Macht und Vielfalt: http://www.linksfraktion.de/reden/macht-vielfalt/

"Paschukanisierung": http://www.wolfgang-neskovic.de/artikel/paschukanisierung-strafrechts

Selbstverwaltung der Justiz: http://www.wolfgang-neskovic.de/artikel/sine-spe-ac-metuverfassungsrechtliche-fragen-selbstverwaltung-justiz