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Frage von Gerhard R. •

Frage an Wolfgang Bosbach von Gerhard R. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Bosbach,

die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer verursacht beim Staat jährliche Einnahmeausfälle von mehr als 3 Milliarden Euro.
Nur rund 10 % - weniger als 1 Milliarde - der Kirchensteuereinnahmen werden von den Kirchen für "Soziale Dienste" verwendet.

Seriöse Fachleute(Wolfgang Glöckler, Jürgen Ortmüller, Dr. Rainer Wernsmann) haben festgestellt, dass es keinen rechtlichen Zwang für
das Weiterbestehen der Kirchensteuersubvention gibt.

Werden Sie sich für die Streichung dieser steuerlichen Subvention einsetzen?

Freundliche Grüße
Gerhard Reth

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Reth,

herzlichen Dank für Ihre freundliche Anfrage vom 29. August 2005 zur steuerlichen Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer als Sonderabgabe bei der Einkommensteuer, die mir von der Internetseite www.kandidatenwatch.de übermittelt worden ist.

Auf Ihre Frage möchte ich Ihnen gerne wie Folgt antworten:

CDU und CSU werden die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe bei der Einkommensteuer beibehalten. Dies im Wesentlichen aus folgenden Gründen:

Die Kirche bildet einen wesentlichen Faktor in der geistigen, kulturellen, pädagogischen und sozialen Infrastruktur unseres Gemeinwesens. Sie schafft Wertebewusstsein und trägt mit ihren grundlegenden geistigen Prägekräften wesentlich dazu bei, dass der freiheitliche säkulare Staat die Voraussetzungen erhält, von denen er lebt, die er aber selbst nicht schaffen kann. Damit hat die Kirche für den demokratischen Rechtsstaat und das Gemeinwohl eine weitaus größere Bedeutung, als dies in der Wahrnehmung sozialer Dienste zum Ausdruck kommt. Die Einnahmen aus der Kirchensteuer dienen den gesamten Aufgaben der Kirchen, von denen soziale Dienste einen Teil darstellen. Deshalb ist es irreführend, die Einnahmenausfälle der öffentlichen Haushalte durch den Sonderausgabenabzug bei der Einkommensteuer ins Verhältnis zu setzen zu den kirchlichen Ausgaben für „Soziale Dienste“. Hierbei würden Äpfel mit Birnen verglichen – ein Vergleich, der weder den Kirchen noch der intellektuellen Redlichkeit gerecht würde.

Der Abzug der Kirchensteuer als Sonderausgabe lässt sich aber auch noch aus einem ganz anderen Grund rechtfertigen: Wenn jemand 100 Euro einsetzt für Zwecke, die sonst der Staat erfüllen müsste oder die der Staat nicht selbst erfüllen kann, dann ist es systemgerecht, wenn der Staat darauf nicht noch Steuern erhebt; denn dieser Betrag steht gar nicht mehr als disponibles Einkommen zur Verfügung.

Auch steuersystematisch ist der Abzug der Kirchensteuer als Sonderausgabe sinnvoll: Die Zulassung zum Abzug als zusätzliches kulturelles oder ethisches Existenzminimum ist nach Auffassung aller bedeutenden deutschen Steuerrechtler gerechtfertigt, um eine Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu ermöglichen. Insofern handelt es sich steuerrechtlich keineswegs um eine Subvention.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Wolfgang Bosbach