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Frage von Peter S. •

Frage an Wolfgang Neškovic von Peter S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Neškovi?,

mit positiven Erstaunen habe ich im Januar Ihren Beitrag in der Frankfurter Sonntagszeitung mit dem Titel "Im Zweifel ist der Mensch ein Zivilist" gelesen. Ihre sachliche Darstellung hat mich nachhaltig überrascht, umsomehr als ich im Nachhinein die Autorenangabe (MdB, Die Linke) gelesen haben.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, wie Sie als Einzelabgeordneter, bzw. Ihre Fraktion, den Einsatz der Bundeswehr zur Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Libyen am 26.02.2011 rechtlich bewerten.
Am 28.02.2011 antwortet im Rahmen der Bundespressekonferenz der Sprecher des Auswärtigen Amtes auf die Frage, ob eine (nachträgliche) Befassung des Bundestages notwendig sei:
"Dafür muss man sich das Parlamentsbeteiligungsgesetz genau ansehen; das würde ich Ihnen empfehlen. Es gibt nach den §§ 3 und 5 sozusagen die Pflicht, im Vorhinein zu unterrichten, wenn sich ein bewaffneter Einsatz abzeichnen könnte. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es tatsächlich ein bewaffneter Einsatz war, muss die nachträgliche Zustimmung des Deutschen Bundestages eingeholt werden. In diesem Falle war es so, dass ein bewaffneter Einsatz bevorgestanden haben könnte. Nachträglich war es ein gesicherter Evakuierungseinsatz mit humanitärer Zielsetzung, also kein bewaffneter Einsatz. Demzufolge muss auch nachträglich keine Zustimmung des Bundestages eingeholt werden."

Stimmen Sie dieser rechtlichen Einschätzung zu oder sehen sie einen Umgehung des Parlamentsvorbehaltes für militärische Einsätze? Kann der glückliche Verlauf eines Bundeswehreinsatzes Kriterium für die Notwendigkeit einer (nachträglichen) Bundestagsbefassung sein?

Vielen Dank

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Sehr geehrter Herr Spiegel,

vielen Dank für Ihr Zuschrift.

Zu Ihrer Frage:

Das Parlamentbeteiligungsgesetz (ParlBG) ist juristisch eindeutig. Für eine Parlamentsbeteiligung ist allein maßgeblich, ob nach Art der Umstände und Verwendung der Streitkräfte eine bewaffnete Auseinandersetzungen erwartet werden kann, vgl. § 2 Absatz 2 ParlBG. Ist dies der Fall, handelt es sich um einen „Einsatz“ im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, zu dem gemäß § 3 Absatz 1 ParlBG die vorherige Zustimmung des Bundestages erforderlich ist.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ParlBG auch zunächst ein "Einsatz" ohne Beteiligung des Parlamentes zulässig sein (Gefahr im Verzuge, Rettung von Menschen). Dann ist jedoch gemäß § 5 Abs. 3 ParlBG die Zustimmung des Parlamentes nachzuholen.

Hierauf kann nicht mit der Begründung verzichtet werden, der „Einsatz“ sei glimpflich verlaufen. Denn der Verlauf der Operation ändert nichts an dessen vorherigen Einstufung als „Einsatz“. Anderenfalls würde – wie Sie selbst andeuten – der reale Verlauf einer Operation über die Beteiligungsrechte des Parlamentes entscheiden. Immer wenn ein Rettungs-Einsatz glimpflich ausgeht, kann die Bundesregierung ohne das Parlament handeln. Wenn es aber Schüsse oder auch Tote gibt, dann sollen die Parlamentarier im Nachhinein dafür ihren Kopf hinhalten. Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Zwecke des Parlamentsbeteiligungsgesetzes und die Funktion der Bundeswehr als Parlamentsarmee wäre diese Wertung des Gesetzes sinnwidrig.

Beachten Sie übrigens, dass § 5 Absatz 3 ParlBG den Begriff des „Einsatzes“ unverändert von dessen Verlauf verwendet. Die Auslegung des Wortlautes untermauert deswegen die oben geführte Argumentation: Der Verlauf einer Operation ändert nichts an ihrer Einstufung als „Einsatz“ oder „Nichteinsatz“.

Meine Fraktion hat die Bundesregierung aufgefordert, die Beteiligung des Parlamentes nachzuholen. Wir haben zudem eine kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt, die den Vorfall thematisiert.

Nutzen Sie bitte die unten stehenden Links, um zu diesen Dokumenten zu gelangen.

Mit freundlichem Gruß
Wolfgang Neskovic, MdB

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/050/1705040.pdf
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/050/1705002.pdf